Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)
bewundernswert ich ihren Versuch fand, suchte ich doch eher nach Praktiken, die ich auch nach Ablauf des Projekts weiter umsetzen konnte. Außerdem gibt es, wie ich schon sagte, eine Menge Leute, die nichts haben, und denen würde der Vorschlag, nichts zu kaufen, wohl kaum weiterhelfen.
Ich esse. Ich atme. Ich verbrauche Ressourcen, um am Leben zu bleiben. Das ist unvermeidlich. Aber in der Phase des Konsumverzichts ging es mir nicht ums nackte Überleben. Mir ging es darum, nichts zu verschwenden. Letzten Endes war das das Ziel des gesamten Projekts: der Verschwendung Einhalt zu gebieten. Ich wollte herausfinden, wie man ein gutes Leben führen kann, ohne dem Planeten zu schaden. Denn den Planeten zu retten und dabei ein schlechtes Leben zu führen, wäre auch eine Form von Verschwendung.
Diese Frage nach der Balance zwischen dem Bedürfnis nach weltlichen Gütern einerseits und dem, was ein gutes Leben wirklich ausmacht, andererseits ließ mich nicht mehr los. Was sagten die verschiedenen Religionen dazu? Welchen Pfad wiesen sie uns?
Jesus über Askese: Wie James Hastings in seinem Buch
A Dictionary of Christ and the Gospels
darlegt, predigte Jesus, dass der Mensch weltlichen Besitztümern nicht zu entsagen braucht, sofern sie ihm nicht wichtiger sind als das Streben nach dem
summum bonum
, dem »höchsten Gut«. Es ging ihm also weniger um den Besitz von Gütern als darum, wie sie verwendet werden.
Buddha über Askese: »Es gibt zwei Extreme, die derjenige, der der Welt entsagt, vermeiden sollte. Welche sind das?«, fragte er seine Mönche. Das erste ist das hedonistische Leben, das ausschließlich den Genüssen und Begierden gewidmet ist. Das zweite ist ein Leben völliger Entsagung und Kasteiung. »Der gute Weg«, so sprach er, »liegt in der Mitte.«
No Impact Man über Askese: Wenn ich auch nur den Versuch wagte, würden meine Frau und meine Tochter mich verlassen.
Zwei Freunde fügten weitere Gedanken hinzu. Rabbi Steven Greenberg schrieb mir in einer Mail, seiner Ansicht nach gebe es zwei Arten von Askese: Die eine ist eine grundlegende Ablehnung alles Kreatürlichen, Körperlichen, Genussvollen – kurz gesagt, des Menschseins als solchem –, die andere lehrt uns, wenn sie vorübergehend und als Werkzeug eingesetzt wird, auf kluge Weise, was notwendig, sinnvoll und wünschenswert ist und was nicht. Das war in gewisser Hinsicht eine gute Zusammenfassung dessen, worum es mir bei meinem Projekt ging.
Bei einem Kaffee fragte ich die Professorin und Autorin Juliet Schor, ob unser Problem darin bestünde, dass wir zu materialistisch und nicht spirituell genug wären. Darauf erwiderte sie, das sei das falsche Begriffspaar – etwas, das sie auch in ihrem neuen Buch
Plenitude: Economics in an Age of Ecological Decline
darlegt. In den östlichen Religionen werden nach ihrer Aussage das Materielle und das Göttliche nicht als getrennte Kategorien wahrgenommen. Das Materielle
ist
göttlich, und so sollten wir es auch behandeln. Unser Problem liegt darin, dass wir das Materielle – und somit auch die natürlichen Rohstoffe, aus denen alles hergestellt wird – als etwas Niederes ansehen und so behandeln, als hätte es keinen göttlichen Wert.
Das alles gab mir eine gute philosophische Basis für die Phase des umweltschonenden Konsums, aber wenig praktische Informationen. Da ich meinem Plan treu bleiben wollte, umweltneutral zu leben, musste ich einen Weg finden, so zu konsumieren, dass dafür keine neuen Ressourcen verbraucht, keine Bäume abgeholzt, keine Berge ausgehöhlt und keine Flüsse verschmutzt wurden. Aber wie stellt man so etwas an, wenn die gesamte Wirtschaft auf der Vorstellung aufbaut, dass es uns umso besser geht, je mehr Ressourcen wir verbrauchen?
In den 1940er und 1950er Jahren mussten die Menschen dank fortschreitender Mechanisierung und anderer neuer Produktionstechniken sehr viel weniger arbeiten als in den Jahrzehnten davor, um dieselbe Produktionsmenge herzustellen.Die Wirtschaft erreichte ein nie gekanntes Produktionspotenzial. Doch wenn jeder ein Haus, ein Auto, einen Kühlschrank und eine Waschmaschine gekauft hatte, was brauchte er dann noch? Die Industriellen fingen an sich zu sorgen, dass bald alle ihre Bedürfnisse befriedigt hatten und dann ihre Fabriken stillstehen würden.
Ihre Lösung? Selbst geschaffene Obsoleszenz. Die Hersteller begannen nach Möglichkeiten zu suchen, wie sie ihre eigenen Produkte obsolet machen konnten, damit die Leute sie immer wieder kauften. Wenn ihr
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