Alles Sense
enger um die Schultern.
»Ich kehre jetzt besser zum Haus zurück. Du kannst mir das Glas morgen früh bringen.«
Abrupt drehte sie sich um und eilte durch die Nacht.
Bill Tür nahm das Glas zum Heuboden mit, stellte es dort auf einen Balken und betrachtete es noch immer, als die Milch darin längst kalt geworden war.
Nach einer Weile vernahm er ein beharrliches Zischen. Er holte die goldene Lebensuhr hervor, trug sie zum anderen Ende des Heubodens und verstaute sie unter einem Heuballen.
Doch es zischte auch weiterhin.
Windle Poons schielte zu den Hausnummern – allein für diese Straße hatten hundert Zählende Kiefern ihr Leben lassen müssen –, und dann fiel ihm ein, daß er gar nicht mehr schielen mußte. Er war rein aus Angewohnheit kurzsichtig. Ein leichtes geistiges Zupfen an den zuständigen Nerven genügte, um allen Konturen Schärfe zu geben.
Trotzdem dauerte es noch eine ganze Weile, bis er Nummer 668 fand. Die Adresse war ein Zimmer im ersten Stock, über dem Laden eines Schneiders. Zugang erlaubte eine Tür am Ende einer Gasse. Der Anstrich blätterte ab, und jemand hatte ein Schild ans morsche Holz gehämmert. Die optimistisch anmutende Aufschrift lautete:
Komm herein! Komm herein!!
Der Klub des neuen Anfangs
Tot zu sein ist erst der Beginn!!!
Hinter der Tür führte eine Treppe nach oben – sie roch nach alter Farbe und toten Fliegen. Die Stufen knarrten noch lauter als Windle Poons Knie.
Jemand hatte Worte an die Wände gemalt. Einerseits waren die Formulierungen seltsam, aber andererseits klangen sie irgendwie vertraut: Gespenster aller Länder, vereinigt euch – ihr habt nichts zu verlieren als eure Ketten! Und: Die schweigende Mehrheit verlangt Rechte für die Toten! Und: Kampf dem Vitalismus!!!
Die Treppe endete an einer Tür, und darüber hing eine Öllampe an der Decke – sie erweckte den Eindruck, schon seit tausend Jahren nicht mehr gebrannt zu haben. Eine uralte Spinne hockte dort (vermutlich ernährte sie sich von den Ölresten) und beobachtete Windle argwöhnisch.
Er zögerte, sah noch einmal auf den Zettel und gab einer anderen Angewohnheit nach, als er tief Luft holte. Dann hob er die Hand und klopfte an.
Der Erzkanzler kehrte wütend zur Unsichtbaren Universität zurück, gefolgt von den anderen Magiern.
»Daß man uns einfach so ignoriert! Wir sind hier die Zauberer!«
»Ja, aber wir kennen nicht die Ursache des Durcheinanders, oder?« erwiderte der Dekan.
»Dann werden wir sie eben herausfinden!« knurrte Ridcully. »Ich habe keine Ahnung, an wen sich der Patrizier wenden will, aber ich weiß, an wen wir uns wenden können.«
Er blieb abrupt stehen. Die anderen Zauberer liefen in ihn hinein.
»O nein…«, ächzte der Oberste Hirte. »Bitte nicht!«
»Es besteht überhaupt keine Gefahr«, sagte der Erzkanzler. »Es gibt nichts zu befürchten. Erst gestern abend habe ich davon gelesen. Man braucht nur drei Holzstücke und…«
»Und vier Kubikzentimeter Mausblut«, stöhnte der Oberste Hirte. »Es handelt sich nicht einmal um absolut notwendige Ingredienzen. Zwei Holzstücke und ein Ei genügen. Allerdings muß es ein frisches Ei sein.«
»Warum?«
»Ich schätze, dann fühlt sich die Maus besser.«
»Nein, ich meine das Ei.«
»Oh. Wer weiß, wie sich ein Ei fühlt?«
»Nun… «, sagte der Dekan. »Es ist gefährlich. Oft glaube ich, daß er nur im Oktagramm bleibt, weil man es von ihm erwartet. Ich verabscheue es, wenn er uns ansieht und dabei zu zählen scheint.«
»Ja«, brummte der Oberste Hirte. »Wir brauchen nicht zum letzten Mittel zu greifen. Immerhin sind wir schon mit ganz anderen Dingen fertig geworden. Mit Drachen, Ungeheuern… Und mit Ratten. Erinnert ihr euch an die Ratten im letzten Jahr? Überall wimmelte es von ihnen. Lord Vetinari wollte nicht auf uns hören, o nein. Er bezahlte dem zungenfertigen Burschen in der rot und gelb gemusterten Strumpfhose tausend Goldstücke, damit er die Biester vertreibt.«
»Es hat geklappt«, meinte der Dozent für neue Runen.
»Natürlich hat’s geklappt«, entgegnete der Dekan. »Ebenso wie in Quirm und Sto Lat. Auch in Pseudopolis wäre der Kerl damit beinahe durchgekommen, wenn ihn nicht jemand erkannt hätte. Der sogenannte Herr Wunder Maurice und seine Gehorsamen Nagetiere!«
»Es hat keinen Sinn, das Thema zu wechseln«, ließ sich der Erzkanzler vernehmen. »Wir führen den Ritus von AshkEnte durch, klar?«
»Den Tod beschwören…«, kommentierte der Dekan. »Meine
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