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Alles total groovy hier

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Titel: Alles total groovy hier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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einem Neuanfang eine Chance zu geben.
    Doch: Immer noch kein Bier. Dammich. Puerto Real begann nach mir zu rufen, wie es eine brünftige Gwen Stefani nicht verführerischer vermocht hätte.
    »Kommste mit auf 'ne Spritztour?«, fragte ich Scuzzi, was den sichtlich von seinem Tee aufschreckte.
    »Wohin denn?«, fragte er mit dem Argwohn eines Kindes, das man vom Fernseher wegzulocken versucht.
    »Einfach in eine der Millionen und Abermillionen von Bars, wo man in der Lage ist, einem Gast ein gelbes Getränk mit weißem Schaum obendrauf zu servieren«, antwortete ich einen Tick lauter, als es nötig gewesen wäre.
    »Du, das ist keine gute Zeit, jetzt«, mischte sich Rolf ein, mit einem Blick hoch zur Wanduhr. »Wir raten den Leuten eigentlich immer, nur morgens ganz früh auf die Straße zu gehen. Wenn die ... du weißt schon, alle noch pennen.«
    »Die Zigeuner«, sprach ich es aus.
    Die Tür flog auf und Leroy kam, Bauch voran, hereingeschwebt wie ein Zeppelin in seinen Hangar, rote Äuglein voller Fressgier. »Du, Rolf, haben wir noch was von dem Tofusalat? Dann mach mir doch mal ein Schüsselchen. Und tu was von dem guten Honig dran.«
    Leroy besaß eine fatale Vorliebe dafür, möglichst weißliche Lebensmittel in seinem Mund zu zermanschen.
    Wäre ich gezwungen, alle meine Mahlzeiten mit ihm zusammen einzunehmen, ich sähe bald aus wie Alice.
    »Ja, die Zigeuner ... «, griff er das Thema auf, mit vollem Mund, »die werden so langsam zu einem echten Problem. Ich weiß von vielen Leute, die einzig und allein wegen denen nicht wieder herkommen.«
    »Was macht die eigentlich so feindselig?«
    Leroy zuckte die Achseln und reichte Rolf seine Schüssel zum Nachfüllen.
    »Neid?«, mutmaßte er. »Neid darauf, wie wir leben und uns daran freuen und sie nicht?«
    »Was ich nicht kapiere«, begann Scuzzi und hielt dann einen Moment lang stumme Zwiesprache mit seinem Tee, »... ist, wie man hier ... «,Geste, vage allumfassend,» ... wie man hier überhaupt schlecht draufkommen kann.«
    Ich fragte mich, ob er das ernst meinte.
    »Das ist auch nicht zu begreifen!« Leroy ereilte ein regelrechter Temperamentsausbruch. Er schäumte geradezu.
    Vor allem in den Mundwinkeln. »Die Regierung schenkt ihnen Grundstücke und schiebt ihnen die Sozialleistungen vorne und hinten rein, und trotzdem sind diese Leute permanent unzufrieden, aggressiv und kriminell. Dabei haben sie hier alles.« Er begann aufzuzählen: »Traumhafte Gegend ... «
    Wenn er von dem Hinterland sprach, durch das ich bei der Anreise gekommen war, dann hatten wir beide erheblich abweichende Vorstellungen von dem Begriff >traumhaft(, vor allem in Verbindung mit >Gegend<.
    »... praktisch das ganze Jahr lang fantastisches Wetter ... «
    Solange man bereit war, eine eintönig brennende Sonne und ewig brütende Hitze als solches zu empfinden.
    »... dazu das Meer ... «
    Immer vorausgesetzt, man hatte Zugang. Mir persönlich war diesseits des Zauns noch kein einziger Zigeuner begegnet. Aber dann blieb denen natürlich immer noch die Option, sich fröhlich von einer der Klippen zu stürzen.
    »... und nicht zu vergessen, die völlig problemlose Versorgung mit dem besten und billigsten Dope in ganz Europa.«
    Leroy, Rolf und Scuzzi nickten gewichtig.
    »Also«,resümierte ich mit einem, na, leicht galligen Unterton, »über dreihundert Sonnentage im Jahr und immer ordentlich was zu kiffen, und die Welt ist rund und alles einfach wundervoll.« Die schiere, ununterbietbare Schlichtheit dieser Lebensauffassung dellte mir regelrecht das Hirn ein.
    »Stimmt«, fand Scuzzi.
    Ich schenkte ihm einen meiner liebevoll besorgten Seitenblicke. Einen von denen, die implizieren, dass wir bald mal das Thema seiner Heimunterbringung anschneiden müssen.
    Dann glitt ich vom Hocker, ging zur Tür, hielt sie demonstrativauf.
    »Also?«
    Scuzzi schüttelte lustlos den Kopf, Rolf verständnislos, Leroy missbilligend.
    »Dann fahr ich eben allein.«
    »Du bist gewarnt«, sagte Leroy.
    »Ja, ja«, sagte ich und knallte die Tür.
    Bande von Titten.
    Wütend querte ich den Platz, stieg in den Hymer und schwang mich in den Fahrersitz. Solange mir die kleinen Drecksäcke nicht gerade einen Felsbrocken durch die Frontscheibe wuchteten, konnten sie von mir aus Steine auf dieses Vehikel hier schmeißen, bis ihnen die Arme lahm wurden. Ich zog den Starterknopf auf seine archaische Vorglühposition, wartete, bis der Spiraldraht in seinem Gitterfenster endlich aufglomm, und zählte bis drei.
    Bier,

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