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Alles was du wuenschst - Erzaehlungen

Titel: Alles was du wuenschst - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Enright
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greift sich eine alte Geburtstagskarte, eine Einkaufsliste, dann Franks Steuerbescheid, und dann legt sie alles wieder zurück an seinen Platz. Sie trägt Schwarz und Schmuck. Ich habe das Gefühl, mich umziehen zu müssen, damit sie sich nicht deplatziert vorkommt, aber dafür ist es jetzt zu spät.

    Frank hat eine Schale Oliven auf den Tisch gestellt, die sie aber nicht anrührt. Es ist alles ein bisschen komisch. Als sie zur Tür hereinkam, rief sie »Küsschen!«, als kenne sie ihn schon seit Jahren. Aber angeschaut hat sie ihn immer noch nicht. Sie greift sich Zettel und betatscht irgendwelche Sachen. Sie sieht auf die Uhr.
    »Eheglück also, Frank«, sagt sie.
    »Ähä«, antwortet Frank.
    »Was heißt hier ›ähä‹?«
    »Nun, es ist … Ich weiß auch nicht«, sagt Frank. »Es ist ein ziemlicher Aufwand.«
    Hinter seinem Rücken wirft sie mir einen schelmischen Blick zu. Er kommt mit den Dips und Brotscheiben an den Tisch. Sie blickt ihn an. Sie mustert ihn durchdringend, und ihre Augen verschleiern sich.
    Er stellt das Essen auf den Tisch.
    »Ist er nicht ein Schatz?«, fragt sie, und ich möchte nicht mehr, dass Frank kocht. Es lässt ihn albern aussehen. Ich folge ihm zur Küchentheke. »Nix da, Finger weg!«, sagt er und schubst meine Hand von den säuberlich aufgereihten Gemüsebeilagen weg.
    »Na, Süße«, frage ich, »wann wird denn dein Kerl mal aufkreuzen?«
     
    Während des Abendessens reden wir über Sex.
    Wir sind alle ziemlich schnell betrunken, nur Frank nicht, weil der sich ums Essen sorgt. Doch als alles serviert ist, was es zu servieren gibt, betrinkt auch er sich. Zack. Auf seinen Wangen prangen zwei von der Nase ausgehende rote Flecken.

    Sarahs Typ sitzt gekrümmt da, eingemummt in ein T-Shirt, irgendwas Gestricktes und ein Jackett, das er nicht ablegt, weswegen ich seinen Körper nicht beurteilen kann, aber seine Hände sind sehr klein und unangenehm. Er langt nach seinem Teller und nimmt sich mit fettglänzenden Fingerspitzen kleine Stücke.
    Fiach heißt er also. Er arbeitet halbtags für seinen Vater, macht Fotos und möchte in die Werbung, am liebsten aber Kurzfilme drehen, bla, bla, man kennt die Sorte. Wenn er den Kopf wendet, kann man das Ende eines Tattoos sehen, das unter seinem Haar zum Vorschein kommt.
    Sarah allerdings scheint ganz verrückt nach ihm zu sein. Sie himmelt ihn an, dann wird sie verlegen und blickt auf ihren Teller nieder. Ich frage mich, was er wohl im Bett mit ihr anstellt. Oder mit sich anstellen lässt.
    Dann reden wir alle gleichzeitig. Ich sage, die wahren Internetpornos seien die Immobilienseiten aus Frankreich. Ein Haus in der Auvergne für vierzehn Riesen, das sei doch reinste Pornografie. Sarah versucht, ihre italienische Trampergeschichte zu erzählen, und Fiach spricht über den ersten Pornoladen, den er in London besucht hat und wo die Weiber in den Magazinen wie Hausfrauen aussahen, aufgetakelt mit Wäscheklammern und Gummihandschuhen der Marke Marigold.
    Erstaunlich. Wir sind Leute, die Sex haben. Frank füllt die Gläser, und ich sehe alles vor mir ausgebreitet. Paare. Ich betrachte den Rest meines Lebens und verzweifle.
    Mittlerweile sind alle aus dem Häuschen und reden aufgeregt von ihren Lieblingsmacken: von Politikern, die sich Sachen in den Hintern schieben, von lesbischen
Journalistinnen, von einem Filmstar, der buchstäblich auf eine schöne Schwarze geschissen hat. Letzteres kam von Sarah.
    »Ach, komm«, sagt Frank.
    »Komm, was?«
    »Das ist doch bloß, weil’s’ne Schwarze ist.«
    »Eben.«
    »Ich meine, die Geschichte gibt’s doch nur, weil’s’ne Schwarze ist.«
    »Ach, Frank«, sagt Sarah. »Ach, du armer Junge.« Und sie drückt seinen Unterarm.
    Da steht Frank auf und geht zur Küchentheke, und es herrscht Schweigen am Tisch. Er kehrt mit den Kaffeetassen zurück und sagt zu Fiach: »Letzten Monat hab ich im Duty-free-Shop nach einer Kamera gesucht, aber die Teile hatten alle so’n Dings dran und Autofokus. Wie für Idioten.«
    Sarah prustet in ihr Weinglas und lacht und lacht. Fiach schaut sie an und sagt: »Vergiss es. Ich hab mit’ner gebrauchten Olympus angefangen. Stinkeinfach. Klasse Gerät.«
    »Olympus«, wiederholt Frank, doch bevor Fiach sich von ihr abwenden kann, sagt Sarah: »Fiach macht gerne Schnappschüsse. Nicht wahr, Fiach?«
    Dann ist sie an der Reihe aufzustehen. Sie verlässt das Zimmer, und die beiden Jungs unterhalten sich weiter über Kameras. Sie kommt nicht wieder. Ich glaube, sie hat die

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