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Alles, was ist: Roman (German Edition)

Alles, was ist: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was ist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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optimistisch, es gab ein Leben, über das sie nachdenken konnte, teils war es vergangen, teils lag es noch vor ihr. Sie hatte den Gedanken, vielleicht noch einmal zu heiraten, nie wirklich aufgegeben und sich über die Jahre mit verschiedenen Männern getroffen, aber keiner von ihnen war der Richtige. Sie wollte einen Mann, der unter anderem George Amussen dazu bringen würde, darüber nachzudenken, ob er einen Fehler gemacht hatte – falls sie einander begegneten, was früher oder später passieren würde, auch wenn sie immer noch Wut auf ihn hatte und es ihr egal war, was er dachte.
    Sie führte im Grunde ein ruhiges Leben, sie wusste, dass sie zu viel trank, obwohl man sich mit ein oder zwei Drinks mehr fühlte wie man selbst. Und die Menschen waren lebendiger und attraktiver, wenn sie tranken.
    »Na ja, man fühlt sich zumindest attraktiver«, stimmte Susan ihr zu.
    »Das ist dasselbe.«
    »Siehst du noch diesen Milton Goldman?«, fragte Susan nebenbei.
    »Nein«, sagte Caroline.
    »Was ist passiert?«
    »Im Grunde nichts.«
    »Ich dachte, du magst ihn.«
    »Er ist ein sehr netter Mann«, sagte Caroline.
    Das war er, und er besaß ein Haus etwas weiter draußen auf der Connecticut Avenue. Aber sie erinnerte sich noch gut an das Foto von ihm als kleinem Kind, in etwas, das aussah wie ein Kleid, und mit langen Schläfenlocken wie die Männer mit den schwarzen Hüten und Mänteln, die man manchmal in New York sah. Und ihr wurde klar, dass sie ihn nicht heiraten konnte, nicht bei den Menschen, die sie kannte. Sie dachte an Brice Lambert und an das Leben in Virginia, auch wenn sie nicht mehr Teil davon war. Ihr eigenes Leben ging weiter, eine Woche glich der anderen sehr, ein Jahr folgte auf das nächste, und irgendwann verlor man den Überblick.
    Dann, eines Morgens, passierte eine schlimme Sache. Sie wachte auf und konnte weder ihren Arm noch ihr Bein bewegen, und als sie telefonieren wollte, hatten die Worte ihre Form verloren. Sie konnte sie nicht richtig aussprechen, sie quollen ihr in den Mund und kamen deformiert heraus. Sie habe einen Schlaganfall gehabt, sagte man ihr im Krankenhaus. Es werde ein langwieriger Heilungsprozess. Zehn Tage später saß sie in einem Rollstuhl an Bord eines Flugzeugs auf dem Weg zu ihrem Vater, der in der Nähe von Cambridge, Maryland, auf der Delmarva-Halbinsel ein Haus besaß. Beverly hatte alles arrangiert, sie zum Flughafen gefahren und sicher an Bord gebracht, und doch, mehr konnte sie mit drei Kindern nicht tun, und jetzt musste Vivian helfen.
    Das Haus lag genau genommen in Cornersville, an einer ruhigen Straße, ein schönes, altes, halb verfallenes Backsteinhaus, fast noch aus der Zeit des Bürgerkriegs, das Warren Wain, Carolines Vater, gekauft hatte, um es zu restaurieren und dort seinen Lebensabend zu verbringen, aber die Arbeit an dem Haus war schließlich mehr gewesen, als er handhaben konnte, selbst mit Hilfe seines Sohns, Vivians Onkel Cook. Warren Wain war früher in Cleveland Architekt gewesen, und als solcher recht angesehen, aber so viel auch von seinem Charakter und seinem guten Aussehen auf seine Tochter übergegangen war, so anders war sein Sohn, der ebenfalls Architektur studiert, aber nie eine Lizenz erworben hatte. Über lange Zeit arbeitete er im Büro seines Vaters, der im Grunde für ihn aufkam. Er hatte wenige Freunde und nie geheiratet. Vier oder fünf Jahre war er mit einer geschiedenen Frau zusammen gewesen und hatte sie schließlich gefragt, ob sie ihn heiraten wolle. Er tat dies, indem er ihr gegenüber die Bemerkung fallen ließ, ob sie nicht heiraten sollten.
    »Nein, finde ich nicht«, sagte sie ruhig.
    »Ich dachte, du wolltest heiraten. Und jetzt frag ich dich.«
    »Ach, das war ein Antrag?«
    »Ja.«
    »Das glaub ich zwar weniger«, sagte sie. »Aber es würde sowieso nicht gutgehen.«
    »Bislang ist es gutgegangen.«
    »Wahrscheinlich weil wir nicht verheiratet waren.«
    »Was zur Hölle willst du eigentlich«, fragte er. »Weißt du das?«
    Sie antwortete nicht.
    Das Haus war in einem desolaten Zustand. Ziegel stapelten sich an der Seite, der Weg zur Haustür war erst halb gepflastert. Im Inneren war der alte Putz nur mit Gipskarton verkleidet. Ein paar Scheiben der kleinen Kellerfenster waren eingeschlagen, und Vivian konnte dahinter einen Haufen leerer Flaschen sehen. Sie gehörten Cook, wie sie herausfand. Wie sie erst später erfuhr, gab es auch viele Schecks, die auf den Schnapsladen in Cambridge ausgestellt worden waren, sowie

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