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Alles paletti

Titel: Alles paletti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Assaf Gavron
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wer sich dort befindet. »Ist hier ein Paket, das nach Minnesota geht?«, fragt er.
    »Kommen Sie her«, hört er eine Stimme. Nach der Stimme riecht er die Zigarre. Er geht in die Richtung. Jetzt sieht Jonsy den älteren Mann, der sie raucht.
    »Hättet ihr nicht um zehn da sein sollen?«, fragt der Mann.
    »Ja. Aber wir mussten unterwegs was abholen und wurden aufgehalten.«
    »Fast zwei Stunden.«
    »Ja.«
    »Ich hoffe, dass ihr euch mit Minnesota nicht verspätet.«
    »Samstag. Hoffe ich auch. Maximum Sonntag früh. Glauben Sie mir, Mister, wir werden ohne Pause durchfahren. Wir sind informiert worden, dass es Ihnen wichtig ist.« Jonsy hat den Sonntag mit Absicht eingestreut, als Köder.
    »Sonntag?«, fragt der Mann. »Das könnte problematisch werden. Auf alle Fälle nicht später als Sonntag früh, klar?«
    Der Köder ist geschluckt. Überraschenderweise. Der Druck sinkt um eine Stufe. »Wir nehmen etwas aus Minnesota mit, richtig? Was ist es, und wohin geht es?«
    Vladimir hebt die offene Hand - stopp. »Das werden sie euch dort alles sagen, keine Sorge.« Er sieht Jonsy an. »Sie haben einen Akzent. Woher sind Sie?«
    »Israel.«
    »Das dachte ich mir. Ich habe einmal in Israel gewohnt. Ich war sogar in der Armee.«
    »Im Ernst?« Jonsy wirft noch mal einen Blick auf ihn. Bis
jetzt erschien er ihm wie ein netter Papa. Das graue Haar, der Schnurrbart, die Zigarre. Er sieht nicht nach Israel aus. Er schaut nicht jüdisch aus. »Wo waren Sie?«
    »Bei der Marine«, antwortet Vladimir auf Hebräisch und fällt wieder ins Englische zurück, mit seinem russischen Akzent. »Ich war im Anwärterkurs fürs Marinekommando, aber ich war nicht klug genug«, er lacht und klopft sich mit den Fingern an die Schläfe. »Also war ich drei Jahre lang auf einem Raketenboot.«
    »Pfff… was Sie nicht sagen!«
    »Wo waren Sie in der Armee?«, erkundigt sich Vladimir.
    »Kennen Sie die Fallschirmspringer?«
    »Aber sicher, was soll das heißen?« Und Vladimir lächelt.
    »Und was ist passiert? Hatten Sie auch genug von Israel?«
    »Wer nicht?«, entgegnet Vladimir. »Ich hatte ein gutes Geschäft dort, eine koschere Catering-Firma, die auch in Russland und Polen zu laufen anfing. Aber es gibt zu viele Juden in Israel, zu viele Streitigkeiten.«
    »Darüber brauchen wir uns nicht zu streiten«, grinst Jonsy.
    »Also, lassen Sie uns keine Zeit vergeuden«, sagt Vladimir nun geschäftsmäßig. »Sie müssen das hier Freunden in Minneapolis bringen, die Adresse haben Sie«, er deutet auf eine Schachtel auf dem Tisch, in der sich der Salo, der Wodka und der restliche Unfug befinden.
    »Kein Problem«, nickt Jonsy.
    »Ich bitte nur um eines. Es ist äußerst wichtig, dass Sie alles dafür tun, um rechtzeitig einzutreffen. Und der Transport anschließend ist noch wichtiger. Nehmen Sie meine Visitenkarte, da steht die Nummer des Mobiltelefons drauf. Bei jedem Problem rufen Sie sofort an.« Er steht auf, blauer Rauch steigt aus seinem Mund auf, und heftet seinen Blick auf Jonsy, hält
seine Augen gefangen wie ein Raubtier seine Beute. Er zieht zwei Hundertdollarscheine heraus und drückt sie Jonsy in die Hand.
    »Okay?«
    »Kein Problem«, sagt Jonsy wieder.
    Vladimir begleitet ihn nach draußen. Er will den Lastwagen und den zweiten Mann sehen. Er ist zufrieden, auch wenn er nicht gewusst hat, dass es eine israelische Speditionsfirma ist. Eigentlich dachte er, Uncle Sam sei Syrer.
    »Sababa Moving and Storag’e«, deutet Vladimir auf die Aufschrift und bricht in Lachen aus. »Sehr komisch.«
     
    Als sie losfahren, meint Jonsy verwundert: »Und vor dem fürchten sich alle? Vor dem zittern Chaim und Uncle Sam dermaßen die Knie? Der ist doch ein netter alter Onkel, der auf einem Raketenboot in Israel war.«
    »Echt?«, sagt Izzi.
    »Wir können uns abregen. Ich hab ihm gesagt, dass wir nicht vor Sonntag dort sein werden. Er hat gesagt, in Ordnung, wie ein braver Junge, und hat zweihundert Dollar springen lassen.«
    Der Lastwagen war voll beladen, bereit für die Reise. Als sie in der Früh aufgebrochen waren, hatte Izzi alles, was er besaß, im Koffer seines Vaters mitgenommen. Jonsy, der in den sechseinhalb Jahren ein wenig Besitz angehäuft hatte, konnte nicht so einfach alles zusammenpacken und verschwinden. Also hatte er eine Tasche mit Kleidern, Papiere und ein bisschen Geld mitgenommen. Die wichtigeren Dinge hatte er in eine Kiste gestopft, zu Hause gelassen und seinen Freund Alon gebeten, irgendwann vorbeizukommen und sie

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