Alles, was ich will, bist du
gedacht hatte. Inzwischen wünschte sie sich, dass Roccos Männer ihn finden würden. Denn nur dann wüsste sie, dass er in Sicherheit war. Dann konnte sie kämpfen, um ihn vor Roccos Zorn zu schützen. Außerdem hätte Rocco dann endlich keinen Grund mehr, sie noch länger als Pfand für die Million an seiner Seite zu behalten.
Denn mehr war sie nicht für ihn: ein Spielzeug, eine bequeme Bettgefährtin.
Versteinert starrte sie aus dem Fenster. Als das Flugzeug abhob, klammerte sie ihre Hände um die Armlehnen, aber sie zeigte Rocco ihre Furcht nicht. Ab jetzt werde ich auf meine Gefühle aufpassen! schwor sie sich.
Zu viele Menschen in ihrem Leben hatten sie verletzt und unsichtbare Narben zurückgelassen: ihr Vater, an den sie sich kaum erinnern konnte, ihre Mutter, ihre Großmutter, ihr erster Freund. Ihr ganzes Leben lang war sie von jedem Einzelnen verlassen und zurückgewiesen worden. Steven war die einzig feste Bindung, die sie je gekannt hatte. Sie musste stark sein, damit sie ihn verteidigen konnte.
Und letztendlich konnte sie nur sich selbst vertrauen. Je eher sie sich daran erinnerte, desto besser. Sie musste ihre Gefühle für Rocco in den Griff bekommen. Sie hätte nie zulassen dürfen, dass es überhaupt so weit gekommen war!
Eine Stunde später seufzte Rocco und fuhr sich mit allen zehn Fingern durch die Haare. Die Spannung zwischen Gracie und ihm war fast greifbar. Wenn sie weiter so hartnäckig aus dem Fenster starrte, würde sie sich noch den Nacken verrenken. Er versuchte, das unangenehme Gefühl zu verdrängen, dass er ihr Unrecht getan hatte.
„Gracie …“
Sie reagierte nicht.
Rocco wusste nicht einmal, was er sagen wollte.
Es tut mir leid? Wie sollte er sich entschuldigen und an ihre Unschuld glauben, wenn er doch wusste, dass sie auf der Seite ihres Bruders stand? Er hatte ein Foto von den beiden gesehen. Sie hielten zusammen wie Pech und Schwefel. Und sie trug einen brandneuen Ausweis bei sich.
Noch einmal sah er zu ihr. Jetzt erkannte er, wie regelmäßig ihr Atem ging. Aber ihre Haltung sah äußerst unbequem aus. Wendete sie sich selbst im Schlaf noch von ihm ab?
Er fluchte leise, schob die Papiere vor sich zur Seite, auf die er sich sowieso nicht konzentrieren konnte, und stand auf.
Vorsichtig beugte er sich über ihre blassen Wangen.
Ja, sie schlief tief und fest. Die langen, dichten Wimpern betonten ihren fast durchscheinenden Teint. Sein Atem stockte, als er eine salzige Träne auf ihrer Wange sah. Sein Inneres krampfte sich schmerzhaft zusammen. Sie hatte geweint!
Wieder fluchte Rocco. Er löste ihren Gurt, hob sie ganz sanft aus ihrem Sitz und trug sie zu einer Kabine. Im Halbschlaf murmelte sie etwas Unverständliches.
„Pscht, du bist eingeschlafen“, flüsterte er zärtlich. „Ich mache es dir nur ein bisschen bequemer.“
Sie war zu schläfrig, um sich zu wehren. Und sie wollte es auch gar nicht. Sie fühlte sich so sicher in Roccos Armen. Sie wusste, sie sollte irgendwie gegen ihn ankämpfen, aber sie konnte einfach nicht die Energie dazu aufbringen.
Sie spürte, wie er sie auf etwas Weichem ablegte und eine seidige Decke über sie breitete. Ihre Schuhe wurden ausgezogen. Und dann nahm sie eine hauchzarte Berührung auf der Stirn wahr. Ein Kuss?
Viel später wachte sie auf. Im ersten Augenblick wusste sie nicht, wo sie war. In ihren Ohren dröhnte ein seltsames Geräusch. Ganz langsam begriff sie, dass sie sich in einem Flugzeug befand. Sie setzte sich auf und sah sich um. Sie war in einem Schlafzimmer . In einem Flugzeug!
Hastig schlug sie die Decke zurück und schaute aus dem Fenster. Tief unter ihr erstreckten sich schneebedeckte Berggipfel. Bei dem Anblick stockte ihr Atem. Sie stand auf, reckte und streckte sich und versuchte sich zu erinnern, wie sie in das Bett gekommen war.
Sie hatte in Roccos Armen gelegen. Hatte er sie geküsst? Sie runzelte die Stirn. War das vielleicht nur ein Traum gewesen?
Wieder versuchte sie, ihren Ärger zu beleben, aber plötzlich verstand sie Rocco. Wie sollte er ihr vertrauen? Steven hatte ihm eine Million Euro gestohlen, und er wusste, wie sehr sie ihren Bruder liebte. Sie verteidigte ihn sogar immer noch!
Warum kann nicht alles ganz anders sein? dachte sie verzweifelt, aber dann schob sie den Gedanken tapfer zurück.
Neben dem Schlafzimmer fand sie ein komplett eingerichtetes Bad mit flauschigen Handtüchern, Badewanne und Dusche. Gracie nutzte die Gelegenheit und stieg unter die Dusche.
Als sie zurück ins
Weitere Kostenlose Bücher