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Alles was ich sage ist wahr

Alles was ich sage ist wahr

Titel: Alles was ich sage ist wahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Bjaerbo
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mir das Telefon!«, fauche ich sie an und greife nach dem Hörer. »Ich will selber mit Oma reden.«
    Mama sieht mich mit irrem Blick an.
    »Das kann ich mir vorstellen. Aber jetzt rede ich grade mit deiner Großmutter. Du musst dich noch ein wenig gedulden.«
    Ich soll mich gedulden, sagt sie.
    »Fass dir an die eigene Nase«, sage ich.
    Oma ist diejenige von uns, die eindeutig am elegantesten mit der Situation umgeht. Nach einer Weile hat sie es geschafft, Mama so weit zu beruhigen, dass sie wieder ansprechbar und bereit ist, den Hörer an mich weiterzugeben.
    »Hallo, Oma«, sage ich.
    »Hallo, mein Mädchen«, sagt sie.
    »Tut mir leid. Es war nicht geplant, den geballten Wahnsinn ungefiltert und ohne Vorwarnung bei dir abzuladen.«
    »Das macht nichts. Ich kann mit dem, was du den geballten Wahnsinn nennst, ganz gut umgehen. Immerhin ist deine Mutter meine Tochter.«
    »Bist du da wirklich ganz sicher? Ihr seid euch nicht sehr ähnlich.«
    Oma lacht.
    »Ist das wahr?«, fragt sie dann. »Dass du bei mir wohnen willst?«
    »Alles, was ich sage, ist wahr.«
    Als Oma darauf nichts erwidert, hake ich nach.
    »Dürfte ich das? Eine Weile bei dir wohnen?«
    »Ja«, sagt Oma ganz selbstverständlich. »Das dürftest du.«
    Habe ich schon erwähnt, dass ich sie vergöttere?
    »Ich habe mit deiner Mutter gesprochen«, sagt sie weiter. »Du könntest eine Zeit lang auf dem Schlafsofa schlafen, wenn du willst. Wenn du glaubst, dass du das jetzt brauchst.«
    »Yes!«
    »Aber dann musst du dich an meine Regeln halten! Kein Rumgerenne bis spät in die Nacht. Und du musst deine Sachen ordentlich wegräumen, damit ich nicht stolpere!«
    »Ja, klar.«
    »Und ich will nicht, dass du von meinem Telefon irgendwelche Handys anrufst, das ist zu teuer. Ich möchte nicht, dass meine Telefonrechnung explodiert, weil ich dich ins Haus gelassen habe!«
    Ich kichere. Wahrscheinlich wird sie das nicht mehr kapieren, obwohl ich ihr schon tausendmal erklärt habe, dass es gar nicht mehr so teuer ist und man vom Festnetz Handys anrufen kann, ohne bankrottzugehen. Sie hat für sich abgespeichert, dass es schon ein Vermögen kostet, nur an Mobiltelefone zu denken.
    »Der Unterschied ist gar nicht mehr so groß«, setze ich an, aber den Rest schlucke ich runter. »Okay«, sage ich stattdessen. »Keine Anrufe auf Mobiltelefone. Versprochen.«
    »Und absolut kein Alkohol oder Drogen.«
    »Mein Gott, Oma. Du weißt genau, dass ich mich mit so was nicht abgebe. Nur Loser müssen sich besaufen oder zukiffen, ich habe auch so meinen Spaß.«
    »Ja, ja.«
    Ich höre ihrer Stimme an, dass sie lacht.
    »Wann darf ich kommen?«, frage ich.
    »Ich kann dir das Bett jetzt beziehen, wenn du willst.«
    * * *
    In Omas Wohnung riecht es nach Zeitung und ganz schwach nach Zitrone. Fast alle Möbel sind blau, Omas Lieblingsfarbe. Sie hat mir das Sofa im Wohnzimmer als Bett hergerichtet.
    »Hast du kein drittes Programm?«, frage ich sie und tippe auf der Fernbedienung für den Monsterfernseher in der Ecke. Erstes, zweites und viertes Programm finde ich, aber mehr nicht. Wir sehen nie fern, wenn ich zu Besuch bin, da trinken wir Saft und lösen Kreuzworträtsel oder die großen Probleme des Lebens. Die neue Erkenntnis ist schon ein ziemlicher Schock.
    »Drittes Programm?«
    »Kanal drei. Du weißt schon, der mit den Qualitätssendungen. Guckst du nie Topmodel? «
    Oma schüttelt energisch mit dem Kopf.
    »Ich bin über achtzig, Alicia.«
    »Und da guckt man nur noch Nachrichten, oder was?«
    »Nein, Quatsch!« Sie klingt, als hätte ich etwas völlig Absurdes gesagt. »Ich schaue auch Volksmusik in Skansen. Und Auf der Spur . Oder Sport.«
    »Sport?«
    »Ja, aber keinen Fußball. Ich mag nur Leichtathletik und Ski. Charlotte gefällt mir besonders gut.«
    »Charlotte?«
    »Die Skiläuferin. Wie heißt die noch gleich?«
    Ich habe nicht den leisesten Schimmer.
    »Kalla! Charlotte Kalla heißt sie. Die mag ich. Die ist immer so fröhlich.«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Ich bin auch immer fröhlich«, sage ich. »Fast immer, jedenfalls.«
    Das scheint Oma sehr lustig zu finden, jedenfalls lacht sie, dass ihr Kreuzworträtselsessel wackelt.
    »Mein Mädchen«, sagt sie und sieht mich mit ihrem liebsten Omablick an. »Schlaf gut.«
    * * *
    Die Decke, die Oma für mich bezogen hat, ist schwerer als meine Decke zu Hause. Das ist schön, ich mag es, dass sie mich sicher auf dem Sofa hält. Die Jalousien sind runtergezogen.
    Bevor ich einschlafe, denke ich, dass das Leben

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