Alles nicht so einfach
heute Abend bei der Probe, dem Rest wünsche ich schöne Ferien! Lasst euch nicht verhaften oder verheiraten oder so etwas! Euch noch einen schönen Tag.«
Ich glaube, es wurde geklatscht, aber ich fühlte mich ein wenig benommen. Ich packte meine Sachen ein und beschloss, dass ich die übrigen Unterrichtsstunden nicht unbedingt zu besuchen brauchte. Mir war eher danach, nach Hause zu gehen und ein Nickerchen zu machen. Nickerchen klang gut. Wenn ich ein wenig mehr geschlafen hatte, würde es mir bestimmt wieder gut gehen.
Mir war schwindlig, als ich zur Tür schwankte.
Ich merkte erst, dass alle schon weg waren, als Garrick und ich allein waren und er fragte: »Alles in Ordnung, Bliss?«
Ich nickte. Mein Kopf fühlte sich an, als wäre er voller Watte.
»Ich bin nur müde«, sagte ich zu ihm. Ich war klar genug im Kopf, um darauf zu achten, meine Antwort sorgsam neutral zu halten – nicht hilfsbedürftig oder zickig. »Aber danke, dir auch schöne Ferien!« Meine Stimme klang wie aus weiter Ferne, und ich brauchte meine ganze Konzentration, zur Tür hinaus und zu meinem Wagen zu gehen.
Die Fahrt nach Hause war mir ein Rätsel. Ich war eindeutig gefahren, aber ich konnte mich nicht an die Straßen erinnern oder daran, dass ich das Lenkrad gedreht hatte, bis ich auf einmal vor meiner Wohnung stand, so nah bei meinem Bett.
Ich wollte mich sofort hineinfallen lassen, aber mein neurotisches Bedürfnis, mir einen Kalender gleich neben das Bett zu hängen, erinnerte mich daran, dass ich abends noch Probe hatte. Deshalb stellte ich einen Wecker auf fünf, damit ich noch Zeit hätte, Abendessen zuzubereiten, und einen anderen Wecker auf fünf nach fünf, falls ich den ersten aus Versehen ausmachen würde. Dann sank ich aufs Bett und fiel sofort in einen tiefen Schlaf.
Minuten später schrillte die Welt um mich herum, es war so laut, dass ich versuchte, mir die Hände auf die Ohren zu pressen, aber sie lagen so leblos an meiner Seite, als wären sie tot. Ich schluckte, und meine Zunge fühlte sich an, als hätte sie Widerhaken; meine Kehle brannte wie aufgesprungene Lippen.
Mich umzudrehen fühlte sich an wie Berge versetzen.
Auf dem Wecker stand siebzehn Uhr fünfundvierzig.
Ich blinzelte und las es noch einmal.
Siebzehn Uhr fünfundvierzig.
Die Welt schrillte noch immer, und endlich,
endlich
hob ich meine Hände und drückte auf den Wecker, bis der Lärm aufhörte.
Wieder schluckte ich, doch meine Zunge fühlte sich zu groß an. Meine Spucke brannte wie Säure auf dem Weg nach unten.
Benommen schaute ich wieder auf die Uhr. Ich war zu spät dran. Die Probe fing in fünfzehn Minuten an. Irgendwie … eigentlich weiß ich nicht, wie … stemmte ich mich aus dem Bett. Meine Beine zitterten, als wäre der Fußboden ein Schiff auf hoher See. Es gab Dinge, die ich erledigen musste … das wusste ich, aber das nagende Gefühl, etwas übersehen zu haben, hinderte mich am Denken. Und es war so kalt, wo war mein Mantel? Ich brauchte meinen Mantel.
Eingewickelt in die wärmsten Kleidungsstücke, die ich hatte finden können, torkelte ich zu meinem Wagen. Die Welt drehte sich einen Augenblick wie ein Kind, das sich weigert, still zu sitzen. Ich streckte die Hand aus, um Halt zu gewinnen, aber da war nichts, was mich hätte auffangen können. Ich kippte zur Seite. Ich stürzte zwar nicht, konnte mich aber gerade so auffangen. Ich starrte auf den Boden. Ich war so müde. Was wäre schon dabei, wenn ich mich jetzt hinlegen würde? Auf den Boden?
Aber es war so kalt. Ich sollte wirklich hineingehen, wenn ich mich hinlegen wollte … oder in mein Auto. Hatte ich noch Zeit für ein kleines Nickerchen im Wagen?
Ich schüttelte den Kopf, damit sich der Nebel lichtete, und in meinem Schädel rasselte etwas ganz entsetzlich. Es tat weh. Gott, das tat weh. Ich presste die Hände darauf und versuchte zu verstehen, warum, und dann schluckte ich wieder, was auch wehtat. Alles tat weh. Alles.
Ich konnte nicht mehr aufstehen. Stehen war zu schwierig. Ich war schon fast am Boden, ich streckte die Hand danach aus, weil ich glaubte, der Asphalt würde sich warm anfühlen an meiner Wange. Da hakte mich etwas von hinten ein.
Ich streckte weiterhin die Hand aus, aber ich war gefangen, ein Fisch, der an einer Angel hing.
Ich fing an zu weinen, weil mein Kopf hämmerte und mein Kehle sich anfühlte, als würde sie in einem Schraubstock stecken. Noch immer wollte ich meinen Mantel. Und ich wollte kein Fisch sein. Und ich wollte
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