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Alles Sense

Alles Sense

Titel: Alles Sense Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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gefüllte Schatzkisten in ihrem Haus versteckt.«
    »Eins steht fest: Sie ist immer verdammt geizig gewesen.«
    »Das beweist es. Reiche Leute gehen nie großzügig mit ihrem Geld um.«
    »Na schön. Gerissen und reich. Was jedoch nichts daran ändert, daß sie auch plemplem ist.«
    »Man kann nicht plemplem und reich sein. Reiche sind höchstens exzentrisch.«
    Die Stille kehrte zurück und wartete. Bill Tür suchte fast verzweifelt nach geeigneten Worten. Was Konversation betraf, war er nie sehr talentiert gewesen. Er hatte kaum Gelegenheit gefunden zu lernen, wobei es darauf ankam.
    Was sagten Normalsterbliche unter solchen Umständen? Oh, ja…
    ICH GEBE EINEN AUS, verkündete er.
    Später zeigten ihm die Leute ein Spiel, das an einem speziellen Tisch gespielt wurde: Am Rand wies er mit Netzen ausgestattete Löcher auf. Geschickt aus Holz geschnitzte Kugeln mußten voneinander abprallen und in die Löcher fallen. Das Spiel hieß Billard, und Bill Tür kam gut damit zurecht. Sogar noch viel besser als gut. Zuerst wußte er gar nicht, wie man schlecht spielte. Doch als die Männer einige Male verblüfft nach Luft geschnappt hatten, begann er mit sorgfältigen Fehlern. In dieser Hinsicht hatte er den Dreh schnell raus, als sich die allgemeine Aufmerksamkeit dem Pfeilwerfen zuwandte. Je mehr Fehler ihm unterliefen, desto mehr mochten ihn die Leute. Aus diesem Grund achtete er darauf, daß die kleinen, mit Federn ausgestatteten Wurfgeschosse sich immer mindestens dreißig Zentimeter vom Ziel entfernt in die Wand bohrten. Einmal traf er einen Nagel, und der Pfeil prallte erst davon ab und dann auch noch von einer Lampe, landete schließlich in einem Bierkrug. Woraufhin ein Alter so sehr lachte, daß man ihn nach draußen an die frische Luft bringen mußte.
    Man nannte ihn Guter Alter Bill.
    So hatte ihn noch niemand genannt.
    Was für ein seltsamer Abend.
    Nur einmal war’s unangenehm geworden. Plötzlich hörte Bill Tür eine piepsige Stimme: »Der Mann ist ein Skelätt.« Er drehte sich um und sah ein kleines Mädchen, das ein Nachthemd trug und ihn über den Rand des Tresens hinweg beobachtete. Im kindlichen Gesicht zeigte sich keine Angst, nur so etwas wie fasziniertes Entsetzen.
    Der Wirt – er hieß Lifton – lachte nervös und entschuldigte sich.
    »Manchmal geht die Phantasie mit ihr durch«, sagte er. »Tja, so sind Kinder eben. Geh wieder ins Bett, Sal. Und sag Herrn Tür, daß es dir leid tut.«
    »Er ist ein Skelätt, das einen Overall trägt«, beharrte das Mädchen. »Wieso kann er was trinken, ohne daß die Flüssigkeit sofort zu Boden tropft?«
    Bill Tür geriet fast in Panik. Ließen seine besonderen Kräfte nach? Normalerweise konnten ihn die Lebenden nicht sehen: In bezug auf ihre Sinne nahm er den Platz eines blinden Flecks ein, und jeder Beobachter füllte die leere Stelle mit eigenen Vorstellungen. Doch die Unfähigkeit der Erwachsenen, ihn visuell wahrzunehmen, bot keinen zuverlässigen Schutz vor so hartnäckigen Behauptungen, und Bill spürte, wie sich die Verwirrung um ihn herum verdichtete. Gerade noch rechtzeitig kam die Mutter aus dem Hinterzimmer und führte das Kind fort. Aus dem Treppenhaus hörte er leise Worte wie »ein Skelätt aus lauter Knochen«, und dann war Ruhe.
    Die ganze Zeit über hatte die alte Uhr über dem Kamin getickt und Sekunden von Bills Leben abgeschnitten. Gestern schienen es noch so viele gewesen zu sein, aber heute waren es bereits weniger…
    Unter dem Heuboden der Scheune klopfte es an die Tür, und kurz darauf öffnete sie sich.
    »Bist du angezogen, Bill Tür?« erklang Frau Flinkwerts Stimme in der Dunkelheit.
    Bill Tür versuchte, in dieser Frage irgendeine Bedeutung zu erkennen.
    JA? erwiderte er.
    »Ich habe dir ein Glas mit heißer Milch gebracht.«
    JA?
    »Komm, beeil dich. Sonst wird die Milch kalt.«
    Bill Tür kletterte behutsam über die Holzleiter nach unten. Frau Flinkwert hielt eine Laterne in der einen Hand und hatte sich ein besticktes Tuch um die Schultern geworfen.
    »Es ist Zimt drin. Mein Ralph hat Zimt sehr gern gemocht.« Sie seufzte.
    Bill Tür erkannte Untertöne auf die gleiche Weise wie ein Astronaut die Wettermuster in der Atmosphäre: Sie sind ganz deutlich zu erkennen, können beobachtet und analysiert werden; aber in der aktuellen Erfahrungswelt gibt es keinen Platz für sie.
    DANKE, sagte er.
    Frau Flinkwert sah sich um.
    »Offenbar hast du es dir hier gemütlich gemacht«, sagte sie munter.
    JA.
    Sie zog sich das Tuch etwas

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