Alles über Elfen (German Edition)
Lothlóriens bauen ihre Unterkünfte in die Baumkronen hinein. Wer dabei nun aber unbeeindruckt abwinkt, weil er an ein Baumhaus denkt, der irrt. Die Elfen Lothlóriens leben auf sogenannten Fletts – großen, hölzernen Plattformen, denen Äste und Stämme als Stütze und Verankerung dienen. [Plischke: Es kommt aber durchaus vor, dass auf den imposantesten dieser Fletts dann Häuser gebaut werden, die an menschliche Bauwerke erinnern – der »Palast« Galadriels und ihres Gatten Celeborn ist so ein Beispiel] Man erreicht diese Fletts traditionell über Leitern. [Christiansen: Wieso Leitern? Ich dachte, die Spitzohren können so gut klettern. Plischke: Es hat nie jemand behauptet, die Elfen wären komfortfeindlich. Außerdem empfangen sie doch ab und zu auch Gäste, denen ihr eigenes Geschick leider abgeht] Wer Lothlórien besucht, sollte besser schwindelfrei sein, denn die Fletts verfügen in der Regel nicht über Geländer. Lediglich dünne Stellwände kommen zum Einsatz, wenn Wind und Wetter es nötig machen. Zugig ist es dort oben öfter mal, denn die Elfen schützen sich vor der Kälte des Winters mit dicken Pelzen und Mänteln, die sie bei Bedarf auch an Besucher weiterreichen, die nicht ganz so viel Outdoor-Erfahrung mitbringen.
Ganz gleich, ob elfische Ansiedlungen nun optisch nahe an den unsrigen sind oder nicht, erwachsen viele Probleme bei Begegnungen zwischen dem Schönen Volk und uns nicht aus reinen Äußerlichkeiten (und schon gar nicht aus Manierismen im Baustil). Wenn wir wenigstens den Versuch unternehmen wollen, die Elfen zu verstehen, ist es unabdingbar, sich auch mit »inneren« Werten auseinanderzusetzen. An vorderster Stelle steht dabei die Frage, wie die Elfen ihr eigenesZusammenleben in der Regel organisieren, denn aus diesen Geboten, die sie für sich selbst und ihre Gruppe aufstellen, leitet sich das Verhalten ab, das sie zeigen, sobald sie auf andere Gruppen – etwa uns Menschen – treffen.
Frei und doch untertan? – Von der Gesellschaftsordnung der Elfen
Was die Gesellschaftsordnung der Elfen anbelangt, konkurrieren in unserer Vorstellung zwei recht verschiedene Modelle. Wenden wir uns zunächst der älteren dieser beiden Grundausrichtungen zu, die – wie so vieles andere auch – von Tolkien fest in unserem Elfenbild etabliert wurde. Laut Tolkien leben Elfen in einer Form des Feudalismus, genauer gesagt in einer Monarchie. Er nennt eine ganze Reihe von Elfenkönigen und -königinnen, von denen Galadriel als Herrin Lothlóriens und Legolas’ Vater Thranduil wohl die beiden berühmtesten sind.
Was zeichnet diese Form der elfischen Monarchie nun aus?
1.Bis auf König, Fürst und Herr und ihre weiblichen Entsprechungen, die allesamt gleichbedeutend für ein und dieselbe soziale Funktion verwendet werden können, scheinen kaum nachrangigere Adelstitel und damit auch zugleich keine so fein ausdifferenzierten feudalen Strukturen zu existieren, wie sie unter uns Menschen verbreitet waren oder in Teilen noch immer sind. Elfische Junker, Herzöge oder Pfalzgrafen sind daher nicht bekannt.
2.Die Untertanen sind gegenüber ihrem Monarchen weisungsgebunden. Insbesondere Tolkiens Schilderungen der Gegebenheiten an Thranduils Hof ist klar zu entnehmen, dass den Befehlen, die ein König erteilt, Folge zu leisten ist – genauso wie es auch unter menschlichen Vorzeichen der Fall wäre. Offenbar kommt es vor allem bei besonders weitreichenden Entscheidungen – beispielsweise einer Kriegserklärung oder dem beabsichtigten Eingreifen in einen militärischen Konflikt – durchaus zu Situationen, in denen ein ernst zu nehmender Teil der Untertanen sich dem Willen des Monarchen widersetzt. Es spricht vieles dafür, dass diese Spannungen mehrheitlich gewaltfrei abgebaut werden, wobei unterschiedliche Strategien zum Einsatz kommen: Der Monarch versucht, entsprechende Überzeugungsarbeit bei jenen Untertanen zu leisten, die an der Weisheit seiner Entscheidung zweifeln, die Zweifler leisten eine Art passiven Widerstand und beteiligen sich schlicht und ergreifend nicht an der Umsetzung des vom Monarchen ausgegebenen Befehl oder – falls die Kluft zu tief ist – die Zweifler spalten sich vom Rest ihrer Nation ab und suchen im Zuge einer gemeinsamen Auswanderung anderswo ihr Glück. [Christiansen: Und selbstverständlich kommt es nie vor, dass ein Elfenkönig aufmüpfige Untertanen einfach von seinen Getreuen einen Kopf kürzer machen lässt. Plischke: Da oben steht doch »mehrheitlich« und nicht
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