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Alles total groovy hier

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Titel: Alles total groovy hier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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Reaktion. Keine sichtbare. Starres, schmallippiges, grundloses Lächeln, ein Blick, der nicht wusste, wohin mit sich.
    »Man nennt mich auch den >Achim Mentzel des Westens<.«
    Nichts. Frustrierend, leben wir Showtypen doch alle nur für den Applaus.
    »Aber du kennst mich nicht.«
    »Nun«, erklärte ich, »das hängt damit zusammen, dass man zwar in den Fernseher hineinblicken kann, aber nicht aus dem Kasten heraus. Glaubt einem nur keiner.«
    Immer noch keine Regung. Meine Worte, sie verhallten ungehört. Es war ein bisschen, fiel mir auf, wie mit Edna Mohr zu telefonieren.
    Sie kam noch etwas näher. Beäugte mich wie ein Vogel. Mal mit dem linken Auge, mal mit dem rechten.
    »Du bist es«, stellte sie nach eingehender Inspektion fest.
    Ja, nun. Dazu wusste ich jetzt nichts zu sagen. Es war unbestreitbar.
    Ich bin ich. Immer schon gewesen.
    »Du bist mein Orpheus«, sagte sie, doch sie nuschelte dermaßen, dass ich zuerst >Morpheus( verstand.
    »Na komm«, protestierte ich. »So langweilig ist die Sendung nun auch wieder nicht.«
    »Du wirst mich aus der Unterwelt führen.«
    Ah, Orpheus. Ich begriff. Nur dass sie das dann zu meiner Eurydike machte, meiner, wenn mir meine Kenntnisse der griechischen Mythologie nicht komplett unterm Gesäß wegbrachen, unsterblichen Liebe.
    »Äh,und du bist ... ?«, fragte ich deshalb vorsichtig nach, entschlossen, weiterführenden Hoffnungen eine, wenn nötig, deutliche Absage zu erteilen.
    »Ich bin Alice«, antwortete sie. »Ich folge dem weißen Kaninchen.«
    »Und ich bin Kristof«, stellte ich mich erleichtert vor.
    »Ich folge meinen niederen Instinkten.«
    »Komm doch rein«, meinte sie. Doch so niedrig waren sie nun auch wieder nicht angesiedelt, meine Instinkte. Ich vertröstete sie auf später und trollte mich.
    »Komm am Abend«, raunte sie mir noch hinterher. »Doch sag den anderen nichts davon. Ich habe Antworten auf alle deine Fragen.«
    Aber sicher doch.
    Leroy hatte es endlich geschafft, seinen Laden aufzuschließen und es sich gerade in seinem Sessel gemütlich gemacht, als wütende Stimmen von der Rezeption her den allgemeinen Frieden aufstörten. Alma rief energisch seinen Namen, also blieb ihm nicht viel übrig, als den Arsch wieder aus dem Fauteuil zu stemmen und sich, wenn auch mürrisch, der Sache anzunehmen.
    Die Tür des Shops war somit momentan unbewacht.
    Ich zog sie auf, trat ein. Fand mich allein. Ging hinter die Verkaufstheke. Eine der vielen Schubladen trug das Schildchen >Papers<.Ich zog sie raus. Sie war unterteilt wie ein Setzkasten, die Fächer ordentlich beschriftet wie alles hier.
    Extra dünn, koloriert, papierfrei, Ökopapier, Rizla, Gizeh, Zig Zag, XL, XXL,XXXL,Mais. Das mit >Mais(markierte Fach war leer. Ausverkauft. Herzklopfen.
    Da das Gezeter vorn am Eingang immer noch nicht abebben wollte, ging ich mal nachsehen. Vor dem Tor standen die beiden Schweizer Radler und beklagten sich bei Alma und Leroy über irgendetwas in gestenreichem Lamento. Es hatte ganz den Anschein, als ob sie unliebsame Bekanntschaft mit den Zigeunern der Umgebung gemacht hätten. Als Resultat waren sie um einen Gutteil ihres Gepäcks ärmer, dafür aber, wie mir beim Näherkommen auffiel, um einiges reicher an Beulen und blauen Flecken. Und an Lebenserfahrung:
    Frage niemals jemanden nach dem Weg, der gerade noch versucht hat, mit seinem Hund zu telefonieren.
    Sie erblickten mich, und ich durfte zwei neue, herzzerreißend gute Freunde mein Eigen nennen. Scherz.
    Sie erblickten mich, zeigten mit dem Finger auf mich und bezichtigten mich dann in anklagendem Tonfall und höchster Lautstärke der indirekten Verantwortung für ihren derangierten Zustand.
    »Stimmt das?«, wollte Leroy von mir wissen.
    »Nun ... « Ich nahm ihn beiseite. »Diebeiden schienen mir nicht recht zur Spiritualität des Ortes zu passen. Darum hab ich sie weitergeschickt.«
    Leroy musterte mich scharf. Auch Alma trat heran, die Augen schmal.
    »Ich kann mir nicht helfen, Kristof«, knurrte Leroy, »aber für mich bist du derjenige, der hier nicht herpasst.«
    »Und zwar ganz und gar nicht«, fügte Alma hinzu, eine von Gottes natürlichen Nachtreterinnen.
    »Ihr täuscht euch«, versicherte ich milde. »Ich brauche nur immer ein, zwei Tage, um mich richtig einzuschwingen.«
    Leroy sah zu Alma, die wie auf ein Kommando in ihre Latzhosentasche griff und mir dann etwas in die Hand drückte.
    »Was ist das für ein Stein, Kristof?«
    Ich wusste augenblicklich, worauf das hinauslief. Oder

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