Alles so schoen rund hier - Mein erstes Schwangerschaftsabenteuer
zurück und schaut in die Ferne.
»Ich wünsche mir so sehr eine Enkelin. Jemand zum Spazierengehen und Puppenspielen, jemand, der dein Spielzeug von früher benutzt.«
Gut, bloß keinen Druck ausüben. Zu meiner Überraschung bin ich richtig beleidigt und werfe mich für mein Ungeborenes in die Bresche. Da ist es, ernährt sich über mich, bemüht sich nach Kräften zu wachsen und zu gedeihen, trotz so einer alten Vettel von Mutter. Und bevor es überhaupt auf der Welt ist, soll es schon in eine bestimmte Richtung gedrängt werden Das sind meine ersten mütterlichen Gefühle, deren Heftigkeit mich selbst überrascht.
»Ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, ist mir vollkommen egal, ich will nur, dass mein Kind gesund ist«, sage ich leichthin.
Mummy stimmt mir zu, »Oh ja, selbstverständlich, aber …«
»Kein Aber, wir werden es lieben, und zwar unabhängig von seinem Geschlecht.«
»Ja, und wenn es ein Junge wird, überleg dir, ob du ihn nicht Nicholas oder Michael nennen willst.«
Es gibt kein Entrinnen.
Bei meinen Schwiegereltern ist es noch schlimmer. Meine Schwiegermutter Mrs B. besteht darauf, dass das Kind einen französischen Namen erhält.
»Weißt du, Michael (schon wieder dieser Name!) und ich stammen beide von den De Villiers ab, die im 17. Jahrhundert nach Kapstadt kamen.«
»Ja, ich weiß.«
Meine Schwägerin June, deren Schwangerschaft schon zwei
Monate weiter fortgeschritten ist als meine, grinst nur. Sie hat sich die ganze Zeit über verhalten wie ein Profi und weigert sich, über Namen oder das Geschlecht zu reden, bis der große Tag gekommen ist. Ich bin die Idiotin, die freiwillig das Thema Namensgebung angeschnitten hat. Wie blöd kann man nur sein
»Ihr müsst ihm einen französischen Namen geben, um das Erbe zu wahren. Das Erbe«, tönt meine Schwiegermutter, »ist sehr wichtig für ein Kind.«
Ich sehe das anders. Den Kindern, die ich kenne, ist es wichtig, wo Barney, der Dinosaurier, steckt. Oder dass Eiskrem im Tiefkühlfach ist. Aber Mrs B. gegenüber erwähne ich nichts dergleichen, denn Mrs B. ist eine Matriarchin par excellence . Genauso gut könnte man es mit dem Terminator aufnehmen. Oder mit dem Ministerium für Staatssicherheit.
»Man kann auf jeden Fall darüber nachdenken«, sage ich schwach. Ich sage ja zu einer Tasse Tee. Eigentlich habe ich keine Lust darauf, aber sie hat mir bereits eingeschenkt.
»Meine Vorfahren und die deines Vaters«, sagt sie und dreht sich um, um Martin zu mustern, »sind der Verfolgung durch die Katholiken in Frankreich entkommen und haben diesem Land Kultur und Raffinesse gebracht. Heute gibt es in Franschhoek immer noch De Villiers, mit denen wir direkt verwandt sind.«
Martin wirkt gelangweilt. Er hat das schon x-mal gehört.
»Wenn dem so ist, warum gehört uns dann kein Weingut«
Seine Mutter läuft zur Hochform auf, wenn sie unter Beschuss gerät. »Unsere Vorfahren haben einen anderen Weg eingeschlagen.«
»Bis nach Roodepoort«, helfe ich aus. Meine Bemerkung wird ignoriert.
Jane ergreift das Wort. »Warum sind wir eigentlich katholisch, wenn unsere protestantischen Vorfahren so rücksichtslos verfolgt und aus ihrer Heimat verjagt wurden«
Die Unterhaltung hat sich weit vom Thema Namensgebung entfernt. Aber Mrs B. sieht das anders.
»Sie wurden schließlich doch noch bekehrt, aber die Namensfrage bleibt davon unberührt.«
Ich opfere Jane.
»Ja, Jane, wie nennst du denn dein Kind, wenn es ein Junge wird«
»Das ist ein Geheimnis«, sagt sie fröhlich. Sie weiß, dass sie nicht in Gefahr ist, ich bin diejenige im Minenfeld.
Mrs B. sieht mich wieder nachdrücklich an. Ich lasse mich von Jane inspirieren.
»Ich glaube, wir wahren auch lieber das Geheimnis.«
»Natürlich, Samantha«, sagt sie und lässt Kuchen herumgehen, »aber du tätest gut daran, Francois oder Pierre in Erwägung zu ziehen. Schöne französische Männernamen.«
Sie nimmt sich ein Stück Kuchen und greift nach einer Kuchengabel auf dem Teetablett.
»Es gibt auch sehr schöne französische Mädchennamen«, sagt sie galant. »Wie Marie, Claire oder Claudette.«
Das ist ja alles gut und schön, denke ich empört, aber wo wird dieses Kind aufwachsen Wir leben nicht mehr in Paris, sondern in Johannesburg. Und wir sprechen nicht französisch, sondern elf amtliche Landessprachen. Die zweitwichtigste ist Afrikaans. Afrikaans ist eine gutturale Sprache und auf seine Art schön, aber ganz anders als die weichen, geschmeidigen Vokale und Konsonanten
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