Alles Gold Der Erde
murmelte, als laste die Schuld schwer auf ihm. »Nein, nein, ich bin wirklich ein Dummkopf.« Doch plötzlich strahlte er geradezu vor Rechtschaffenheit. »Ich werde Ihnen etwas sagen, Marny: Zum Ausgleich zahle ich in diesem Fall die Unkosten.«
»Ach, seien Sie doch nicht albern. Sie haben bloß das getan, was von einem Bankier erwartet wird. Ich bin nicht mittellos. Berechnen Sie also Ihre Gebühren.«
Gene strahlte jetzt noch mehr. Er glich nun einem Mann, der sich eine himmlische Belohnung verdient hatte, ohne auf Erden deswegen in Mißlichkeiten zu geraten. »Sie sind ein prächtiges Mädchen, Marny. Wenn ich das nächstemal nach San Francisco komme, werde ich Sie ganz sicher besuchen. Sie werden doch einen Spielsalon aufmachen, nehme ich an?«
»Aber gewiß. Es wird mich freuen, Sie jederzeit zu sehen.« Denn jetzt strahlte auch Marny. Sie strahlte über einen neuen Freund und Kunden. Sie wußte schon jetzt, daß Gene in ihrem Spielsalon wahrscheinlich weit mehr verlieren würde als die geringen Unkosten, welche mit ihrem Goldstaub verbunden waren.
Spencer wog das Gold. Während er sich auf diese Beschäftigung konzentrierte, schenkte Pocket ihr ein bewunderndes Lächeln. »Sie nehmen die Sache nicht schwer«, meinte er.
Marny lächelte zurück. »Keine Sorge. Irgendwo in der Welt gibt es einen Halunken, der mir dafür zahlen wird. Verlassen Sie sich darauf, Pocket: Ich werde ihn finden.«
26
Ning blieb in Sutters Fort. Wenn sie bis jetzt noch nicht gelernt hätten, ohne ihn auszukommen, so meinte er, dann verdienten sie Schlamassel. Die andern ritten weiter.
Die letzte Etappe der Reise war ermüdend, aber nicht sehr schwierig. Sie begegneten Leuten, die in die Berge wollten, um Gold zu schürfen: Leuten, die zum Teil von weit her kamen, manche von den Inseln bei Hawaii, und jungen Burschen, die gerade als Freiwillige ausgemustert worden waren. Hin und wieder sahen sie Gestalten herumstreichen, die bestrebt waren, zwischen sich und dem gebahnten Weg Büsche und Bäume zu bringen. Die ehemaligen Freiwilligen behaupteten, dies seien Deserteure.
Wegen dieser und ähnlicher Erscheinungen verlief ihr Ritt nicht ohne Gefahr; die Männer schliefen niemals alle zur selben Zeit. Auch Marny wachte mitunter. Wenn Kendra die Mahlzeiten kochte, hielt Marny Wache, so daß die Männer sich ausruhen konnten. »Das Ding da sieht vielleicht wie ein Spielzeug aus«, sagte sie und holte ihren Revolver hervor, »aber ich versichere euch, Gentlemen, es ist durchaus kein Spielzeug.«
Pocket lächelte sie respektvoll an. »Ich möchte nicht gern mit Ihnen auf dem Kriegsfuß stehen«, gab er zu.
»Ich stehe mit niemandem auf dem Kriegsfuß«, erwiderte Marny, »ausgenommen Delbert natürlich.«
Als sie am Abend vor ihrem Einzug in San Francisco ein Lager aufschlugen, war Kendra ängstlich zumute. Am nächsten Morgen zogen sie und Marny die Kleider an, die sie für diesen Tag in Ordnung gebracht hatten. Sie flochten auch ihr Haar, damit der Wind es nicht zerzausen konnte. Vor ihrem zerbrochenen Spiegel fand Kendra, daß sie eigentlich recht gut aussah. Ihr Gesicht war von der Sonne tief gebräunt, wodurch ihre blauen Augen um so besser zur Geltung kamen, und nach diesem monatelangen rauhen Leben im Freien war sie so biegsam und fest wie ein junger Baum. Außerdem besaß sie rund neun Kilogramm Gold.
Nachdem sie den Lagerplatz verlassen hatten, ritt Hiram zu ihr. Sie musterte ihn: Mit seinem rötlichen Haar und Bart, seinen von der Arbeit verharschten Händen, seinem zerrissenen Hemd, seinen fadenscheinigen Hosen und aufgeplatzten Stiefeln glich er ganz und gar nicht diesen geschniegelten jungen Offizieren, die sie früher bei ihren Ausritten begleitet hatten. Doch er gefiel ihr weit besser. Hiram war eine Persönlichkeit. Ein Blick auf ihn, und man erkannte seine Robustheit und überschäumende Lebenskraft. Hiram wollte niemandem imponieren. Das hatte er nicht nötig.
Nach einer Weile sprach er sie an:
»Kendra?«
»Ja?«
»Jetzt habe ich vielleicht zum letztenmal die Gelegenheit, Ihnen zu sagen, wie großartig Sie sich in diesem Sommer gehalten haben. Kendra, Sie haben Mumm bekommen.«
Ihre Kehle wurde trocken, und ihre Augen brannten. »Vielen Dank, Hiram«, antwortete sie leise. »Sie waren mir ein wunderbarer Freund.«
»Ich habe Sie gern«, versetzte Hiram, »und ich wünsche Ihnen alles Gute.« – »Das wünsche ich auch Ihnen, Hiram. Was werden Sie übrigens jetzt machen?«
»Pocket, Ning und ich werden ein
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