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Alles was ich sage ist wahr

Alles was ich sage ist wahr

Titel: Alles was ich sage ist wahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Bjaerbo
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schon ganz schön erstaunlich ist. Was alles so im Laufe eines Tages passieren kann. Gestern: alles wie gewohnt. Heute: neuer Job und neues Zuhause. Da kann man mal sehen! Dann denke ich noch ein bisschen an Siri und Ellen und an Sofia, die ich noch nicht getroffen habe, von der ich aber schon ein Foto an ihrem Personalspind gesehen habe. Siri hat mir gesagt, sie wäre einundzwanzig. Ellen ist wahrscheinlich jünger, sie könnte im Frühjahr Abi gemacht haben und ist zu Hause geblieben, während alle anderen nach Asien geflogen sind, um sich selbst zu finden, oder sich sofort aufs Medizinstudium gestürzt haben, um fertig zu werden, ehe sie graue Haare haben. Wie alt Sofia ist, weiß ich nicht, aber auf dem Foto sah sie erschreckend reif aus. Zwanzig?
    Ich finde es nicht schlecht, dass meine neuen Kolleginnen älter sind als ich. Old people sind genau das, was ich momentan in meinem Leben brauche. Wie meine steinalte Mitbewohnerin und die potenziellen großen Schwestern, die schlaue Dinge sagen und mir mit weisen Tipps auf die Sprünge helfen.
    Hoffentlich wollen sie mich irgendwann adoptieren. Ich glaube, ich verfüge über ein großes Potenzial als kleine Schwester.
    * * *
    »Willst du nie wieder bei uns wohnen?«
    Die Zitterstimme meines besten kleinen Bruders am Telefon. Das ist wie tausend Nadelstiche direkt ins Herz. Mein Potenzial als große Schwester: äußerst mangelhaft.
    »Magst du mich nicht mehr?«
    »Süßer«, sage ich und es brennt höllisch im Hals. »Und wie ich dich mag. Mehr als alles andere auf der Welt.«
    »Und warum bist du dann ausgezogen?«
    »Ich bin ja gar nicht richtig ausgezogen«, sage ich. »Ich wohne nur eine Weile bei Oma, dann komme ich wieder nach Hause.«
    »Wie lange ist eine Weile?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Wenn der Weihnachtsmann das nächste Mal Lego bringt, bist du dann wieder bei uns?«
    Bis Weihnachten sind es noch drei Monate. Olle schnieft leise in den Hörer.
    »Ja«, sage ich. »Bis der Weihnachtsmann kommt, bin ich auf alle Fälle wieder zu Hause.«
    »Versprochen?«
    »Fest versprochen.«
    * * *
    Mein Potenzial in der Cafébranche scheint hingegen unerschöpflich, darüber herrscht kein Zweifel. Ich bin das reinste Naturtalent. Nach nur vier Tagen habe ich alles gelernt, was man wissen muss, stehe solo an der Kasse und kassiere Riesensummen Geld für die Milliarden Kuchen und Salate und Caffè Latte und Pies, die affenschnell über den Tresen wandern und swosh! auf den Tischen der Gäste landen. Torsten verschlägt es schier die Sprache vor Bewunderung, als er vorbeischaut, um die Lage zu checken.
    »Da hast du tatsächlich nicht gelogen«, sagt er.
    »Ich lüge nie«, sage ich mit meinem charmantesten Lächeln. »Aber was meinen Sie?«
    »Dass du schnell lernst. Das stimmt tatsächlich.«
    Ich nicke demütig.
    »Ich hab’s ja gesagt: Alles, was ich sage, ist wahr.«
    Außerdem macht mir alles Spaß, weil es so neu für mich ist. Zwischendurch bin ich mir selbst fast unheimlich, weil ich mit alles wirklich alles meine. Als Ellen mir gezeigt hat, wo der Wischmopp steht und wie ich die Toilette nach dem Schließen putzen muss, war meine spontane Reaktion: Super, gerne! Und als Siri mir streng eingetrichtert hat, dass die Espressomaschine jeden Tag supergründlich gereinigt werden muss, dachte ich nicht: Oh nein! (was typisch für mich gewesen wäre), sondern: Klasse! (Hirnwäsche?) Das sieht mir gar nicht ähnlich. Aber selbst Kasse abrechnen finde ich okay. Seit wann finde ich irgendwas okay, was mit Zahlen zu tun hat?
    »Mein Gott«, sagt Ellen. »Du musst wirklich von der Schule angenervt gewesen sein.«
    Der einzige Stimmungsdämpfer im Kaffee & Träume ist Sofia. Es ist gar nichts Konkretes an ihr auszusetzen (sie hat einen Kopf, zwei Arme, zwei Beine an einem normalen Körper, normale Klamotten und Schuhe), aber der Funke springt irgendwie nicht richtig über zwischen uns. Ich vermute, es liegt daran, dass sie so humorlos ist. Diese Vermutung basiert auf der Tatsache, dass sie über keinen meiner Scherze lacht, was ziemlich merkwürdig ist, da ich die ungekrönte Königin der Scherze bin. Siri und Ellen krümmen sich über meine Witze. Sofia verdreht bloß die Augen, geht weg und tut was Nützliches wie einen Tisch abwischen oder frischen Kaffee aufsetzen. Kein Wunder, dass es da nicht richtig funkt. Schade eigentlich. Für sie.
    * * *
    »Siehst du, wie ordentlich ich meine Schuhe auf das Schuhbord gestellt habe?«, sage ich zu Oma.
    Ich zeige mit einer

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