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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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um. Die Dinge machen sich rar. Entleeren sich. Es ist ein bisschen unheimlich. Das Terminal vermittelt dieses zu-plötzlich-gedämpfte Gefühl des Moments, wenn laute Musik plötzlich abbricht. Schroff wirkende Männer in Anstaltsweiß reißen die willkommen-willkommen-Wimpel ab. Poster fallen von allen Wänden über die Touristen her. Ein Hinterglasdruck wirbt für ein Bowling-Center für die ganze Familie, ein anderer lädt ein zu einer achtundvierzigstündigen Dauerübertragung von Hawaii Fünf-Null- Folgen in der Flughafen-Lounge, zu Ehren von Jack Lord, J.   D. Steelritter und dem landesweiten Loslegen von LordAlofts Shuttle-Service.
    Ein großes Poster beherrscht die ganze Wand Sternberg gegenüber: Es zeigt einen riesigen J.   D. Steelritter neben einem riesigen Ronald McDonald, der J.   D. unter der Schminke auf jene seltsame Weise ähnelt, in der Rugby Football ähnelt – derriesige Ronald hält ein kaum weniger riesiges Werbeposter der prototypischen Juxhaus-Diskothek, die für Sternbergs Auge so ziemlich wie jedes andere Haus aussieht, das man in jeder x-beliebigen Schlafstadt dutzendfach erwarten könnte, mal abgesehen von dem riesigen Kadavergrinsen, das die Tür zum Juxhaus darstellt. J.   D. hat einen genialischen Gesichtsausdruck, bei dem man instinktiv bedauert, nicht dabei zu sein.
    »Wir kommen zu spät«, sagt D.   L., die sich nach ihrer Rückkehr sofort wieder an Mark klammert, und man kann nicht sagen, ob ihm das was ausmacht. »Ich fürchte, alle sind schon weg. Die Putztruppen haben nur die Schultern hochgezogen, als ich gefragt hab, wo alle hin sind.«
    Sternberg betastet seine Stirn. »Wir sollten doch mit Namensschildchen mit echten Goldbögen begrüßt werden, hieß es in der Broschüre.«
    »Schaut euch die Felder an«, sagt D.   L., deutet nach draußen und lässt das Köpfchen von Süden nach Norden rotieren.
    »Ich nehm mal an, wir könnten einen Wagen mieten«, überlegt Mark.
    »Schon mal ’n Wagen gemietet?«, fragt Sternberg. »Ewige Scherereien. Als wollte man irgendwo die Staatsbürgerschaft beantragen. Muss man Formulare ausfüllen. Identität nachweisen. Man braucht eine Scheiß kredit karte. Unendliche Schlangen. Stell dir Moskau am Frischfleischtag vor.«
    »Hast du ’ne bessere Idee?«
    »Ich glaub, ich hab grad gesehen, wie ein Jugendlicher mit Namensschild aus einem McMuffin-Spot auf die Toilette gegangen ist«, sagt Sternberg und würde jetzt zu gern eine 100 rauchen, mustert die Filter und den einsamen eingespeichelten Zigarrenstummel im Sand eines Aschenbechers am Fenster, steckt sich aber keine an, denn wenn er schon auf den Pott muss und dann noch raucht, muss er erst recht auf den Pott.

    »Willst du mal rein und nachsehen?«
    NEIN . »Wir könnten einfach rumlaufen; vielleicht finden wir ja jemanden«, sagt Sternberg lässig. »Der Laden hier kann doch nicht im Ernst so ausgestorben sein, wie er aussieht.«
    Er wirkt aber ganz schön ausgestorben. »Vielleicht seh ich mich mal um«, wagt sich Mark vor.
    D.   L. legt gern die Handflächen an Fensterscheiben. »Kannst du dich zufällig noch erinnern, in welcher Richtung Collision von hier aus liegt?«, gähnt sie. Sie sieht nichts als Land, der nach Chicago zurückfliegende LordAloft ist ein unscharfer und schrumpfender Klecks, der links über den Fensterrand hinausstrebt. »Wenn Collision da draußen in der Nähe liegt, sollten wir es doch sehen können, oder? Schließlich ist nichts im Weg.«
    »Collision liegt von hier aus im Westen. Das Fenster geht nach Osten.«
    »Du siehst also niemanden, den man fragen könnte«, wiederholt Mark leise.
    »Warum gibt es hier null Fenster nach Westen?«
    Mark seufzt, lässt die blassen Fingerknöchel knacken und reibt sich das Gesicht. »Weiß ich nicht. Wir könnten es bei Hertz oder so probieren. Eine Kreditkarte haben wir ja. Oder wir laufen einfach rum und suchen. Wir könnten auch was essen. Hast du Hunger, Tom?«
    Völlig ausgeschlossen, dass Sternberg jetzt etwas isst. Er isst sowieso selten unter Menschen. Und umgekehrt.
    Apropos Sprechen über Scheiße: Dr. Ambrose, den wir alle mit der Charismatikern vorbehaltenen Vehemenz verehren, könnte an dieser Stelle ein ersprießliches Wortspiel über die phonologische und dann auch etymologische Nachbarschaft der Worte Skatologie und Eschatologie einflechten. Süffige Anspielungen auf homerische Rösser, die todbringende Ithakerzukacken, Luthers exkrementale Visionen, Swifts inkontinente Yahoos. Weder D.   L. noch

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