Alles paletti
erwidert: »Das ist jetzt gerade eine solche Phase. Alles in Groß. Alles mit diesen Figuren. Und nicht etwa, weil ich einen kleinen Pimmel habe! Hahaha.« Er blickt Izzi an. »Diese
Bilder - das ist mein ganzes Leben. Deswegen rufe ich jedes Mal, wenn ich Bilder zu einer Ausstellung schicken muss, Jonsy an. Er weiß, wie man damit umgehen muss. Er versteht, dass man manchmal fast eine Leerfahrt mit dem Lastwagen, nur mit den Bildern, machen muss, damit ihnen auf keinen Fall was passiert.« Er schenkt Jonsy einen anerkennenden Blick.
»Ja, Jigal ist paranoid«, bestätigt Jonsy. »Du solltest ihn mal an so einem Tag sehen, an dem seine Bilder transportiert werden, die reine Hysterie.«
»Paranoid? Moi? «, ruft Jigal geziert auf Französisch, während er die stinkende Zigarette raucht, die er sich gedreht hat.
»Und wie«, grinst Jonsy. »Und ganz nebenbei, ich hab nie einen leeren Laster nur mit deinen Bildern fahren lassen. Das rentiert sich nicht.«
Jigals Locken hüpfen, als er zu lachen anfängt. »Pass bloß auf, sonst denke ich noch, du meinst es ernst!« Jonsy lacht mit, bis er abbricht und ernst wird.
»Gut, leider haben wir nicht viel Zeit heute«, sagt er. »Sogar wenn du uns einen Kaffee anbieten würdest, wären wir gezwungen, nein zu sagen, weil wir’s nämlich eilig haben.«
»Wallah, Kaffee?«
»Nein danke, wir haben es echt eilig. Wir haben ein paar Bilder, die wir von Kunden abgeholt haben, und wir wollten, dass einer mal einen professionellen Blick darauf wirft, denn wir verstehen nichts davon. Ich finde immer, dass Bilder vom zentralen Busbahnhof schön sind, während Picasso für mich wie das Gekritzel vom Enkel der Nachbarin ausschaut, verstehst du?«
Jigal setzt die Brille auf die Nase. »Nur dass du’s weißt, wenn es eine gute Fälschung ist, können weder ich noch der größte
Experte der Welt das per Auge erkennen. Manchmal braucht es irrwitzige Untersuchungen. Aber lass mal sehen.«
Jonsy und Izzi haben zwei Bilder aus dem Lastwagen mit heraufgebracht, und jetzt öffnen sie die Kartons behutsam.
»Ich glaub’s nicht«, stöhnt Izzi. »Von all den Bildern haben wir ausgerechnet dieses Gekleckse erwischt. Das sieht aus wie von einem Kind.«
»Aber das ist doch schön«, sagt Jonsy von dem, das er auspackt.
Jigal studiert die beiden Bilder. Sein Blick wandert zwischen ihnen hin und her. Er tritt einen Schritt näher, versucht, die Signatur auf dem einen zu entziffern, nähert sich anschließend und tritt wieder zurück.
»Darf man fragen, wozu ihr das wissen müsst?« Er blickt Jonsy an.
»Müssen wir eben«, entgegnet Jonsy.
»Okay.« Jigal steht da, den Kopf in eine Handfläche gelegt, und schließt halb die Augen.
»Wer ist dieser Kunde? Eine Galerie? Ein Privatmensch? Jung? Älter?«
»Jigal, ich hab dir gesagt, wir haben’s eilig. Komm, spuck einfach aus, was du denkst, und wir verschwinden von hier. Ist das was wert, dieser Mist?«
»Ich frage nicht bloß so, das kann mir bei der Einschätzung helfen.«
»Ein altes Ehepaar um die hundert. Sind im Zweiten Weltkrieg aus Deutschlang hier eingewandert.«
»Hmmm… Deutschland.« Der Zeigefinger der Hand, mit der Jigal seinen Kopf stützt, beginnt langsam, von oben nach unten, die Schläfe zu streicheln.
»Nu??« Jonsy verliert die Geduld.
»Holt noch eins, um sicherzugehen. Oder besser zwei.«
Auf dem Weg nach unten, in dem alten Aufzug, sagt Jonsy zu Izzi: »Übrigens, ich hab seine Bilder nie allein im Lastwagen transportiert. Bin ich bescheuert? Das rentiert sich nicht.«
Jigal steht immer noch in der gleichen Pose wie vor fünf Minuten da. Die Wange in die rechte Hand geschmiegt, in der linken Hand eine dünne, selbstgedrehte Zigarette. Jetzt hat er vier Bilder vor sich.
»Okay«, sagt er, kneift ein Auge zu, nähert sich mit einem schnellen Schritt einem der neuen Bilder, tritt wieder zurück, blickt an die Decke. Er wirkt wie ein Weinverkoster, der einen Probeschluck genommen hat, die Flüssigkeit auf der Zunge und im Gaumen rollt, zum Horizont starrt und ein wenig schmatzt, bis er endlich sein Urteil fällt.
»Hört mal, ich würde mir liebend gern die ganze Sammlung anschauen. Diesen Bildern nach scheint das was Gewichtigeres zu sein. Ziemlich gewichtig sogar. Wenn das keine Fälschungen sind, und mir scheinen sie nicht gefälscht, soviel ich sagen kann … hmmm…« Seine Stimme erstirbt. Er kratzt sich am Kopf.
»Jigal, nu!«, brüllt Jonsy. »Was heißt gewichtig? Werd deutlicher. Was meinst du
Weitere Kostenlose Bücher