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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Guesken
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wurde. Deshalb gehen Sie davon aus, dass der Anruf etwas mit dem Mord zu tun hat, nicht wahr? Sie sind voreingenommen und ziehen gar nicht erst in Betracht, dass es sich um ein zufälliges Zusammentreffen handeln könnte.«

    »Ich zähle zwei und zwei zusammen, Frau Kommissarin, und ziehe gar nicht erst in Betracht, dass das Ergebnis fünfunddreißig lauten könnte.«

    Schweikerts tiefschwarze Augen fixierten mich besserwisserisch. »Aber es gibt vertrackte Fälle, da lautet das Ergebnis fünfunddreißig.« Sie deutete auf die Tonfigur. »Petra ist Ihnen doch wohl ein Begriff?«

    Ich zuckte mit den Schultern.

    »Ein Trauerschwan, der in dieser Stadt und auf dem ganzen Erdkreis wegen seiner sexuellen Beziehung mit einem Plastiktretboot für Aufsehen sorgte. Selbst Menschen, die man in diesen Dingen nicht als aufgeschlossen bezeichnen möchte, gerieten darüber in Verzückung.«

    »Und was hat das mit Frau Nebel zu tun?«

    Hauptkommissarin Schweikert wies auf ein gerahmtes Poster, das an der Wand über der Leiche hing. Ich erkannte den Lambertikirchturm mit seinen Käfigen, die golden im Licht der Abendsonne funkelten. In einem Straßencafé zu seinen Füßen verzehrte jemand eine beachtliche Portion gegrilltes Geflügel. Darunter stand: Schwan in Münster? Am liebsten zu Preiselbeeren und grünem Salat.

    »Frau Nebel«, erläuterte Frau Schweikert, »war kein Fan von Petra. Ihrer Meinung nach verniedlichte der Vogel das Image der Stadt auf unerträgliche Weise.«

    »Und Sie glauben, dass jemand so weit ging …«

    »Ich glaube gar nichts, sondern versuche Ihnen nur zu verdeutlichen, wie leicht man manchmal auf eine falsche Fährte geraten kann«, dozierte die Hauptkommissarin in ihrem überheblichen Tonfall. »Abgesehen davon haben wir uns wohl die bekannte Frage zu stellen, wer von einem Mord an Frau Nebel profitiert und, wenn ja, in welcher Weise.«

    »Am Telefon behauptete sie, den Mörder von Defries ausfindig gemacht zu haben. Sie wollte aber nicht damit herausrücken, wen sie meinte.«

    Frau Schweikert fischte ein Blatt Papier aus der Blutlache und warf einen Blick darauf. »Da hat jemand etwas hingekritzelt.«

    Ich blickte ihr über die Schulter. Das Bild war keine gewöhnliche Zeichnung, eher ein Comic. Eine Häuserreihe im Hintergrund mit holländischen Giebeln ließ mich auf den Prinzipalmarkt tippen. Da war eine Menschenmenge und auf einer Bühne eine seltsame Figur – eine Mischung aus Don Quichotte und Zorro. Er schwang ein riesiges Schwert über dem Kopf einer Frau, die mit auf dem Rücken gefesselten Händen vor ihm kniete: Ich habe dich gewarnt, du Schlampe, stand darunter.

    »Kommt Ihnen der Stil bekannt vor?«, erinnerte ich sie. »Eine ähnliche Zeichnung befand sich in Defries’ Pkw.«

    »Jede Wette, dass das dieser van Leiden sein soll«, vermutete Frau Schweikert. »Das Bild gehört wahrscheinlich zu dem Theaterstück, das Frau Nebel demnächst aufführen wollte.«

    »Tja, dann hätten wir ja doch noch einen Verdächtigen«, witzelte ich. Mit dem Finger fuhr ich über das Plakat mit dem Schwanenesser. »In diesem Rahmen ist kein Glas.«

    »Wie ich schon sagte, es kam zu einem Kampf. Da geht schon mal was zu Bruch, nicht wahr?«

    »Also gut«, sagte ich. »Gehen wir einmal davon aus. Dann müssten hier aber überall Scherben herumliegen.«

    Schweikert sah sich um und wurde fündig. »Da haben wir sie ja auch schon.« Ein kleines Häuflein, säuberlich zusammengekehrt, glitzerte in der Ecke hinter der Tür zum Wohnzimmer.

    Ich nickte. »Und somit wüssten wir dann auch, was Frau Nebel nach ihrem gewaltsamen Tod als Erstes tat«, sagte ich. »Sie holte einen Besen und kehrte die Scherben zusammen, damit die Kollegen der Spurensicherung sich bei der Untersuchung des Tatorts nicht verletzten.«

     
    Die Zeichnung und die Glassplitter in der Ecke schienen Frau Schweikerts Vermutung zu bestätigen, dass ein Zusammenhang zwischen dem Mordfall Fricke, Antje Nebels Tod und dem Verschwinden des Jens Defries bestand. Sie aber schenkte dem kaum Beachtung. Stattdessen hielt sie es für sinnvoller, sich per Handy mit Kittel und Armbruster kurzzuschließen und mit ihnen den Stand der Dinge zu diskutieren.

    Es war inzwischen kurz vor elf. Ich überließ ihr das Feld und radelte nach Hause.

    Vor meiner Wohnungstür wartete Post auf mich: ein verschnürtes Päckchen ohne Absender. Ein kleiner Zettel mit einer handschriftlichen Nachricht klebte darauf: Das haben Sie in meinem Wagen liegen

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