Alles, was ist: Roman (German Edition)
Sie eilte aus dem Haus, während Cook die Schubkarre vor der Haustür absetzte.
»Was ist passiert? Ist er verletzt?«, rief sie besorgt.
»Ich hab ihn draußen beim Schuppen gefunden«, sagte Cook.
Die Augen des Hundes waren geschlossen. Sie nahm seine Pfote.
»Ist er tot?«
»Ich glaube schon.«
»Du solltest vielleicht den Arzt rufen. Und Granddad Bescheid geben«, sagte Vivian.
Cook nickte.
»Er lag einfach so da«, sagte er.
Ihr Großvater kam nach draußen. Er trug einen alten Strohhut wie ein Anwalt vom Lande. Sie konnten Caroline im Haus undeutlich rufen hören. Wain strich über die Vorderpfote des Hundes, und dann, langsam, wie in Gedanken, fuhr er ihm sachte über das schöne schwarze Fell.
»Sollen wir Dr. Carter rufen?«, fragte Vivian.
»Nein«, sagte Wain. »Nein, das ist nicht nötig.«
Tränen rannen ihm über das Gesicht. Er schien sich ihrer zu schämen. Dr. Carter war der O-beinige Tierarzt, der auf dem linken Auge nicht mehr sehen konnte – er hatte einmal einen Schlag auf den Kopf bekommen. Er hielt eine Hand nach oben: »Die zum Beispiel kann ich nicht sehen«, sagte er.
Cook stand schweigend da, ohne jede Regung, wie seinem Vater schien. Er erinnerte sich, wie er als Junge gewesen war, mit Flausen, aber freundlich, und was nach und nach mit ihm geschehen war. Er hatte ein Bild vor Augen, was kommen würde. Cook, der mürrisch, wenn auch noch immer gutaussehend die Treppe herunterkommt, die Zwangsvollstrecker sind an der Tür, und er, mit den nackten Beine zuerst, in seinem grauen Paisleymorgenmantel, mit ungekämmtem silbernem Haar, müde und verstimmt, als hätte er Kopfschmerzen, ohne einen einzigen Penny, der übrig geblieben wäre.
»Und? Was wollen sie?«, würde er sagen.
Ohne jede Vorstellung, was er tun würde, mit Caroline, zusammengesunken in ihrem Rollstuhl, die längst aufgegeben hatte, dass jemand sie verstand.
11. Zwischenzeit
Am Anfang war es schwer, allein zu sein, verlassen worden zu sein. Die Kissenbezüge wurden schmutzig, er machte selber sauber. Er war wütend, gleichzeitig wusste er, dass sie recht hatte. Sie hatten ein Leben zum Schein geführt, und Vivian hatte im Grunde nicht wirklich etwas zu tun, den Haushalt eingeschlossen. Die Handtücher waren für gewöhnlich feucht, das Bett eilig zugedeckt, die Fenstersimse waren dreckig. Warum machte sie nicht etwas sauber?, fragte er wie nebenbei.
Sie weigerte sich zu antworten.
»Vivian, warum nimmst du dir nicht etwas Zeit und machst die Wohnung sauber?«
»Das war nie mein Ziel.«
Die Verwendung der Worte, was immer sie bedeuten sollten, ärgerten ihn.
»Dein Ziel. Was meinst du damit, dein Ziel?«
»Mein Ziel im Leben«, sagte sie.
»Ich verstehe. Und was ist dein Ziel im Leben?«
»Das sage ich nicht«, sagte sie.
»Und was ist meins?«
»Ich weiß nicht«, sagte sie abschätzig.
Er war aufgebracht. Er hätte den Tisch mit einem Hieb zertrümmern können.
»Herrgott. Was meinst du damit, du weißt es nicht?«
»Ich meine, ich weiß es nicht«, sagte sie.
Es war sinnlos, mit ihr zu reden. Er konnte sich kaum dazu bringen, sich neben sie ins Bett zu legen. Das Gefühl der Entfremdung war so stark. Sie strahlte es förmlich aus. Er zitterte fast, er konnte nicht schlafen. Schließlich hatte er sein Kissen genommen und sich auf die Couch gelegt.
Jetzt gab es die Gegenwart des anderen nicht mehr, wenn auch nur unsichtbar, das Bewusstsein seiner Stimmungen oder Gewohnheiten. Die Zimmer waren still. Es gab nur noch das gerahmte Foto von ihr im Schlafzimmer mit den vage asiatischen Augen, der leichten Stupsnase und der geschwungenen Oberlippe. Am Abend saß er im Schein der Lampe und las, ein Glas mit Eis neben sich, der bernsteinfarbene Whisky mit seinem feinen Aroma. Dinge, die sie gesagt hatte, gruben sich ihm ins Gedächtnis, er wusste, sie würden nicht so bald verschwinden.
»Ich hab dir deine Chance gegeben«, hatte sie ihm gesagt.
Mehr sagte sie nicht. Seine Chance, war es das gewesen?
»Vivian und ich haben uns getrennt.«
»Oh«, sagte Eddins. »Das tut mir leid. Wann?«
»Vor einer Woche.«
»Wirklich, tut mir leid. Ist es auch ganz sicher?«
»Ich denke ja.«
»Gott. Für uns wart ihr immer das goldene Paar. Polo, Privatvermögen …«
»Es gab kein Privatvermögen. Ihr Vater war, unter anderem, ziemlich geizig. Ich kann mich nicht mal erinnern, ob er uns ein Hochzeitsgeschenk gemacht hat.«
»Es ist schrecklich. Was wirst du jetzt machen? Warum kommst du nicht nach Piermont
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