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Alles hat seine Zeit

Titel: Alles hat seine Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ennio Flaiano
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würde. An die Stelle der Schlaflosigkeit war jetzt eine andauernde Schläfrigkeit getreten; aber ich war froh darüber und schrieb sie der Ruhe zu, die nach all den vielen Aufregungen in mein Gemüt eingezogen war. Hätte ich nicht bisweilen starke Kopfschmerzen gehabt, so hätte ich mich wenig darum gekümmert, die Ursachen dieses süßen Schlummers zu ergründen. Ich verbrachte die Tage im Zelt, lesend oder auf die Geräusche des Lagers lauschend, die vereinzelt und gedämpft zu mir drangen. Und häufig schlummerte ich ein.
    Die Hand heilte allmählich. Nachdem die ausgedehnte
Schwellung der ersten Zeit abgeklungen war, blieb jetzt auf dem Handrücken eine unerhebliche kleine Geschwulst zurück, in deren Mitte sich ein Auswuchs gebildet hatte, nicht größer als eine Kichererbse; aber er störte mich nicht, und selbst wenn ich ihn berührte, fühlte ich so gut wie nichts.
    Ich fuhr fort, die Hand zu verbinden, allerdings nur, um sie nicht Infektionen auszusetzen. Und doch war ich nicht befriedigt. Als ich den Doktor aufsuchte, beruhigte er mich und gab mir eine Salbe; er schrieb alle meine Beschwerden dem Mangel an frischen Nahrungsmitteln zu, unter dem wir seit vielen Monaten litten. In der Ruhe suchte ich das Heilmittel für mein hartnäckiges Unwohlsein.
    Mein Appetit war vergangen, und nur mit Überwindung ging ich zur Offiziersmesse, wo ich, nicht ohne Ekel zu empfinden, zusah, wie die anderen mit unglaublichem Appetit über die Schüsseln herfielen. Die Kehle schnürte sich mir zu: Ich musste mir irgendeinen Vorwand ausdenken, um von hier wegzukommen.
    Aber alles würde vorübergehen. Meine Übelkeit wurde nur durch die augenblicklichen Umstände hervorgerufen, und auf dem Dampfer, während der Heimreise nach Italien, würden die Seeluft und die Gewissheit, für immer aus diesem
bedrückenden Land fortzureisen, mich wieder aufrichten.
    In dieser Zeit hatten die Regenfälle eingesetzt, die bis zum September anhalten würden, also drei Monate lang. Jeden Tag zu bestimmten Stunden würden wir jetzt Regen haben, und wenn uns auch einige Unannehmlichkeiten daraus erwuchsen, so sahen wir doch (nach so viel Sonne!) mit Freuden, wie die Erde nass wurde. Die Soldaten streckten sich auf ihren Lagerstätten aus und sangen; sie stimmten den Ton ihrer langsamen und alten Lieder auf die Schwermut ab, die der Regen mitbrachte. Das Lager schlummerte ein unter einem leichten Nebel, jeder dachte an sein Zuhause. Die Nacht und das Tropfen auf die Leinwand des Zeltes verstärkten die Ruhe und ließen den Sinn in geliebte Phantasien schweifen. Ich dachte an«sie», an das, was meine Rückkehr für sie bedeutete; ich las ihre Briefe unendliche Male wieder und fand immer etwas Neues darin, das vielleicht meine Sehnsucht, sie wiederzusehen, hinzufügte. Alles war dort oben zu meinem Empfang bereit.
    Elias war seit ein paar Tagen in den Städten der alten Kolonie unterwegs, und ich spürte seine Anwesenheit nicht mehr neben meinem Zelt. Ich war froh darüber. Bei seiner Rückkehr würde der Regen ihn daran hindern, hier im Freien zu bleiben,
und er würde in seinen Lagerschuppen zurückkehren. Doch eines Abends (ich hatte mich gerade aufs Feldbett geworfen und gab mich meinen Gedanken hin) hörte ich ganz in der Nähe seinen unerträglichen Atem. Zuerst glaubte ich an eine Sinnestäuschung, dann aber überzeugte ich mich, dass es wirklich Elias war. Er lag neben dem Zelt; er hatte sich, so gut es ging, mit einem Sack zugedeckt und ruhte sich aus.«Elias», rief ich.
    «Zu Befehl!»Das Zelt wurde heftig aufgerissen, und das Kind stand da. Ich fragte es, wann es zurückgekommen sei.
    «Vor einer Stunde, Herr Oberleutnant», und es wies auf der flachen Hand das Geld vor, das es verdient hatte. Elias wartete, dass ich etwas zu ihm sagte; er stand still unter diesem leichten Regen und kümmerte sich nicht um das Wasser, das sein Gesicht benetzte. Ich sagte nicht, er solle hereinkommen, und ließ ihn stehen.«Da ist er», sagte ich zu mir selbst,«der Kleinste in der Verschwörung und der Erbarmungsloseste.»
    Meine ganze frühere Ruhelosigkeit, die in den Tagen seiner Abwesenheit eingeschlummert war, erwachte mit einem Schlag, und ein jäher Zorn stieg beim Anblick dieses allzu gehorsamen, allzu treuen Kindes in mir auf. Immer mehr ähnelte es der Frau. Ich sah ihr Gesicht wieder vor mir.

    Elias wagte nicht, sich zu rühren, er wartete auf einen Wink von mir.«Komm her», sagte ich. Als er vor mir stand, entlud sich mein Hass.«Fort!»,

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