Alles Gold Der Erde
im Laden hörten die schweren Schritte der Offiziere und drehten sich um.
Pocket legte, als er Kendra und ihre Mutter sah, seine Zeitung hin und stand höflich auf. Er machte sich viel aus Frauen, und Kendra hatte einige Male die Packjungen davon reden hören, daß die Frauen ihrerseits sich viel aus Pocket machten. Mr. Fenway schlenderte herbei, und Eva teilte ihm mit, sie überlasse ihm Kendra, da sie mit Morse und Vernon die chinesischen Dekorationen ansehen wolle. Sie lachte taktvoll. »Sie verzeihen mir doch, daß ich einmal bei Ihrer Konkurrenz einkaufe, Mr. Fenway?«
»Sie haben Kundschaft nötig«, bemerkte Mr. Fenway mit trauriger Genugtuung. »Wie ich höre, hatten sie eine schwere Zeit, um diesen chinesischen Kram an den Mann zu bringen.« Diese Erinnerung an die Schwierigkeiten seiner Konkurrenz heiterte ihn so sehr auf, daß er zwei oder drei Sekunden lang ein beinahe fröhliches Gesicht machte, bevor er wieder seine gewohnt düstere Miene aufsetzte.
Nachdem Eva gegangen war, gab Hodge Kendra ihren Korb, und sie stieg in den Lagerraum hinab. Sie traf ihre Auswahl, aber ohne Ted war dies ziemlich langweilig, und in wenigen Minuten war sie fertig und ging wieder in den Laden. Mr. Chase und der Rancher waren verschwunden. Hodge und Mr. Fenway beratschlagten mit einem andern Kunden, einem verschmutzten Gesellen, den sie mit Mr. Ingram anredeten. Trotz seiner abgerissenen Kleidung schien Mr. Ingram jedoch ein wertvoller Kunde zu sein, denn in seiner knorrigen Faust hielt er einen Zettel mit einer langen Liste von Gegenständen, die er zu kaufen wünschte. Pocket, der wieder über seiner Zeitung hockte, rieb sein frisch rasiertes Gesicht, an das er sich offenbar noch nicht recht gewöhnen konnte. Pocket hatte klar geschnittene Züge, und da nun auch sein Bart gefallen war, fand Kendra, daß er eigentlich ein ganz hübscher Mann sei.
Plötzlich, als habe er seinen Namen vernommen, wandte sich Pocket zur Eingangstür. Kendra sah sein Gesicht im Profil. Seine Lippen öffneten sich, und er lächelte wie ein Mann, der einen Regenbogen erblickt.
Jetzt schien es auch Kendra so, als habe sie etwas gehört, ein leichtes Rascheln vielleicht. Sie drehte sich um.
Mitten im Sonnenglanz stand ein Mädchen.
Jedes Mädchen war in San Francisco ein Ereignis, aber dieses Mädchen da hätte an jedem Ort die Gedanken eines Mannes abgelenkt. Sie hatte rotes Haar, grüne Augen und eine üppige Figur. Sie trug ein grünes Seidenkleid, das zu ihren Augen paßte, und einen modischen Strohhut mit grünen Bändern. Ihr Gesicht war nicht vollkommen schön, führte jedoch weit eher in Versuchung als Schönheit schlechthin, denn es strahlte eine Wärme ganz eigener Art aus. Es war ein ungewöhnliches Gesicht mit vollen Lippen, einer frechen Nase und Sommersprossen. Sie hatte deren so viele, daß man hätte meinen können, jemand habe ihr Gesicht mit Goldstaub besprüht.
Ihre Augen waren grün wie Klee, und der Wind hatte kupferrote Locken unter ihrem Hut hervorgezaust. Langsam und mit fröhlichem Übermut löste sie die Bänder und setzte ihren Hut ab. Ihr rotes Haar flammte im Sonnenlicht wie eine Fackel auf. Nein, sie war nicht schön, aber sie erregte Aufsehen, und Kendra wunderte sich, was eine solche Frau hier, in diesem gottverlassenen Winkel, suchte.
Pocket hatte gar nicht erst aufgehört, sich zu wundern. Er ließ seine Zeitung fallen, sprang hoch und ging mit langen Schritten auf sie zu. Schüchtern fragte er:
»Darf ich Ihnen den Hut abnehmen, Ma'am?«
Die kleegrünen Augen der Fremden funkelten ihn an. Ohne Zweifel war sie daran gewöhnt, Eroberungen zu machen, aber sie wurde ihrer wohl niemals überdrüssig. »Vielen Dank«, antwortete sie und reichte ihm graziös ihren Hut. Als Pocket ihn ergriff, fügte sie hinzu: »Ich suche …«, aber sie konnte nicht weiterreden, denn jetzt hatten auch die andern sie erspäht, und alle gerieten in Bewegung.
Foxy murmelte:
»Herrgott, schaut euch das an!«
Seine beiden Kumpane gaben ähnliche Kommentare von sich. Hodge schien seinen verschmutzten Kunden vergessen zu haben, was allerdings nicht weiter schlimm war, denn auch der Kunde hatte seine Liste vergessen und gaffte die Rothaarige an. Selbst Mr. Fenway traf Anstalten, näher zu treten, und stieß ein Faß beiseite, das ihm im Wege stand. Allesamt waren sie im Begriff, sich der Frau zu nähern, doch Mr. Fenway blickte sich mit strengem Tadel um, als wolle er sie daran erinnern, daß er hier der Boß war und daß es seine
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