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Alles Sense

Alles Sense

Titel: Alles Sense Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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tanzten – bis der Mechanismus wieder aufgezogen werden mußte.
    WIE NENNT MAN DIESE MUSIK?
    »Es ist der letzte Walzer.«
    UND MAN SPIELT IHN ZUM ABSCHLUSS. ERSTAUNLICH.
    »Weißt du…«, begann Frau Flinkwert. »Den ganzen Abend über habe ich mich gefragt, wie es passieren wird. Wie du es anstellst. Ich meine, die Leute müssen doch an irgend etwas sterben, oder? Zunächst vermutete ich Erschöpfung, aber um ganz ehrlich zu sein: Ich habe mich nie besser gefühlt. Es war eine herrliche Nacht – sie hat mir nicht etwa Kraft genommen, sondern gegeben. Ich bin nicht einmal außer Atem. Außerdem…«
    Sie unterbrach sich.
    »Ich atme gar nicht«, stellte sie fest, hob die Hand vor den Mund und pustete versuchsweise.
    NEIN.
    »Ich verstehe. In meinem ganzen Leben habe ich mich nicht so prächtig vergnügt… In meinem ganzen Leben – ha! Wann…?«
    DU HAST GESAGT, ICH HÄTTE DIR EINEN SCHRECK EINGEJAGT, ERINNERST DU DICH?
    »Ja?«
    NUN, DU BIST ZU TODE ERSCHROCKEN.
    Frau Flinkwert schien die Worte gar nicht zu hören. Sie betrachtete ihre Hand, drehte sie fasziniert hin und her.
    »Offenbar hast du einige Veränderungen vorgenommen, Bill Tür«, sagte sie.
    NEIN. DAS LEBEN IST DER VERÄNDERNDE FAKTOR.
    »Ich meine… Ich habe den Eindruck, jünger zu sein.«
    DAS MEINE ICH AUCH.
    »Nun…« Frau Flinkwert überlegte. »Ich habe oft gedacht, daß es für jeden eine Art natürliches Alter gibt. Zum Beispiel zehnjährige Kinder, die sich so benehmen, als hätten sie bereits ihren fünfunddreißigsten Geburtstag hinter sich. Oder Leute, die bereits als Fünfzigjährige geboren werden. Ich stelle mir gern vor, mein ganzes Leben lang…« – sie sah an sich herab –, »…achtzehn gewesen zu sein. Innerlich.«
    Tod schwieg und half seiner Begleiterin aufs Pferd.
    »Ich weiß, was einem das Leben antun kann«, fügte Frau Flinkwert hinzu. »Im Vergleich dazu bist du gar nicht so übel.«
    Tod klickte mit den Zähnen, und Binky setzte sich in Bewegung.
    »Bist du irgendwann einmal dem Leben begegnet?«
    DAS KANN ICH NICHT BEHAUPTEN.
    »Wahrscheinlich ist es was Weißes und Knisterndes, wie ein elektrischer Sturm in Hosen«, vermutete Frau Flinkwert.
    DAS BEZWEIFLE ICH.
    Binky glitt dem Morgenhimmel entgegen.
    »Wie dem auch sei…«, sagte Frau Flinkwert. »Tod allen Tyrannen.«
    JA.
    »Wohin reiten wir?«
    Binky galoppierte nun, aber die Landschaft verharrte in Reglosigkeit.
    »Du hast da ein wirklich gutes Pferd«, sagte Frau Flinkwert mit zitternder Stimme.
    JA.
    »Äh, was macht es jetzt?«
    ES BESCHLEUNIGT.
    »Aber wir rühren uns doch gar nicht von der Stelle…«
    Sie verschwanden.
     
    Sie erschienen wieder.
    Die Landschaft bestand aus Schnee und grünem Eis an felsigen Hängen. Dies waren keine alten Berge, von Zeit und Wetter geglättet, um dem Rest der Welt sanft geneigte Skipisten darzubieten. Nein, es handelte sich um junge, verdrießliche Berge. Sie enthielten verborgene Schluchten und gnadenlose Spalten. Wer hier am falschen Ort jodelte, bekam kein Echo, sondern fünfzig Tonnen Schnee per Expreß geliefert.
    Das Pferd landete auf einer Schneewehe, die eigentlich gar nicht imstande sein konnte, es zu tragen.
    Tod stieg ab und half Frau Flinkwert vom Rücken des Rosses.
    Sie wanderten über den Schnee zu einem eisverkrusteten Pfad an der Flanke des steilen Hanges.
    »Warum sind wir hier?« fragte der Geist von Frau Flinkwert.
    ICH SPEKULIERE NICHT ÜBER KOSMISCHE ANGELEGENHEITEN.
    »Ich meine diesen Ort«, erklärte Frau Flinkwert. »Diesen Berg, diese spezielle Geographie.«
    DIES IST KEINE GEOGRAPHIE.
    »Was dann?«
    GESCHICHTE.
    Sie folgten dem Pfad um eine Kurve. Weiter vorn stand ein mit Packtaschen beladenes Pony und knabberte an Gestrüpp. Der Pfad endete an einer Wand aus verdächtig sauberem Schnee.
    Tod holte eine Lebensuhr unter dem schwarzen Umhang hervor.
    JETZT, sagte er und trat ins Weiß.
    Frau Flinkwert zögerte und fragte sich, ob sie ebenfalls dazu in der Lage war. Es fiel ihr schwer, sich von der Angewohnheit des Körperlichen zu befreien.
    Sie brauchte gar nicht in die Masse aus Schnee und Eis zu treten.
    Jemand kam heraus.
     
    Tod rückte Binkys Zaum zurecht, hielt kurz inne und beobachtete die beiden Gestalten bei der Lawine. Sie verblaßten immer mehr, verloren sich allmählich in der Sphäre des Unsichtbaren. Ihre Stimmen waren kaum mehr als bewegte Luft.
    »Er sagte nur: ›WOHIN IHR AUCH IMMER GEHT – IHR BLEIBT ZUSAMMEN.‹ Ich habe ihn gefragt, wohin wir gehen sollen, doch

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