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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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fort.
    »Ich habe die Mädchen schon gern gehabt, als ich kaum erwachsen war, und ich habe sie auch heute noch gern, aber ich hätte nie geglaubt, daß eine Frau mir einen derartigen Schlag versetzen könnte. Ich habe sie wirklich geliebt. Ein solches Gefühl werde ich wohl nie wieder aufbringen können. Ich war noch glücklicher, als Sie es gewesen sind. Und dann kam ich dahinter. Ich kam dahinter, ehe ich sie geheiratet hatte. Es gab da noch einen Mann. Sie wollte gar nicht mich, sie hätte mich nie gewollt. Sie wollte die Farm, das große weiße Haus, die vielen Pferde, das fruchtbare Ackerland. Ein guter Freund hat mir die Wahrheit gesteckt. Er dachte, ich müsse endlich Bescheid wissen. Ich war außer mir. Ich habe ihn einen Lügner genannt. Aber dann dachte ich mir: Besser, du gehst auf Nummer Sicher. Ich ging auf Nummer Sicher. Ich fand sie dort, wo ich sie finden mußte, wie mein Freund mir gesagt hatte. Ich fand sie und diesen andern Mann, und sie lagen beisammen.« Pocket schwieg. Seine Hände hatten sich zu Fäusten geballt. Er rieb sie zwischen seinen Knien gegeneinander. Seine Augen blickten anders als sonst. Kendra hätte sich niemals einfallen lassen, daß der sanftmütige Pocket auch einmal so aussehen könnte. Während sie lauschte, hielt sie beinahe den Atem an. Pocket sagte:
    »Ich habe diesen Mann auf der Stelle erschossen.«
    Er schwieg wiederum. Mit starren Augen blickte er noch immer auf die Berge jenseits der Schlucht. Kendra fragte leise:
    »Und das Mädchen, Pocket?«
    »Ich wollte auch sie erschießen, aber ich konnte es nicht. Ich habe sie zu sehr geliebt.« Er drehte sich um und sah Kendra fest an. »Deshalb verstehe ich Ihre Gefühle. Ich habe sie gehaßt, aber ich habe sie zugleich geliebt. Und das wollte ich Ihnen einmal erzählen. So etwas schmerzt. Es schmerzt manchmal furchtbar. Aber es schmerzt nicht für alle Zeiten. Nein, Miß Kendra, der Schmerz währt nicht ewig.«
    Nervös fragte sie:
    »Pocket, warum sind unsere Gefühle so?«
    Er lächelte. Als wäre es eine Erleichterung gewesen, über sein eigenes Erlebnis zu sprechen, hatte er seine Ruhe nun wiedergefunden. »Ich habe viel Zeit gebraucht, um das zu begreifen. Wenn man durch die weiten Ebenen reitet, hat man Gelegenheit zum Nachdenken. Ich habe diese Frau gehaßt, wie ich noch keinen Menschen gehaßt habe. Aber ich habe sie auch geliebt. Mit uns reiste ein kluger Mann, ein Priester, der zu einer Missionskirche in Oregon wollte. Er war älter als ich. Er hatte studiert. Ich habe mit ihm gesprochen. Er hat mir das gesagt, was ich jetzt Ihnen sagen möchte.«
    Sie wartete ab.
    »Schauen Sie mal nach da unten«, forderte Pocket sie auf. Er wies auf einen Mann, der Sand und Wasser in einer Pfanne schüttelte. »Lieben Sie diesen Mann, Miß Kendra? Oder hassen Sie ihn?«
    »Aber nein. Ich kenne ihn ja überhaupt nicht. Ich kümmere mich weder so noch so um ihn.«
    »Das ist das ganze Geheimnis«, erklärte Pocket.
    Sie runzelte die Stirn. Sie begriff nicht. Pocket streckte seine rauhe schmutzige Hand aus.
    »Liebe und Haß, Miß Kendra, schließen einander nicht aus. Das hat mir der Priester erzählt. Sie sind wie die Innen- und Außenseite Ihrer Hand, sie sind die beiden Seiten derselben Sache. Beide bedeuten: Dieser Mensch spielt eine Rolle in meinem Leben.«
    Ein Licht ging Kendra auf. »Sie meinen, dieser Mann da unten …« Sie brach ab, um nachzudenken.
    »Sie lieben ihn nicht«, sagte Pocket, »und Sie hassen ihn auch nicht. Sie scheren sich gar nicht um ihn. Das ist der Gegensatz zur Liebe, aber auch der Gegensatz zum Haß: Der Mann ist Ihnen gleichgültig.«
    »Und Sie meinen … eines Tages wird Ted mir gleichgültig sein?«
    »Jawohl, Miß Kendra. Eines Tages werden Sie ihn weder lieben noch hassen. Er wird Ihnen gänzlich gleichgültig sein.«
    »Das ist schwer zu glauben, Pocket. Wenn ich Ted in der nächsten Minute sehen würde …«
    »Sie werden ihn nicht in der nächsten Minute sehen«, unterbrach sie Pocket nachdrücklich. »Vielleicht werden Sie ihn niemals wiedersehen. Aber wenn Sie ihn doch einmal wiedersehen, Miß Kendra, dann müssen Sie so tun, als sei er Ihnen gleichgültig – ob er Ihnen nun tatsächlich gleichgültig geworden ist oder nicht.«
    »Ich kann nicht gut so tun als ob«, gab Kendra zu bedenken.
    »In diesem Fall müssen Sie es tun«, beharrte Pocket. »Sooft Ihnen der Gedanke an Ted kommt, müssen Sie sich sagen, daß die Sache vorbei ist.«
    Sie fragte sich, ob er im Recht sei.

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