Alles, was ist: Roman (German Edition)
sollten besser reingehen.«
»Ja. Komm mit«, bat sie.
»Ich komme schon.«
Sie waren kaum im Haus, als sich ein neuer Blitz entlud. Der Donner schien direkt über ihnen. Anet kam von der Straße, wo sie abgesetzt worden war, zum Haus gerannt und zur Küchentür herein. Sie hatte Angst.
»Du hättest im Wagen bleiben sollen!«
Es war Nacht geworden. Es war fast völlig dunkel. Sie saßen zusammen im Wohnzimmer und hörten neben dem Donnergrollen das deutliche Prasseln von Regen. Bald herrschte ein richtiger Sturm. Es goss in Strömen. Plötzlich ging das Licht aus.
»Oh mein Gott.«
»Sind wir hier auch sicher?«, rief Anet.
Dann folgte ein lautes, gewaltiges Krachen, das Zimmer wurde erhellt, als ein Blitz direkt neben dem Haus einschlug. In dem Moment konnte er sie beide sehen, die Arme umeinander geschlungen, ihre weißen Gesichter.
»Nein, nein, hier sind wir sicher«, sagte er.
»Kann er hier reinkommen?«, rief Anet.
»Nein. Kann er nicht.«
Von Zeit zu Zeit, während der Regen niederprasselte, sah er sie im Licht der Blitze, die allmählich an Kraft verloren. Dann, fast abrupt, ließ der Regen nach. Der Donner war weiter entfernt. Die Erde schien ruhiger. Schließlich sagte Christine:
»Ist es vorbei?«
»Ich denke schon.«
»Wie lange, meinst du, werden die Lichter aus sein?«, sagte Christine.
»Wir haben Kerzen.«
»Wo?«
»In einer der Küchenschubladen«, sagte er. »Ich hol sie!«
Er fand eine und zündete sie an. Noch immer verängstigt saßen sie in dem schwachen Licht.
»Ich hatte Angst, der Blitz würde im Haus einschlagen«, sagte Anet. »Was, wenn er eingeschlagen wäre?«
»Meinst du, ob das Haus gebrannt hätte? Wahrscheinlich. Du hattest doch keine Angst?«, sagte er.
»Doch.«
»Na ja, jetzt ist es ja vorbei. Ich wurde während eines Sturms geboren.«
Sie war immer noch beunruhigt.
»Vielleicht bist du ja daran gewöhnt«, sagte sie.
Der Donner klang weich und fern.
»Ist das die einzige Kerze?«, sagte Christine.
»Es gibt noch einen Stumpen.«
Draußen war es Abend geworden. Nach einer Weile ging er nach oben, er wollte sehen, ob in den Häusern auf der anderen Seite des Teichs Lichter brannten.
»Nein«, sagte er, als er die Treppe herunterkam. »In der Stadt gibt es sicher Licht. Lasst uns reinfahren und etwas essen und hören, was los ist.«
Er traf sich in der Bibliothek des Century mit Eddins zu einem späten Lunch. Sie saßen an einem Tisch am Fenster und konnten, mehr oder weniger, auf die Straße hinuntersehen. Eddins trug Jackett und eine gelbe Seidenkrawatte. Er und ein Kollege kauften die Agentur – Delovet ziehe sich zurück, sagte er. Sie hatten sich auf einen Preis geeinigt und bei welchen Büchern Delovet weiter einen Teil der Provision bezog.
»Ich denke, die meisten Klienten werden wohl bleiben«, sagte er. »Wir haben nicht vor, den Namen zu ändern.«
»Nein, der wird noch in die Geschichte eingehen.«
»Na ja. So sieht’s aus, wir hoffen natürlich, dass alles glattgeht.«
»Warum zieht er sich zurück?«
»Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher. Vielleicht will er sich mehr dem Vergnügen widmen. Obwohl er das immer getan hat. Er ist mit so einigem durchgekommen.«
»Was ist aus der Schauspielerin geworden?«
»Dee Dee?«
Delovet hatte sich schließlich von ihr getrennt. Sie war eine Trinkerin geworden. Das letzte Mal, als Eddins sie sah, war sie auf einer Party eine Treppe runtergefallen. Du arme betrunkene Frau, hatte Delovet zu ihr gesagt. Sie war schon lange nicht mehr da. Delovet zog mit seinem Harem nach Frankreich.
»Reisen scheinen nie ihren Reiz zu verlieren«, sagte Eddins. »Aber es gibt zu viele Menschen. Zu viele Touristenbusse. Man kann nirgendwo parken. Ich weiß noch, als ich ein Junge war, lebten hundertdreißig Millionen Menschen auf dem Land. Ich erinnere mich noch an die Zahl, wir haben sie in der Schule durchgenommen. Es ging um etwas wie Rezitation, nein, das war etwas anderes. Die Welt war damals kleiner. Es gab zu Hause, es gab den Norden, und es gab Kalifornien – niemand war je in Kalifornien gewesen. Vincent«, sagte er und winkte einem Kellner. »Könnten Sie den kurz ins Eis stellen? Er ist ein wenig warm.«
Der Raum war leerer geworden. Sie hatten es nicht eilig. Eins von Eddins’ Büchern war auf der Bestsellerliste, und für ein anderes hatte er einen ansehnlichen Vorschuss bekommen.
»Dena wollte immer reisen«, sagte er. »Sie wollte so gerne den schiefen Turm von Pisa sehen. Sie wollte auf
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