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Alles, was ist: Roman (German Edition)

Alles, was ist: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was ist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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beteiligen, sagte sie. Palm sah einen Traum wahr werden, die Art von Traum, die selten stirbt. Das Sironi’s würde irgendwo bei ihnen in der Stadt sein, obwohl es auch an einer Straße etwas außerhalb passende Räumlichkeiten gab. Judy war für die Stadt, ihr behagte der Gedanke nicht, so weit draußen zu sein, vor allem nicht spätabends.
    »Warum willst du denn da rauf?«, sagte sie.
    »Na ja, da gibt es einen alten Laden direkt an der Ecke, den wir mieten könnten. Marian hat der Gedanke auch nicht gefallen.«
    »Was hat Marian damit zu tun?«, sagte Judy.
    Stanley wusste, dass sie sich nicht verstehen würden und war sogar nervös, wenn Judy bei ihm übernachtete. Er ließ sie ein Stück weit vom Haus parken.
    »Was ist los? Hast du Angst, jemand könnte mich sehen?«
    »Das ist es nicht. Es ist wegen Erica«, sagte er.
    »Weiß Marian etwa nicht, dass du eine Freundin hast? Und was geht es sie überhaupt an?«
    »Marian hat damit nichts zu tun. Mir ist egal, was sie denkt. Vollkommen egal.«
    »Ist es nicht«, sagte Judy.
    Stanley fühlte sich gestört. Er sprach sehr oft mit seiner Frau, sie rief manchmal an, wenn Judy da war, und es war offensichtlich, mit wem er sprach. Aber er war Künstler und fand, er sollte von keiner bourgeoisen Haltung oder Norm eingeengt werden. Auf seine Bitte hin schrieb Marian einen Brief, in dem sie klarstellte, dass er sehen könne, wen er wolle, und schlafen könne, mit wem er wolle, obwohl sie sich weigerte zu schreiben, wo er wolle und auf welche Art er wolle.
    Judy las den Brief und fing an zu weinen.
    »Was hast du?«
    »Mein Gott!«
    »Was?«
    »Du musst sie um Erlaubnis bitten?«
    Trotz der kolorierten Zeichnungen, die Stanley von der Front und dem Barbereich des Sironi’s angefertigt hatte, machte ein unabhängiges Ereignis alles zunichte. Der Bürgermeister, ein Mann mit Familie und vielen Verwandten im Ort, der seit etlichen Jahren im Amt war, hatte eine Affäre mit einer Kassiererin, die in der Tappan Zee Bank arbeitete, und eines Nachts, sie waren gerade in seinem Auto zugange, leuchtete ein gewissenhafter Polizist mit der Taschenlampe ins Fenster. Die Kassiererin behauptete, vergewaltigt worden zu sein, fasste sich dann aber wieder, und der Bürgermeister versuchte, dem Polizisten, der unglücklicherweise auch noch der Polizeichef war, das Ganze zu erklären. Alle Versuche des Bürgermeisters, die Angelegenheit untereinander zu regeln, liefen ins Leere, und das Ergebnis war ein Zustand anhaltender Feindseligkeit, der die Stadt in zwei Lager spaltete – mit der Frau des Bürgermeisters auf Seiten der Polizei – und ihre Verwaltung vollkommen lähmte. Die Freigabe für das Sironi’s lag auf unbestimmte Zeit auf Eis.
    Eines Tages traf sich Eddins im Century Club in der distinguierten Atmosphäre von Porträtgemälden und Büchern mit einem erfolgreichen Literaturagenten namens Charles Delovet zum Lunch, der elegant gekleidet war und beim Gehen leicht hinkte, ein Skiunfall, wie man sagte. Einer seiner Schuhe hatte einen kleinen Absatz, was aber nicht weiter auffiel. Delovet war ein Mann von Stil und für Frauen attraktiv. Er hatte ein paar wichtige Klienten, Noël Coward, wie man munkelte, und eine Yacht in Westport, auf der er im Sommer Partys gab. In seinem Büro stand ein Aschenbecher von den Folies Bergère mit zwei plastischen Frauenbeinen und einer Inschrift auf dem Rand: Pour plaisir aux femmes, ça coute cher – Frauen sind teuer. Er hatte früher als Lektor gearbeitet, und er mochte Schriftsteller, liebte sie im Grunde. Es gab kaum einen Schriftsteller, den er nicht mochte, oder eine Eigenschaft, die ihm an ihnen missfiel. Aber es gab da ein paar Dinge. Er hasste Plagiatoren.
    »Penelope Gilliatt. Oder Kosinski«, sagte er. »Was für ein Betrüger.«
    Als er noch Lektor war, erklärte er, kaufte er noch Bücher. Jetzt als Agent verkaufe er sie. Das sei viel leichter, als sich zu überlegen, ob man etwas kaufen solle oder nicht, und das Beste war, sobald man ein Buch verkauft hatte, seien die eigenen Verpflichtungen vorüber. Dann übernehme der Verleger, und wenn ein Buch gut lief, lief es auch gut für ihn. Und wenn nicht, gab es immer genügend neue Manuskripte. Und trotzdem habe man die Möglichkeit, sagte er, einen Schriftsteller wachsen zu sehen, seine Entwicklung zu verfolgen, es gab eine Beziehung.
    Eine von Delovets Neuerungen war, damit zu werben, dass wirklich jedes eingereichte Manuskript gelesen wurde. Er nahm eine Gebühr und stellte eine

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