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Alles total groovy hier

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Titel: Alles total groovy hier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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Verschläge und kam nach kurzem Getümmel wieder heraus, einen widerstrebenden mittelgroßen Hund an einer Schlinge um den Hals hinter sich herziehend. Aller verzweifelten Bemühungen des Hundes zum Trotz wurde er den Zwischengang hinunter und durch die Tür ins Innere des Betonbaus gezerrt. Die Tür fiel ins Schloss. Und überließ es meiner Fantasie, mir auszumalen, was sich da dahinter wohl gerade abspielte. Na, nicht für lang.
    Nur Minuten später erschien der Koch wieder, an der Hand einen Lumpen, blutig von der einen, haarig von der anderen Seite, den er schwungvoll in einen Container mit weit offen stehender Klappe warf. Wolken von Fliegen stiegen auf.
    Mir war zum Kotzen.
    Wieder heulten die Hunde, nur diesmal tiefer, trauriger, wenn einem nach Deutung war. Andere Stimmen stimmten ein in das Geheul, und eine Gänsehaut überzog mich von Kopf bis Fuß. Andere Stimmen. Non-canine Stimmen. Humane, wenn meine Einbildung nicht mit mir durchging. Schlagartig flog eine Tür am anderen Ende der Baracke auf und ein hagerer Typ in T-Shirt, Jeans und Cowboystiefein erschien. Er hielt einen Holzknüppel in der einen und eine Schnapsflasche in der anderen Hand, immer eine liebliche Kombination. Er brüllte etwas, nach links, nach rechts, und schlug zur Untermalung wie ein Berserker auf die Zwingertüren ein. Ruhe folgte, durchsetzt von unterdrücktem Winseln und Wimmern.
    Ich wartete, bis er wieder im Haus verschwunden war, dann richtete ich mich auf. Etwas klebte unter meinem rechten Ellenbogen. Ich knibbelte es ab und hielt einen Pappfilter zwischen den Fingern, Rest eines Sticks. Eines Maisblattsticks.
    Ich gab jede Deckung auf. Das einzige in meine Richtung zeigende Fenster der Baracke war hell erleuchtet. Wer immer in dem Raum dahinter saß, konnte unmöglich sehen, was sich draußen in der Dunkelheit abspielte. Und dunkel war es. Viel zu dunkel für eine Kameraüberwachung, außer mit Nachtsichttechnik. Und sollten sie die haben - nur gesetzt den Fall-, war es besser, man entdeckte mich jetzt, solange ich noch ein bisschen Vorsprung hatte. Um mich wohin zu flüchten? Ich schaute mich um. Richtung Süden warf der Lichtschein Puerto Reals einen hellen Flecken unter die Wolkendecke, doch davon und von ein paar einzelnen, weit verstreuten Lichtern abgesehen, stand ich inmitten finsterer Einsamkeit. Unentschlossen, nachdenklich befingerte ich den Pappfilter in seiner dünnen Hülle von Maispapier. Was immer ich hier sah, Schisser hatte es vor mir gesehen. Und nicht überlebt. Das einzig Gescheite wäre jetzt gewesen, die Bullen zu rufen. Doch mit welcher Begründung? Und - wohin? Unmöglich zu erklären. Vor allem ohne einen Brocken Spanisch, mal abgesehen von >Siempre allf, dende pasa mucho<,meinem maßgeschneiderten neuen Motto. Sinnlos.
    Abhauen, das sollte ich.
    Stattdessen machte ich mich an den Abstieg vom Hügel. Als Erstes wollte ich mich davon überzeugen, mit wem ich es hier zu tun hatte, und vor allem, mit wie vielen davon. Den Koch hatte ich schon gesehen und den Knüppel schwingenden Cowboystiefelträger auch. Weder der eine noch der andere hatte in mir den Wunsch erweckt, ihn näher kennenzulernen.
    Kaum im Schatten des Flachbaus, musste ich mich schon hinter einen Stapel Plastikfässer ducken, weil die Tür zur Küche aufging und der Koch herauskam, in Zivilklamotten. Feierabend, wie es schien. Er verschwand um eine Mauer herum, und ich hörte einen Motor anspringen. Einen Roller. Ich linste um die Ecke. Der Koch fuhr bis zu einem Tor, hupte quäkend, und ein vierschrötiger Kerl in Unterhemd und Trainingshose kam aus der Baracke, schloss einen der beiden Torflügel auf und ließ den Koch durch, bevor er sorgfältig wieder abschloss und sich zurück in den Bau verzog. Ich beobachtete das Rücklicht des Motorrollers, bis es irgendwann von der Nacht verschluckt wurde. Nichts ließ darauf schließen, dass irgendwo in der Nähe eine größere Straße vorbeizog. Diese Scheiß-Anlage befand sich irgendwo im Nirgendwo, und wenn ich hier in Schwierigkeiten geriet, dann ... Dann war der Arsch ab, wie man so schön sagt. Wieder betastete ich den Papp filter. Schissers Vermächtnis. Ich war gewarnt. Es blieb dabei, sie waren zu zweit - Cowboystiefel und Vierschrot.
    Füße auf einem wackligen Campingtisch, hingen sie weit zurückgelehnt in Plastikstühlen und verfolgten ein Fußballspiel im Fernsehen. Vierschrot trank Dosenbier, Cowboy nuckelte an einer Flasche mit klarem Fusel. Ein Holzknüppel lag griffbereit oben

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