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Alles, was ist: Roman (German Edition)

Alles, was ist: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was ist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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einige Barschecks, die Cook im Namen seines Vaters unterschrieben hatte. Der alte Mann wusste davon, hatte seinen Sohn aber noch nicht zur Rede gestellt. Seine Arthritis schmerzte, und jetzt, da seine Tochter invalide war und nicht mehr für sich selber sorgen konnte, überstiegen die Anforderungen des täglichen Lebens im Grunde seine Kraft. Das Land aber liebte er. Sie wohnten an einem weiten Feld, über dem man das Wetter sah, wenn die Sonne darüberwellte oder auch der Wind. In einer kleinen Bucht in der Nähe hatte er eine weiße Gans gesehen, die dort bei den Enten lebte. Wann immer ein Flugzeug über sie hinwegflog, schaute die Gans nach oben und fing an zu schnattern. Sie verfolgte es über den ganzen Himmel.
    Vivian schlief in dem unfertigen Zimmer, das ursprünglich als Arbeitszimmer für ihren Großvater vorgesehen war. Das erste Mal blieb sie zwei Wochen, sie kochte und ging mit ihrer Mutter zum Arzt und einmal in der Woche zum Friseur, um sie aufzuheitern. Sie war aufmerksam und teilnahmsvoll ihrer Mutter gegenüber, aber sie war ihres Vaters Kind. Ihr Vater hatte ihr das Reiten beigebracht, das Jagen und Tennisspielen. Sie hatte sich das alles viel mehr zu eigen gemacht als Beverly, und sehr wahrscheinlich liebte sie ihren Vater auch mehr. Er war ein Mann, der für so viele Dinge stand, ein wenig eigenwillig vielleicht, aber abgesehen davon alles, was man sich nur wünschen konnte.
    Auch wenn Caroline nicht mehr viel tun konnte außer zu murmeln, rollte sie doch immer mit den Augen, wenn Vivian Cook erwähnte. Es war eines der klareren Zeichen dessen, was sie fühlte. Auf ihrem Gesicht lag ein albernes Lächeln, und ihr Mund kämpfte mit jedem Laut, aber in ihren Augen lag ein Ausdruck von Wissen, Wissen und Verstehen. Tick, der schwarze Labrador von Warren Wain, lag friedlich zu ihren Füßen, sobald sich jemand näherte, klopfte er mit seinem kräftigen Schwanz auf den Boden. Wie der Rest des Haushalts hatte auch er schon bessere Tage gesehen. Er bewegte sich etwas steif, und seine Schnauze war weiß gefleckt, aber er hatte ein freundliches Gemüt. Cook, der sich selten rasierte und immer ein und denselben unförmigen Pullover trug, ging meistens mit ihm spazieren.
    »Wie kommen sie miteinander aus?«, fragte Bowman, als Vivian nach New York zurückkam.
    »Cook gibt das ganze Geld aus, und das Haus ist eine Ruine«, sagte Vivian.
    »Wie geht es deiner Mutter?«
    »Nicht sehr gut. Ich denke, dass sie dort nicht sehr lange bleiben kann. Sie können sich nicht wirklich um sie kümmern. Man muss ihr beim Anziehen helfen und auch bei anderen Dingen, na ja, du weißt schon. Ich muss wohl wieder runterfahren.«
    »Sollte sie nicht besser in eine Art von Heim?«
    »Ich mag die Vorstellung nicht, aber wahrscheinlich muss sie das.«
    »Kann Beverly nicht helfen? Sie wohnt doch viel näher.«
    »Beverly hat selber Probleme.«
    »Was? Die Kinder? Bryan?«
    Vivian zuckte mit den Achseln.
    »Mit der Flasche«, sagte sie. »Es liegt in der Familie.«
    Als sie wieder nach Maryland fuhr, waren sie sich einig, dass sie vielleicht ein paar Wochen länger bleiben musste, und als sie in Cornersville ankam, schien die Situation noch schlimmer geworden, warum, sollte sich bald zeigen. Das Bankkonto war überzogen, und der alte Mann musste etwas tun. In Pantoffeln und Bademantel ergriff er am Frühstückstisch schließlich das Wort, während Vivian gerade das Geschirr spülte.
    »Cook, hör mal. Ich muss mit dir reden.«
    »Ja?«
    »Ich muss dich das jetzt fragen. Hast du irgendwann einmal etwas in meinem Namen unterschrieben?«
    »Deinem Namen? Nein. Warum? Ich hab mit meinem Namen ein paarmal unterschrieben«, sagte er.
    »Nur ein paarmal?«
    »Zweimal. Oder vielleicht dreimal, das ist alles.« Er wurde unruhig. »Als du wegen Caroline zu beschäftigt warst.«
    »Wofür?«
    »Um zur Bank zu gehen«, sagte Cook.
    Wain saß ruhig da.
    »Weißt du, als ich in Frankreich war, während des Kriegs …«
    Er konnte sich kaum an den Krieg erinnern, in dem unfertigen Haus, am Tisch, seinem fehlgeschlagenen Sohn gegenübersitzend, er konnte es kaum mehr zusammenbringen, wie er von dort hierhergekommen war. Cooks Gesicht war gelangweilt und abwehrend.
    »Im Winter, wenn es kalt war«, sagte der alte Mann. »Da haben wir einen großen Kreis Benzin auf den Boden geschüttet und ihn angezündet, und dann sind wir hineingesprungen, um uns vor dem Fliegen aufzuwärmen. Die anderen fragten, warum wir das tun, ob wir nicht Angst hätten,

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