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Alles total groovy hier

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Titel: Alles total groovy hier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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besten Willen nicht. Trotzdem lag mir >Areyou sure?< ganz vorne auf der Zunge. Es konnte nicht sein. Wir hatten zusammen gelacht. Unter anderem.
    Dieselbe, fuhr Johanna fort, die gestern Nacht auch die ersten drei Männer verkauft hatte.
    Zwei Jahre, hatte man ihnen versprochen, müssten sie für die Überfahrt arbeiten, dann würden sie freigelassen und bekämen Papiere, echte Papiere.
    Doch Johanna glaubte nicht länger daran.
    Denn die Frau, die die drei Männer verkaufte, nahm im Gegenzug drei Männer entgegen.
    »Three bodies«, sagte Johanna.
    Drei Leichen.
    Drei Eimergewichte.
    Vom Lkw ins Schlauchboot und raus und versenkt. Dann den stinkenden Overall in die Waschmaschine gestopft. Und eine gründliche Dusche genommen. Schließlich, in ein Badelaken gewickelt, raus zur Gizelle. Wo Vishna schon seit geraumer Zeit Kristof an seinem Schwanz herumführte wie einen dressierten Pudel an der Leine. Damit Kristof keine weiteren Fragen stellte und, voll des gepantschten Rums und intensiv beschäftigt mit seiner kindisch schlichten Freude am Rammeln, nirgendwo herumlungern und mitbekommen konnte, dass und wie und wo die toten Arbeitssklaven weggeschmissen wurden. Ein bisschen viele Antworten auf einmal für jemanden, der keine Stunde zuvor noch nicht mal die Fragen dazu gewusst hatte. Ich wandte mich ab, wollte, musste weg hier.
    »Can't you let us out? Please?«
    »No«,gestand ich. »I can't. I'm sorry.«
    Die Türgitter waren massiv, die Schlösser ebenfalls, die Flüchtlinge obendrein angekettet. Selbst mit Werkzeug wäre das eine Arbeit von zwei, drei Stunden geworden. Selbst mit Werkzeug und nach Überwältigung der beiden Wachleute und ihrer Hunde. Überwältigt von einem unbewaffneten Einzelnen, dem das Überraschungsmoment nicht so recht gelingen wollte, weil er zehn Meilen gegen den Wind stank.
    »Please help uso I don't want to be sold. One of the men, one of the bodies, his whole back was cut to pieces.«
    »I'll get help. I promise«, sagte ich und ging davon, umschwirrt von meinem privaten Schwarm fetter blauschwarzer Fliegen.
    Der Rücken des Toten war komplett zerschnitten gewesen. Und das schon, bevor man ihn im Meer versenkt hatte. Schiffsschraube? An Land? Kaum. Peitschenhiebe, eher.
    Es war nicht zu fassen.
    Ich erreichte den Zaun ohne Zwischenfall, schlüpfte hindurch, wollte gerade die Böschung hinabschlittern, zögerte jedoch, weil vom Wendekreis ein größerer Diesel heranbrummte.
    Ich stand zu hoch, um von den Scheinwerfern erfasst zu werden, also wartete ich einfach nur ab, besah mir das Fahrzeug. Ein Baustellen-Lkw, voll mit Werkzeug und Maschinen, ein Wohnwagen im Schlepptau. Er nahm den Weg hoch zur Alten Käserei.
    Die Auftraggeber waren wieder flüssig. Nur ein paar Menschen verscherbelt und das Bauvorhaben konnte unverzüglich voranschreiten.
    Goa, dachte ich. Der Verkauf der luxussanierten Käserei sollte das Geld bringen für den Neuanfang auf dem Indischen Subkontinent. Ein Feuer loderte, Gitarrengeschrammel und ein fröhlicher Singsang füllten die Luft mit Dissonanzen. Auch eine Art, mit dem Tod einer Mitbewohnerin umzugehen.
    >Siehätte es so gewollt, glaub mir.<
    Die komplette Gemeinschaft schien sich am Strand versammelt zu haben. Gut so. Ich warf mein letztes Kleingeld in den Münzfernsprecher und wählte hastig Charlys Nummer.
    Seine Frau ging dran.
    »Marion? Hier ist Kristof. Gib mir Charly. Schnell.«
    »Das geht nicht, weil ... «
    »Dann richte ihm aus, er und die Jungs müssen herkommen. Sofort.«
    »Das geht auch nicht, Kristof. Die sind alle in U-Haft. Der Anwalt sagt, Hufschmidts Anschuldigungen sind lächerlich und er hat die Jungs ruckzuck wieder frei, aber jetzt ist natürlich erst mal Wochenende.«
    Eine weitere Münze fiel durch, während ich die Nachricht verdaute. Die Stormfuckers würden nicht kommen. Zumindest nicht mehr rechtzeitig.
    »Hast du Schisser schon gefunden?«
    »Nein. Aber ich weiß inzwischen, dass er und warum er umgebracht wurde.«
    »üh.« Schweigen. Dann sagte sie: »Kristof? Überlass das der Polizei, hörst du? Mach da bitte keinen Alleingang. Wir wollen dich nicht auch noch verlieren.«
    Sie liebt mich, Marion. Immer schon. Das Blöde ist, sie liebt Charly mehr.
    »Und Scuzzi natürlich auch nicht. Also, passt auf euch auf.«
    »Ja, machen wir«, sagte ich. »Doch sobald ich die Bullen rufe, wandere ich selber in den Kahn. Schickst du mir dann 'nen Anwalt?«
    Keine Antwort. Stille. Völlige Stille. Noch achtzig Cent im Speicher. Kein Ton

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