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Alles über Sally

Alles über Sally

Titel: Alles über Sally Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Geiger
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Schaden.
    Alfred steckte die Fingerspitzen in die vorderen Hosentaschen, mit hochgezogenen Schultern sagte er:
    »Ich glaube, eine Gasexplosion ist besser zu verkraften, vorausgesetzt, man kommt persönlich nicht zu Schaden.«
    »Das sehe ich nicht so«, widersprach Sally. Sie machte die Betten frei und schüttelte die Polster aus. »Bei einer Gasexplosion wäre alles weg. Wir kommen mit dem aus, was noch da ist.«
    Alfred beharrte darauf.
    »Diese blinde und dumme Zerstörungswut macht mich ganz fertig.«
    »Was an einer Gasexplosion weniger blind und dumm sein soll, musst du mir noch erklären«, gab Sally zurück.
    Ihre Stimme hatte eine Spur von Gereiztheit, sie bedauerte es und ging hinaus auf den Flur, um so dem Ansturm von Hilflosigkeit standzuhalten. Hinter ihr drängte Erik auch Alfred zur Tür.
    »Genug gesehen«, sagte er. »Morgen wird alles noch genauso daliegen wie jetzt.«
    »Das ist zu befürchten«, knurrte Alfred.
    Er ließ einige grobe Wörter im Schlafzimmer zurück. Er schien wieder von Mordlust erfüllt, er sah aus wie ein Besessener auf der Suche nach jemandem, den er niederstechen kann.
    Auch bei Sally war die Gesamtwirkung von einer ungewöhnlichen Wucht. Trotz der Widerstandskraft, über die sie verfügte, traten ihr Tränen in die Augen. Von Nadja, die es bemerkte, wurde sie mit rauer Befangenheit umarmt.Sally war überrascht von der Fürsorglichkeit dieser sonst immer so nüchternen Frau, sie legte ihren Kopf an Nadjas Hals und spürte, dass sich dort eine Sehne bewegte. Einen Augenblick lang stand es Sally frei, ob sie weinen wollte oder nicht. Sie entschied sich dagegen.
    Abrupt löste sie sich aus Nadjas Umarmung, zwei Sekunden lang schaute sie zur Decke, damit die Tränen rückwärts fließen konnten. Dann sagte sie:
    »Dabei wäre ich wie geschaffen für ein sorgloses Leben.«
    »So geht’s mir auch«, sagte Erik.
    Sally warf rasche Blicke in die Kinderzimmer, anschließend stieg sie zu ihrem Zimmer im Dachboden hoch, über den steil nach oben gewinkelten Treppenstich, der die Einbrecher offenbar so erschöpft hatte, dass anschließend keine Kraft mehr vorhanden gewesen war, um das Verheerungswerk fortzusetzen. Im Abstand von einer halben Stunde seit der Ankunft bekam Sally hier erstmals wieder Boden unter die Füße. Hier hatte sie eine Idee davon, dass die Angst und die Wut, die sie den ganzen Tag über empfunden hatte, vorübergehen würden. Hier war bereits alles wieder friedlich, die Schildkröten hatten sich mit einer ins Aquarium geworfenen Bierdose gut angefreundet, das Männchen lag in der kleinen Höhlung zwischen der Rundung der Dose und dem sandigen Boden. Eine nahe Wasserpflanze schien ihre Fühler nach der Öffnung des neuen Möbelstücks auszustrecken. Die Folgen des Einbruchs waren gut integriert; doch weil sich die Schildkröten an den scharfen Kanten verletzen konnten, hob Sally die Dose heraus.
    Zurück im ersten Stock empfing Erik sie mit den Worten, dass es Zeit für ein Gläschen sei. Er stand weiterhin in der Schlafzimmertür, beide Unterarme gegen den Türstock gestemmt. Aus seinen kieselfarbenen Augen sah er zu Sally herüber, mit festem, ungezwungenem Blick. Er stieß sich von der Tür ab, ging zum Treppenabsatz und drehte sich dort um zur Vergewisserung, dass ihm die anderen folgten.
    »Mir nach!« sagte er.
     
    Mit einem abgeschlossenen Studium der Chemie war Erik Aulich bei der UNO gelandet. Doch weil ihm sein Fach keine Aussichten geboten hatte, in Entscheidungen eingebunden zu werden, hatte er zusätzlich das studiert, was ihm seine Vorgesetzten vorausgehabt hatten, Rechtswissenschaften. Seither verlor sich seine berufliche Spur auch für Nadja. Sie beteuerte, Erik sei von zuverlässiger Kommunikationsdisziplin, sie wisse nur, dass er für das Innenministerium arbeite, Export-Kontrolle, dafür zuständig, dass Hightech-Hardware nicht in die Hände von bösen Buben gelangt. Die Abteilung habe ganz wenige Posten. Erik unterstehe direkt dem Minister oder einem ähnlichen Kaliber und arbeite weitgehend unabhängig. Deshalb könne er kommen und gehen, wie es ihm gefalle, Touren, Ausflüge, Mittagessen und so weiter.
    Offenbar gehörte Erik zu den seltenen Menschen, denen es Vergnügen bereitete, über ihre Arbeit nicht zu reden, trotz der Beteuerung, sich keine andere Tätigkeit zu wünschen. Er war ein gutaussehender Mann, kantige Gesichtszüge, kurzgeschorenes Haar, seine tiefe Stimme passtezum Beständigen, das von ihm ausging, er war geradlinig und

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