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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Guesken
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dass wir in diesem Wettbewerb gut aufgestellt sind.«

    »Das erwähnten Sie doch bereits.«

    »Als ich anfing, war ich nur eine unbedeutende Praktikantin. Dr. Waltherscheidt, mein Chef, sagte: Überraschen Sie mich. Bringen Sie diese Stadt an die Spitze und Sie können sich zum Team zählen.«

    »Das ließen Sie sich sicher nicht zweimal sagen.«

    »Zu diesem Zeitpunkt lagen wir auf der Beliebtheitsskala gleichauf mit Bielefeld! Einer Stadt mit stolzen 326.000 Einwohnern, deren Existenz aber laut Umfragen bundesweit über zehn Prozent der Bevölkerung generell anzweifeln. Es musste dringend etwas geschehen.«

    »Ein neues Täuferreich musste her.«

    »Zunächst einmal mussten Rahmenbedingungen geschaffen werden. Also inszenierten wir im Stadtmuseum Sonderausstellungen zum Täuferreich und gestalteten unseren Internetauftritt entsprechend. An der Uni wurde eine Ringvorlesung angeboten und im lokalen Fernsehen sponserte Münster Marketing die offene Diskussionsplattform Für und Wiedertäufer. Und dann der Höhepunkt: die Festspiele als solche. Jan van Leiden beziehungsweise sein begnadeter Darsteller sollte vor den Augen der Medien alle Schauplätze seines früheren Wirkens aufsuchen und zu jedem ein paar ergreifende Worte sagen.«

    »Eine beeindruckende Maschinerie, die Sie da in Gang gesetzt haben.«

    »Alles nur Marginalien! Das Herzstück der Agenda war eben dieser Auftritt des Jan van Leiden. Ohne ihn würden alle anderen Maßnahmen wirkungslos verpuffen.«

    »Wie ist es Ihnen gelungen, Defries für Ihren Plan zu gewinnen? Haben Sie ihm ein Angebot unterbreitet, das er nicht abschlagen konnte?«

    »Es war die Chance für ihn, sich etwas nebenbei zu verdienen. Als gescheiterter Zeichner ist er in ständiger Geldnot. Er ist der ideale Kandidat, auch wenn er unglücklicherweise dazu neigt, Privates mit Beruflichem zu vermengen.«

    »Das bedeutet?«

    »Mein Interesse an ihm als Hauptdarsteller verwechselte er mit dem Interesse an ihm als Mann. Er bildete sich ein, zwischen uns könnte etwas laufen.«

    »Wurde er zudringlich?«

    »Keine Sorge, Herr Voss, ich habe ihm schon gezeigt, was Sache ist.«

    »Aber trotzdem wollten Sie ihn für die Festspiele?«

    »Es macht einen enormen Unterschied, ob man an das glaubt, was man tut, oder ob man es nur für ein Honorar erledigt.«

    »Allerdings«, bestätigte ich. »Anstatt sich an ein wohlkalkuliertes Drehbuch zu halten, geht man in die Kantine einer Wurstfabrik und kotzt auf den Tisch.«

    »Sie haben also doch Neuigkeiten über ihn?«

    »Nur, dass er bei Allwetterfleisch gesehen wurde. Niemand weiß, was er dort verloren hatte.«

    »Ich mache mir solche Vorwürfe, Herr Voss. Alles ist schiefgegangen.«

    »Ich hörte, Sie haben eine E-Mail von Jens erhalten?«

    »Ich habe sie erst kürzlich entdeckt, da sie in meinem Junkordner gelandet war. Ich kann mir denken, was sie bedeuten soll.«

    »Sie machen mich neugierig, Frau Nebel.«

    »Jens wurde umgebracht. Weil er etwas herausgefunden hatte.«

    »Was denn?«

    »Etwas, das nicht herauskommen sollte. Es hat mit dieser Fleischfirma zu tun.«

    »Können Sie vielleicht etwas konkreter werden?«

    »Nein, in seiner Mail war er es ja auch nicht. Aber ich werde das Gefühl nicht los, Herr Voss, an allem schuld zu sein. Und deshalb habe ich mich entschlossen, der Sache selbst auf den Grund zu gehen.«

    »Auf den Grund gehen? Was soll das bedeuten?«

    »Dass ich den Schuldigen zur Verantwortung ziehen werde.«

    »Gerade sagten Sie noch, Sie wüssten nicht, wer das ist.«

    »Bisher habe ich den Herrn nicht mal erreicht, nur seinen Angestellten. Ich denke, die Botschaft ist trotzdem angekommen. Und wenn es mir gelingt, ihn ein wenig aufzuscheuchen, ist er so gut wie überführt.«

    Das hörte sich in meinen Ohren nicht professionell an. »Lassen Sie mich das besser erledigen, Frau Nebel. Schließlich bezahlen Sie mich doch dafür.«

    »Nehmen Sie es mir nicht übel, Herr Voss, aber ich finde nicht gerade, dass Sie sich als Glücksgriff in dieser Angelegenheit erwiesen haben.«

    »Frau Nebel, ich rate Ihnen dr-« Ich brach ab, weil es an Ihrer Wohnungstür klingelte. »Frau Nebel! Nur eines noch: Wen haben Sie nicht erreicht?«, fragte ich.

    »Einen Augenblick bitte. Da ist jemand an der Tür.«

    Dem Geräusch nach zu urteilen, legte sie das Telefon weg, um zu öffnen.

    Ich wartete.

    Sie meldete sich nicht zurück. Dafür vernahm ich im Hintergrund Geräusche. So, als würden Möbel im Zimmer

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