Alles Gold Der Erde
mehr Gras geben«, sagte Ning. Hiram seufzte.
»Und falls ihr es noch nicht bemerkt haben solltet«, fuhr Ning fort, »unsere Pferde sind aus Grasmangel schon abgemagert. Wenn sie uns von hier forttragen sollen, so brechen wir besser jetzt auf.«
Marny betrachtete die runzeligen alten Bohnen in ihrer Pfanne.
»Schön, Jungs, ein kluger Spieler weiß, wann er aufzuhören hat. Gehen wir also.«
Ning nickte zustimmend. »Das hat mit Geiz nichts zu tun. Wollen wir mal zählen, was wir alles zusammengescharrt haben.«
Später an diesem Tag machten sie sich ans Zählen. Hiram berichtete Kendra, sie hätten einen ganz schönen Batzen eingesäckelt. Zusammen mit dem in Sutters Fort deponierten Gold besaß jeder der Männer etwa dreißig Kilogramm. Sie wußten noch nicht, welchen Wert dies in San Francisco haben würde, denn die erst kürzlich eingetroffenen Leute hatten erzählt, die Preise stiegen und fielen von Woche zu Woche. Auf jeden Fall aber, so meinte Hiram, seien dreißig Kilo Gold die Arbeit eines Sommers wert. Und was Marny anlangte, so vermutete Hiram, daß sie noch mehr kassiert hatte als sie: Delbert hatte im Fort schon allerhand hinterlegt, und seitdem hatte ja Marny im Calico-Palast auch noch ganz schön verdient. Kendra besaß weniger als die andern. Ted hatte ihr einen Beutel zurückgelassen, der indessen nur knapp ein Kilo enthielt, da fast aller Goldstaub, den er gefunden hatte, bereits im Fort deponiert war. Ihre Freunde hatten ihr acht Wochen lang einen Lohn gezahlt, so daß ihr Verdienst nicht einmal zwei Kilo betrug; aber sie besaß ja immer noch den Nugget, den sie bei ihrem Sturz in die Schlucht gefunden hatte. Das war genug. Sie wünschte jetzt nur eines: fort von allem, das sie an Ted erinnerte; zurück in die Staaten; die Zeit vergehen lassen; ihre Wunden heilen.
Sie trafen ihre Anstalten zum Aufbruch, was nicht mehr so einfach war: Anfangs war Gold kaum jemals gestohlen worden, jetzt aber hörte man Geschichten über Banditen, die den Goldgräbern beim Heimweg auflauerten. Ning riet ihnen, so verdrießlich wie möglich dreinzublicken, damit es aussah, als hätten sie kein Glück gehabt. Zugleich aber sollten sie sich Gedanken darüber machen, wo sie ihr Gold am besten versteckten.
»Jeder von uns wird das seine bei sich tragen. Steckt das Gold in eure Satteltaschen oder wohin es euch gefällt, aber macht es so, daß keiner das Gold ahnt.«
Gold nahm nicht viel Platz in Anspruch, es war indessen schwer. Jeder kleine und schwere Gegenstand mußte deshalb Aufmerksamkeit erregen. Kendra und Marny zerbrachen sich die Köpfe, und zum erstenmal seit jenem Tag, da Gene Spencer Ted erkannt hatte, fand Kendra wieder Spaß an etwas.
Marny zeigte ihr, wo sie den Goldstaub versteckt hatte, der an den Spieltischen nicht mehr benötigt wurde. Sie hatte ihn in kleine flache Säckchen getan und diese Säckchen in den Schweinefleischbottichen befestigt, die als Stühle gedient hatten. »Zuerst wollte ich sie in die Brandyfäßchen werfen. Aber dann habe ich mir gesagt, vielleicht will einer den Brandy klauen. Schmierige alte Schweinefleischbottiche jedoch – die wird wohl kaum einer stehlen wollen.«
Jetzt freilich mußten sie ihr Gold in kleineren Behältnissen verbergen. Kendra schickte Hiram zu Ellets Handelsniederlassung hinab, um Mehl einzukaufen. »Es ist mir egal, wie schmutzig es sein mag. Wir werden es ja nicht essen.« Dann erhitzte sie an ihrer Feuerstelle Steine und backte aus Mehl, Wasser und doppelkohlensaurem Natron Brote. In den ersten Laib machte sie eine Kerbe, steckte ihren Nugget hinein, und das weiche Brot schloß sich schnell über dem Einschnitt.
Hiram kaufte auch von Ellets Salzfleisch, auf dem die Fliegen sich tummelten, und Kendra schlitzte es auf und stopfte Gold hinein. Pocket kam auf die Idee, Gold in einem Kaffeekessel zu verstecken, und zwar unter Schichten von Kaffeesatz. Kein Mensch würde sich über Satz in einem Kaffeekessel wundern, denn viele Leute in den Lagern gossen einfach Wasser auf den alten Satz, nachdem sie frischen Kaffee hineingeschüttet hatten.
Während Kendra Brot backte, zertrennte Marny alte Kleider und nähte eine Anzahl kleiner Beutel, in die sie dann Goldstaub füllte. Einige dieser Beutel wurden in Kendras Brotlaiben untergebracht, andere in Mehlsäcken. Außerdem fertigte Marny Säckchen an, die nur so groß waren wie ihr kleiner Finger, so daß Marny und Kendra sie in ihr Haar einrollen und mit einer Spange befestigen konnten.
»Ihr Mädchen
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