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Alles, was ist: Roman (German Edition)

Alles, was ist: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was ist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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hieß es damals noch, kam sie nach der Jagd immer die Einfahrt hinaufgeritten und ließ alle Hunde ins Haus. Sie sprangen auf die Tische und aßen alles auf. Später dann, nachdem sie geschieden war, wurde sie etwas ruhiger.
    »Dann kennst du sie also?«
    »Oh ja.«
    Vivian aß mit Zurückhaltung, nicht wie ein Mädchen mit gesundem Appetit. Die Blumen, die Beatrice zur Seite gestellt hatte, bildeten einen opulenten Hintergrund für sie, die wie eine junge, heidnische Göttin ihren Sohn verzaubert hatte. Auch wenn es kein wirklicher Zauber war, konnte Beatrice nicht einschätzen, wie sehr er ihre Liebe brauchte und welche Formen dies annehmen würde – er war sich zumindest einer Sache sicher, dass er nie wieder jemand wie Vivian kennenlernen würde. Er sah sich bereits mit ihr, ausgebreitet zwischen den Laken und Gerüchen des Ehelebens, Mahlzeiten, Ferien, gemeinsame Zimmer, die flüchtigen Blicke, sie halbnackt, ihre helle Haut, das blasse Haar, dort, wo ihre Beine zusammenliefen, die sexuelle Fülle, die für immer da wäre.
    Als er seiner Mutter erzählte, dass er sie heiraten wolle, entgegnete Beatrice – auch wenn sie fürchtete, es könnte nicht stimmen –, wie verschieden sie beide wären, wie wenig Gemeinsamkeiten sie hätten. Sie hätten vieles gemeinsam, sagte Bowman ein wenig verstockt. Was sie gemeinsam hätten, wäre wichtiger als ähnliche Interessen – Einklang und wortloses Verständnis.
    Was Beatrice tief im Innern spürte, was sie aber nicht sagte, war, dass Vivian keine Seele hatte. Es zu sagen wäre unverzeihlich. So saß sie einfach schweigend da. Nach einem Moment sagte sie:
    »Ich hoffe, du überstürzt die Dinge nicht.«
    Im Herzen fürchtete und wusste sie Dinge, die man nicht sehen konnte, wenn man noch so jung war. Sie hoffte, dass mit etwas Zeit die Verliebtheit nachlassen würde. Sie konnte nur seinen Kopf voll Liebe und Verständnis an sich drücken.
    »Ich will nur, dass du glücklich bist, wirklich glücklich.«
    »Ich wäre glücklich.«
    »Ich meine tief im Innern.«
    »Ja, tief im Innern.«
    Es war Liebe, die Glut, in der alles andere erlischt.
    Im hinteren Teil eines Restaurants mit Namen El Faro, in dem man günstig essen konnte, sagte Vivian im Dunkel der schattigen Wände: »Louise würde es hier lieben. Sie ist verrückt nach Spanien.«
    »Ist sie schon mal da gewesen?«
    »Nein. Sie war nicht mal in Mexiko. Letztes Wochenende war sie mit ihrem Freund in Boston.«
    »Ihr Freund?«
    »Er heißt Ted. Sie sind in ein Hotel gefahren und die ganze Zeit nicht ein Mal aus dem Bett gekommen.«
    »So kannte ich sie gar nicht.«
    »Sie war so wund, sie konnte kaum laufen.«
    Das Restaurant war gut gefüllt, an der Bar drängten sich die Menschen. Jenseits des großen Fensters sah man auf der anderen Straßenseite im ersten und zweiten Stock der Häuser große, erleuchtete Räume, in denen vielleicht ein Paar leben mochte. Vivian trank ein zweites Glas Wein. Der Kellner schlängelte sich mit ihrer Bestellung auf einem Tablett zwischen den Tischen hindurch.
    »Was ist das? Paella?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »Und was ist da drin?«
    »Wurst, Reis, Muscheln, eben alles.«
    Sie begann zu essen.
    »Schmeckt gut«, sagte sie.
    Die vollen Tische und der Lärm der Gespräche schufen Intimität. Er wusste, dies war der Moment, er musste es irgendwie sagen.
    »Ich freue mich immer so, wenn du kommst.«
    »Ich mich auch«, sagte sie gleich.
    »Wirklich?«
    »Ja«, sagte sie. Sein Herz fing an wild zu schlagen.
    »Was würdest du davon halten«, sagte er, »wenn du hierherziehen würdest. Ich meine, wir wären natürlich verheiratet.«
    Sie hörte auf zu essen. Er wusste nicht, wie sie reagieren würde. Hatte er sich falsch ausgedrückt?
    »Hier drinnen ist es so laut«, sagte sie.
    »Ja, sehr laut.«
    »War das ein Antrag?«
    »Ich weiß, er war erbärmlich. Ja, das war ein Antrag. Ich liebe dich«, sagte er. »Ich brauche dich. Ich würde alles für dich tun.«
    Er hatte es gesagt, so wie er es geplant hatte.
    »Willst du mich heiraten?«, sagte er.
    »Wir müssen Daddy um Erlaubnis bitten«, sagte sie.
    Ein unbeschreibliches Glück stieg in ihm auf.
    »Natürlich. Ist das wirklich nötig?«
    »Ja«, sagte sie.
    Sie bestand darauf, dass er bei ihrem Vater um ihre Hand anhielt, auch wenn er, wie sie sagte, bereits viel mehr von ihr gehabt hatte.
    Der Lunch fand in Amussens Club in Washington statt. Bowman hatte sich sorgfältig darauf vorbereitet. Er war beim Friseur gewesen, er trug einen

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