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Alles ist erleuchtet

Alles ist erleuchtet

Titel: Alles ist erleuchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
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Schmock.« »Und noch eins.« »Schmendrick.« »Und was heißt das?« »Dasselbe wie Schmock.« »Kennen Sie noch irgendwelche Wörter, die nicht dasselbe heißen wie Schmock?« Er machte sich einen Augenblick Gedanken. »Schalom«, sagte er, »aber das sind in Wirklichkeit drei Worte, und die sind hebräisch, nicht jiddisch. Mir fällt eigentlich nur Schmock ein. Die Eskimos haben vierhundert Wörter für Schnee, und die Juden haben vierhundert Wörter für Schmock.« Ich dachte: Was ist ein Eskimo?
    »Dann werden wir also das Schtetl besichtigen?«, fragte ich den Helden. »Ja, ich dachte, das wäre ein guter Ort, um unsere Suche zu beginnen.« »Unsere Suche?« »Nach Augustine.« »Wer ist Augustine?« »Das Mädchen auf dem Foto. Sie ist wahrscheinlich die Einzige, die noch lebendig ist.« »Aha. Wir werden nach Augustine suchen, von der Sie glauben, dass sie Ihren Großvater vor den Nazis gerettet hat.« »Ja.« Für einen Augenblick war es sehr schweigend. »Ich würde sie gern finden«, sagte ich. Ich sah, dass das den Helden besänftigte, aber ich hatte es nicht gesagt, um ihn zu besänftigen. Ich hatte es gesagt, weil es wahrheitlich war. »Und dann«, sagte ich, »wenn wir sie gefunden haben?« Das machte den Helden zu einem nachdenklichen Menschen. »Ich weiß nicht. Ich glaube, ich will mich bei ihr bedanken.« »Weil sie Ihren Großvater gerettet hat.« »Ja.« »Das wird sehr seltsam sein, nicht?« »Was?« »Wenn wir sie finden.« »Ja, wenn wir sie finden.« »Wir werden sie finden.« »Wahrscheinlich nicht«, sagte er. »Warum suchen wir sie dann?«, fragte ich, aber bevor er antworten konnte, unterbrach ich mich mit einer anderen Erkundigung. »Und wie wissen Sie, dass ihr Name Augustine ist?« »Ich weiß es eigentlich nicht. Auf der Rückseite stehen ein paar Worte, in der Handschrift meines Großvaters, glaube ich. Vielleicht auch nicht. Es ist Jiddisch. Da steht: >Das bin ich mit Augustine, 21. Februar I943<.« »Das ist sehr schwer zu lesen.« »Ja.« »Warum bemerkt er nur über Augustine und nicht über die beiden anderen Menschen?« »Ich weiß es nicht.« »Das ist seltsam, nicht? Es ist seltsam, dass er nur über sie bemerkt. Glauben Sie, dass er sie geliebt hat?« »Was?« »Weil er nur über sie bemerkt.« »Und?« »Vielleicht weil er sie geliebt hat.« »Komisch, dass Sie das denken. Wahrscheinlich denken wir beide gleich.« (Danke, Jonathan.) »Ich habe viel darüber nachgedacht, ohne dass ich einen Grund dazu gehabt hätte. Er war achtzehn, und sie war ungefähr fünfzehn. Er hatte gerade Frau und Tochter verloren, als die Nazis das Schtetl überfielen.« »Trachimbrod?« »Ja. Es könnte genauso gut sein, dass das, was da steht, gar nichts mit dem Foto zu tun hat. Vielleicht hat er das Foto nur als Zettel gebraucht.« »Als Zettel?« »Ein unwichtiges Papier, auf dem man etwas aufschreibt.« »Ach so.« »Eigentlich weiß ich es nicht. Es erscheint mir so unwahrscheinlich, dass er sich in sie verliebt hat. Aber hat dieses Foto nicht etwas Seltsames? Diese Nähe zwischen den beiden, obwohl sie sich nicht ansehen? Die Art, wie sie sich nicht ansehen. Die Entfernung zwischen ihnen. Das ist sehr stark, finden Sie nicht? Und dann seine Worte auf der Rückseite.« »Ja.« »Und dass wir beide denken, die Möglichkeit, dass er sie geliebt hat, ist etwas Seltsames.« »Ja«, sagte ich. »Ein Teil von mir will, dass er sie geliebt hat, und ein anderer Teil hasst diesen Gedanken.« »Welcher Teil hasst den Gedanken, dass er sie geliebt hat?« »Es ist doch schön, dass manches unersetzlich ist.« »Das verstehe ich nicht. Er hat Ihre Großmutter geheiratet, also muss doch etwas ersetzt worden sein.« »Das ist etwas anderes.« »Warum?« »Weil sie meine Großmutter ist.« »Augustine könnte Ihre Großmutter gewesen sein.« »Nein, sie hätte die Großmutter von einem anderen sein können. Das könnte gut sein. Vielleicht hatte er mit ihr Kinder.« »Das dürfen Sie über Ihren Großvater nicht sagen.« »Aber ich weiß, dass er vorher schon Kinder hatte. Also was für einen Unterschied macht das?« »Und wenn wir nun einen Bruder von Ihnen herausfinden?« »Das tun wir nicht.« »Und wie haben Sie dieses Foto erlangt?«, fragte ich und hielt es ans Fenster. »Meine Großmutter hat es vor zwei Jahren meiner Mutter gegeben und gesagt, dass es diese Familie war, die meinen Großvater vor den Nazis gerettet hat.« »Warum nur zwei Jahre?« »Wie meinen Sie das?« »Warum war es so kürzlich,

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