Alles so schoen rund hier - Mein erstes Schwangerschaftsabenteuer
Christopher in seinem teuren Autositz, nutze ich die Gelegenheit, mir die anderen Wartenden anzusehen. Da sitzt ein alter Mann in einer Strickjacke mit Lederflicken an den Ellbogen, der eine Anglerzeitschrift liest. In der Ecke sehe ich eine junge Mutter, jünger als ich, die zwei kleinen Kindern eine Geschichte vorliest. Eines davon trägt einen Schlafanzug. Das ist eindeutig das kranke. Ich sehe mir die Mutter an. Sie hat ein Jeanshemd, Jeans und saubere weiße Turnschuhe an. Ihre braunen Haare glänzen und sind zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie trägt nur einen Hauch von Make-up. Ich frage mich, wie lange es dauert, bis aus einem ungewaschenen Muttertier wie mir eine »Yummy Mummy« in Reinkultur wird. Sie sieht von ihrer Geschichte auf, wahrscheinlich hat sie meinen Blick bemerkt. Ich sehe peinlich berührt weg, aber sie lächelt und ruft mir quer durchs Wartezimmer zu: »Ist das Ihr Erstes«
Ich sehe an mir herunter. Ich trage ein blaues Oberteil mit Muttermilchflecken und eine Jogginghose, Letztere bereits den vierten Tag. Meine Haare habe ich seit einer Woche nicht gewaschen.
Ein cremefarbener Fleck verunziert meine Schulter. Ich glaube, es ist Babykotze.
»Sieht man das nicht«, sage ich mit einem zittrigen Lächeln.
Sie erwidert es mitfühlend.
»Es wird besser«, sagt sie tröstend. »Als ich Paul bekam«, sie zeigt auf das größere Kind, »dachte ich, ich komme nie mehr aus dem Bett. Ich habe Gott angefleht, mich von alldem zu befreien.«
Hallelujah, Schwester!
Sie fährt fort.
»Aber sobald sie etwas älter sind, drei oder vier Monate vielleicht, deine Hand halten und drauflosbrabbeln, bekommt man gar nicht mehr genug von ihnen.«
Ich glaube ihr kein Wort.
»Vertrauen Sie mir«, sagt sie und schenkt mir ein strahlendes Lächeln. Ihre Tochter zeigt wütend auf das Buch.
»Volllesen, Mummy«, sagt sie ungeduldig.
Und Mummy tut wie geheißen.
»Samantha und Christopher«, ruft die Arzthelferin. Martin greift nach dem Sitz, und wir betreten das Sprechzimmer meiner Ärztin.
Sie steht auf, geht mit einem freundlichen Lächeln um ihren Schreibtisch herum und kommt auf uns zu.
»Hallo, Mum«, witzelt sie.
Ich breche in Tränen aus.
»Bitte helfen Sie mir«, sage ich weinend und werfe mich in ihre Arme.
Zwanzig Minuten später sitzen Martin und ich ihr immer noch gegenüber, während sie sich bemüht, unser kaputtes Leben wieder zusammenzuflicken. Sie hält Christopher im Arm, und er weint nicht. Innerhalb von fünf Minuten hat sie es geschafft, mich zu beruhigen, meinen Sohn zu nehmen und ihn knuddelnd zu bezwingen. Und er hat das zugelassen. Sogar Martins Miene hat sich aufgehellt. Vielleicht sollten wir in ihr Sprechzimmer ziehen.
»Und jetzt erzählen Sie mir alles, was Sie bedrückt«, sagt sie.
»Schlafen. Schlafen und stillen. Schlafen, stillen und weinen.« Martin ergreift als Erster das Wort.
Sie sieht ihn lächelnd an. »Wer braucht hier Hilfe«
»Beide.« Martin kann gar nicht mehr aufhören zu reden. »Sie isst nichts mehr. Er schläft nicht. Und beide weinen die ganze Zeit.«
Das klingt wirklich zum Totlachen. Ich wünschte, es wäre so.
Sie nickt nachdenklich.
»Stillen Sie«
Ich bemühe mich zu lächeln. »Ich versuche es.«
»Wie ist es«
Furchtbar. So als ob man alle drei Stunden von einem unerfahrenen Teenager begrapscht würde, der glaubt, je fester man nuckelt, desto aufregender ist es.
»Geht schon.«
Sie sieht mich streng an.
»Wirklich«
»Nein, eigentlich nicht. Es macht mir nichts aus, aber er hat
die ganze Zeit Hunger und weint, es ist furchtbar. Ich habe es mit jedem Ratgebertipp versucht, aber nichts funktioniert und …«
Sie hebt die Hand, damit ich schweige, während mir schon wieder die Tränen hinunterlaufen. Chris weint immer noch nicht. Wahrscheinlich ist er heilfroh, dass ihn jemand anders im Arm hat. Ich mache eine entsprechende Bemerkung.
»Unsinn«, sagt sie barsch. Sie kitzelt Chris ein wenig. Es scheint ihm zu gefallen.
Sie wendet sich an ihn.
»Jetzt hör mir mal gut zu, du kleiner Mistkerl«, sagt sie liebevoll. »Du bekommst von nun an das Fläschchen und gönnst deiner Mutter etwas Schlaf.«
»Nein!« Das rutscht mir einfach so heraus. Als Erstes reagiere ich erleichtert auf ihre Worte, doch dann werde ich von Schuldgefühlen übermannt. Ich kann jetzt nicht aufhören zu stillen! Ich will eine gute Mutter sein! Eine gute Mutter stillt! Bei einer guten Mutter steht das Kind an erster Stelle! Auch wenn sie es nicht
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