Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alles, was ist: Roman (German Edition)

Alles, was ist: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was ist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
Vom Netzwerk:
passieren mochte, sie hatten es getan. Er fühlte nichts als Überschwang.
    Sie verbrachten die Nacht miteinander, als er sie noch im selben Monat in Washington besuchte und sie am nächsten Tag aufs Land hinausfuhren, um mit ihrem Vater zu Mittag zu essen. Er besaß eine Farm mit vierhundert Morgen Land namens Gallops, hauptsächlich Weideland. Das Haupthaus war aus Feldstein und stand auf einer Anhöhe. Vivian führte ihn herum, zeigte ihm das Gelände, den oberen Stock – und in gewisser Weise ihr Leben. Das Haus war unauffällig möbliert, ohne einem bestimmten Stil zu folgen. Hinter einer Couch im Wohnzimmer fielen Bowman ein paar getrocknete Hundeköttel auf, als wäre das Haus ein Schloss aus dem siebzehnten Jahrhundert.
    Der Lunch wurde von einem schwarzen Mädchen serviert, das Amussen sehr familiär behandelte. Ihr Name war Mattie, der Hauptgang wurde auf einem Silbertablett gebracht.
    »Vivian erzählt, Sie arbeiten in einem Verlag?«, sagte Amussen.
    »Ja, Sir. Ich bin Lektor.«
    »Verstehe.«
    »Es ist ein kleiner Verlag«, fuhr Bowman fort. »Aber mit einigem literarischem Renommee.«
    Amussen, der mit dem kleinen Finger an einem seiner Schneidezähne kratzte, sagte:
    »Was meinen Sie mit literarisch?«
    »Nun ja. Im Wesentlichen Bücher von Qualität. Bücher, die vielleicht ein langes Leben vor sich haben. Natürlich spreche ich hier vom oberen Segment. Wir verlegen auch andere Bücher. Um Geld zu verdienen oder es zumindest zu versuchen.«
    »Können wir etwas Kaffee haben, Mattie?«, sagte Amussen zu dem Mädchen. »Einen Kaffee, Mr Bowman?«
    »Danke.«
    »Viv, du?«
    »Ja, Daddy.«
    Das kurze Gespräch über den Verlag war ohne Nachhall geblieben. Es hatte keine Bedeutung, sie hätten genauso gut über das Wetter sprechen können. Bowman hatte im Bücherschrank im Wohnzimmer nur bekannte Titel gesehen, Buchclubausgaben mit unberührten Umschlägen. Es gab auch ein paar dunkle, ledergebundene Bände hinter Glas in einem Mahagonisekretär, Bücher, die von Generation zu Generation weitervererbt wurden, auch wenn sie niemand las.
    Beim Kaffee unternahm Bowman einen letzten Versuch, sich als Lektor ins rechte Licht zu setzen, aber Amussen wechselte das Thema und kam auf die Navy zu sprechen. Bowman war bei der Navy gewesen, richtig? Sie hatten einen Nachbarn am Ende der Straße, Royce Cromwell, der nach Annapolis gegangen war. Er war in derselben Abschlussklasse wie Charlie McVeigh, der Kapitän der Indianapolis . Bowman war ihm nicht zufällig in der Navy begegnet?
    »Nein, ich glaube nicht. Ich war nur Lieutenant. War er im Pazifik?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Es gab natürlich auch eine große Flotte im Atlantik, als Geleitzug für die Invasion. Hunderte von Schiffen.«
    »Davon weiß ich nichts. Das müssen Sie ihn schon selbst fragen.«
    Fast mühelos hatte er Bowman das Gefühl gegeben, sich in fremde Angelegenheiten eingemischt zu haben. Es war ein Essen, bei dem das Geräusch eines Messer oder einer Gabel auf einem Teller oder ein Glas, das auf dem Tisch abgestellt wird, die Stille noch unterstrich.
    Draußen auf dem Weg zum Auto bemerkte Bowman, wie etwas in langsamen, sich windenden Bewegungen im Efeubeet neben der Einfahrt verschwand.
    »Ich glaube, da war eine Schlange.«
    »Wo?«
    »Da. Im Efeu.«
    »Verdammt«, sagte Vivian. »Da legen sich die Hunde immer zum Schlafen hin. War sie groß?«
    Die Schlange war nicht gerade klein gewesen, sie war dick wie ein Gartenschlauch.
    »Sah ganz ordentlich aus«, sagte Bowman.
    Vivian sah sich um und fand einen Rechen, mit dessen Stiel sie wild im Efeu herumfuhr. Die Schlange war verschwunden.
    »Was war es? Eine Klapperschlange?«
    »Ich weiß nicht. Sie war groß. Gibt es hier denn Klapperschlangen?«
    »Allerdings.«
    »Du solltest besser da rauskommen.«
    Sie hatte keine Angst. Sie fuhr ein letztes Mal durch die dunklen, glänzenden Blätter.
    »Verdammtes Viech«, sagte sie.
    Sie ging zu ihrem Vater. Bowman stand da und blickte auf das dichte Efeu, er achtete auf jede Bewegung, sie hatte sich einfach hineingestellt.
    Auf dem Weg zurück hatte Bowman das Gefühl, einen Ort zu verlassen, an dem man nicht einmal seine Sprache verstand. Er wollte es gerade sagen, als Vivian eine Bemerkung machte.
    »Mach dir nichts aus Daddy«, sagte sie. »So ist er eben manchmal. Es lag nicht an dir.«
    »Ich glaube, ich hab keinen sehr guten Eindruck gemacht.«
    »Du solltest ihn mal mit Brian sehen, dem Mann meiner Schwester. Daddy nennt ihn Whyan , ›Why in

Weitere Kostenlose Bücher