Alles was du wuenschst - Erzaehlungen
Lavendel überwuchert, der noch nicht blühte. Am Endes des Weges hatte jemand einen Pullover über den Torpfeiler geworfen, der sich, wie sie beim Nähertreten aus den Augenwinkeln bemerkte, zu bewegen schien. Catherine sah genauer hin. Von der Betonkugel tänzelte, tröpfelte ein schwarzsamtener Schwarm. Klumpen von Bienen fielen von den schartigen Kanten herab oder krochen wieder den Pfeiler hinauf, um sich von Neuem der Masse anzuschließen. Es war, als ergieße sich eine zähe Flüssigkeit, um sich gleich darauf wieder zu sammeln; wie Honig, der ins Glas zurücktropft.
»Bienen«, sagte sie zu Phil, der stocksteif stehen blieb, als sie nach vorn ging, um sie näher in Augenschein zu nehmen. Dann bückte sie sich, um eine herabfallende Bienentraube aufzufangen und wieder auf den Pfeiler zu setzen.
»Du lieber Himmel«, hörte sie ihn hinter sich sagen. Die Bienen fühlten sich gleichzeitig rau und weich an, und als sie sie in das Gewirr schwarzer Flügel schütteln wollte, klammerten sich die winzigen Beinchen an ihre Fingerspitzen. Sie betrachtete die Bienen so lange, bis sie sie nicht mehr voneinander unterscheiden konnte. Dann begann sie zu weinen.
Aber nicht deswegen schämte sie sich, als Phil Brogan schließlich genervt war und sie zum Hotel zurückbrachte. Sie schämte sich wegen der Empfindungen, die sie gehabt hatte, als sie vom Grab ihrer Mutter zurückgetreten war. Jene Leichtigkeit – es war Begehren gewesen. Und es war allumfassend. Der Geruch der Luft, der Erde und des
Grases; eigentlich hatte Tom sie mit seinen Armen nicht gestützt, sondern dafür gesorgt, dass sie an der Haut der Erde haften blieb. Ihr war, als könnte sie alles und jedes vögeln: die Seen von Killarney und die Wolken, die über diese dahinjagten, die piekfeinen Hotels samt Morgenmänteln aus Waffelpikee, den Geruch einer pinkfarbenen Rose, die in der Dunkelheit grau wirkte, und den ganzen wunderschönen Monat Mai. Sie konnte in alledem baden, es verschlingen, es auf jede erdenkliche Weise in sich hineinstopfen.
Alles und jedes, bis auf diesen unangenehmen Mann, der sich mit den Konsequenzen seines Tuns nicht abfinden konnte, der vor ihrem Hotelzimmer stand und sagte: »Wie wär’s mit’nem Absacker? Sie müssen es ganz schön mit der Angst zu tun bekommen haben.«
Catherine sah ihn an. Sie wusste nicht, wo die Luft aufhörte und ihre Haut begann.
»Lieber nicht«, antwortete sie.
Schnappschüsse
Worte verderben es. Es hört sich albern an.
Als er mir den Ring zeigte, lachte ich nur. Ich weiß nicht, wie es ist, verliebt, geschweige denn, verheiratet zu sein. Ich dachte: »Was soll ich bloß sagen?« Ich wollte seinen Kopf in meinem Mantel begraben. Ich wollte ihn in meinen Mantel wickeln und ihn unter den Arm klemmen. Aber dafür ist er viel zu groß.
»Wieso denn gerade jetzt?«, fragte Sarah auf der Arbeit – dieses Biest.
»Weil«, sagte ich.
»Weil«, antwortete sie. »Weil ihr einfach eben mal heiraten wollt.«
»Ja.«
»Aber das ist doch wunderbar.«
Später – betrunken, natürlich – lehnt sie sich auf ihrem Stuhl zurück und fragt: »Der steht wohl auf Kummer, was?«
»Offenbar.« Doch im Geiste sage ich mir später, Tage später: »Kummer interessiert ihn nicht die Bohne, Sarah. Den holt er sich nicht ins Haus.«
Mal verbringe ich die Nacht bei ihm, mal bleibe ich zu Hause. Dieses ständige Hin und Her lässt uns ganz schön
ungeduldig werden, Zahnbürsten, die sich vermehren, das Höschen, das ich, ob sauber oder getragen, ständig in meiner Tasche mit mir herumtrage. Aber ich weiß immer noch nicht, wie es ist, verliebt zu sein. Ich weiß nur, es ist etwas anderes, als verheiratet zu sein. Momentan scheint mir verheiratet zu sein mehr zu bedeuten. Und natürlich weniger. Vor allem aber mehr.
Sarah auf der Arbeit, ich kann nicht aufhören, an Sarah auf der Arbeit zu glauben, nur weil ich heiraten werde, nur weil sie eifersüchtig ist. Hier ist eine Beschreibung von Sarah: Sie hat rotblonde Haare, deren Farbe wie ausgewaschen aussieht, zarte Knochen und feine Gesichtszüge. Sie verblasst ins Weiße. Von Männern wird sie alle Augenblicke beleidigt.
Zu Hause knabbere ich meinem Verlobten am Ohr. Manchmal stelle ich mich hinter ihn und kaue an seinen Rückenmuskeln. Oder ich schlage, wenn er sich hinsetzt, meine Zähne in die Innenseite seines Oberschenkels, entlang der Naht seiner Jeans. Wenn ich ihm wehtue, liest er Zeitung. Wenn er lacht, gehen wir ins Bett. Häufiger jedoch gehen wir nicht
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