Alles ist grün
schließlich Holzhütten, und von da an drängte sich eine Art neubürgerliches Rooseveltville um den Unfallort.
Ein schmucker Wanderhändler mit Krummsäbelnase, der aus dem Osten, wo echt alles den Bach runterging, mit dem Fahrrad durch die Siedlung kam und Ostküstenflora mitbrachte, die er bei der aufwendigen Beerdigung eines kürzlich suizidierten Bankiers organisiert hatte, stieg gewissermaßen gleich zu Anfang ein. Er sah die Frau im Wagen, und in einer jener genialen Marketing-Epiphanien, die den Nährboden amerikanischer Legenden bilden, drängte er der Frau seinen allerschönsten Teerosenstock auf. Zum Selbstkostenpreis. Die Rose wurde in die zweitbeste Ackererde der Welt gepflanzt und wuchs in kürzester Zeit zu einem Strauch heran. Der Strauch zeugte zahllose weitere Sträucher, und die Schönheit der grünen Vollkommenheit farmerloser Felder ward unterbrochen durch die Schönheit von Valentinsrot.
In einer Parallelentwicklung verliebten sich der mittellose Wanderhändler und die wohlhabende unbewegliche Frau in dem Auto, zeugten ein Kind, zogen aus dem Auto (denn ein Auto ist nichts für ein Kind) in ein geräumiges Farmhaus, das der Händler entwarf und die Frau finanzierte, und rührten sich fortan nicht mehr vom Fleck, unterstützt von den Bewohnern der umliegenden Holzhütten, deren Ursprung und Daseinsberechtigung die Schuldgefühle und der Wohlstand der Frau aufrechterhielten. Aus den vordringenden Rosensträuchern wurde eine richtige Teerosenfarm, ein zentraler roter Fleck auf den schwarzgrünen Tarnfarbenböden des Staates, und Jack und Mrs. Jack Steelritter zogen ihre wohlgenährten Kinder an der behüteten Kreuzung auf, die Jack zwischen Schönheit, Begehren und Rabatt entdeckt hatte.
Auf der anderen Seite des Rosenfarm gewordenen Maisfelds kroch der Sohn der um ihren Patriarchen verminderten und um einen alle Rechtsansprüche übersteigenden Vergleich vermehrten Farmfamilie von Ray Kroc sen. unter den Fittichen seines ehedem schwer arbeitenden Vaters hervor, hatte eine Vision, nahm einen Fruchtwechsel vor und verlagerte den Schwerpunkt ihrer Arbeit und ihres Kapitals auf Rinder, Kartoffeln und Zucker. Und siehe, es war gut.
Für wen ist das Juxhaus ein Haus? Vielleicht für Lügner, Kreativlinge, Wahlkämpfer und Baumchirurgen, die sich über den großen angelsächsischen Baum hermachen. Für Tom Sternberg ist das Juxhaus weniger ein Ort der Angst und Verwirrung als (grins) eine Idee, ein stets fern bleibendes Telos, an dem anzukommen die geoffenbarte Verwandlung einer Gegenwart repräsentieren wird, die wir nur ertragen, indem wir über sie hinausschauen. Eine Gegenwart, die aus der Angst vor der Verwirrung besteht.
Okay, stimmt, Juxhaus 1 ist, wie alle vorhergesehenen und geplanten Filialen der landesweiten Juxhauskette, in Wahrheit bloß eine Diskothek. Eine Schluckstube, eine Fleischtheke und eine Aufreißzone, in der die Scheinwerfer uns anweisen, wo und wie wir uns im Takt drehen sollen. Eine große anarchische Feier in geschlossenen Räumen – eine Party, wo wir uns qua Partygesetz treffen und mit puritanischer Unerbittlichkeit so tun, als wäre das ein weit größerer Jux, als man überhaupt haben könne.
Okay, laut Sternberg – als dem Helden, dem Protagoras – repräsentiert das Juxhaus aber auch die Zukunft. Ab sofort lautet die Prognose, dass Sternberg infolge der unerbittlichen inneren Logik seiner Entscheidung und der Umstände im Juxhaus von Collision eintreffen wird, als beschilderter und registrierter Teil der vorausgesagten und lange erwarteten Vereinigung aller, die je in einem McDonald’s-Spot das Produkt beworben haben; er wird sich dort unter die Menge der Schauspieler mischen und mit ihnen interagieren; wird zahllose Einsichten, Offenbarungen und Epiphanien erleben; und wird schließlich, am Ende der Zeit, seiner Zukunft die Stirn bieten. Stillschweigend wird dabei impliziert, dass Sternberg, als Emblem – oder synekdochales Zubehör – seiner Generation, in seiner Zukunft Der Zukunft ins Angesicht blicken wird.
All das wird hier zum einen dargelegt, um den potenziellen Anschein symbolistischer/neorealistischer Schamhaftigkeit zu vermeiden, und zum anderen, weil die wahre Spannung jeder Aufzeichnung vom Vereinigungstag einfach nicht auf dieses Zeug angewiesen ist und damit hoffentlich auch nicht kompromittiert oder sistiert wird, wenn sie, wie Dr. Ambrose dem Workshop kurz vor dem Volkstrauertag erklärte, »in voller Sicht entunterdrückt,
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