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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Guesken
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aufsaugte. »Nur ist sie nicht das, was sie zu sein scheint.«

    »Natürlich nicht«, spottete ich. »In Wirklichkeit werden dort illegale Pferdewetten getätigt, nicht wahr? Und wer was ausplaudert, kriegt Betonfüße verpasst und wird in die Aa geworfen.«

    » Allwetterfleisch war schon zweimal in einen Gammelfleischskandal verwickelt. Aber die Sache wurde unter den Teppich gekehrt. Angeblich hatte das Unternehmen in einer polnischen Großschlachterei abgelaufenes Fleisch eingekauft und umetikettiert. Zwei Angestellte sollten als Zeugen aussagen. Aber dann wollten sie plötzlich von nichts gewusst haben.«

    »Vielleicht hatten sie sich’s ja anders überlegt.«

    »Blödsinn, sie wurden eingeschüchtert. In der Fleischbranche sind solche Methoden üblich.«

    »Woher weißt du das bloß alles, Kittel? Machst du neuerdings auch in Fleisch, oder was?«

    »Ich bin Schnüffler, Henk. Dinge herauszufinden ist mein Job.«

    »Dass man der Firma nichts nachweisen konnte, könnte aber auch daran liegen, dass sie gar keine Leiche im Keller hat.«

    »Vor einem Jahr behauptete ein Mitarbeiter von Allwetterfleisch, dass draußen in der Loddenheide Schlachtabfälle aus ganz Europa zusammengekarrt würden. Vor allem solche der Kategorie drei.«

    »Kategorie drei? Meinst du radioaktive?«

    »Alles, was bei der Schlachterei anfällt und nicht genießbar ist, aber trotzdem weiterverarbeitet werden darf. Deshalb ist es besonders preisgünstig zu haben. Tierhäute, Schweineborsten und Innereien.«

    »Was will man denn mit dem Zeug, wenn man’s nicht essen kann?«

    »Man kann’s ja essen, wenn man es nur ein wenig schminkt. Kim und ich, wir haben den Laden mit Gotcha unter die Lupe genommen. Es sieht ganz danach aus, dass Allwetterfleisch eins dieser schwarzen Schafe der Branche ist, die Fleischabfälle zu Wurst verarbeiten.«

    »Und das ist bisher niemandem außer euch aufgefallen?«

    »Klar ist es das. Aber der Laden garantiert Arbeitsplätze und zahlt Gewerbesteuer, da sieht man eben nicht so genau hin.«

    »Quatsch, Kittel, du solltest nicht so viele Fleischskandalblätter lesen. Die Welt ist nicht so schlimm, wie RTL sie darstellt. Es gibt immer noch Lebensmittelkontrollen.«

    »Träum weiter, Henk!«, grinste Kittel überheblich. »Der Markt ist viel zu komplex, um ihn effektiv zu überwachen: Mastbetriebe, Zwischenhändler, Schlachthöfe, Zerlegebetriebe, Fleischhändler, nicht zu vergessen: die Fleisch verarbeitende Lebensmittelindustrie, die Gastronomie, Metzgereien und Supermärkte. Wie willst du das alles kontrollieren? Und wenn doch mal einer kommt, dann gibt es zwei Arten, mit Kontrollen umzugehen: Entweder du zahlst das bisschen Bußgeld aus der Portokasse oder sorgst dafür, dass du im richtigen Moment das passende Fleisch zur Kontrolle vorlegen kannst.«

    »Passendes Fleisch? Woher soll ich das nehmen?«

    »Keine Ahnung, Henk, aber Tatsache ist, dass Castrops Fleisch bei den letzten Kontrollen sogar ein Biosiegel verpasst bekam.«

    »Na, bitte. Hab ich dir nicht gesagt, du solltest nicht alles glauben, was das Regenbogenfernsehen verbreitet?«

    »Es liegt doch wohl auf der Hand, dass da etwas faul ist. Ein Betrieb, der sich nicht scheut, mit Separatorenfleisch zu arbeiten, hat auf einmal Biofleisch.« Kittel rieb sich unternehmungslustig die Hände. »Also was ist, kommst du mit?«

    »Mitkommen?«

    »Zu Allwetterfleisch. Schließlich muss er das Gammelfleisch ja irgendwo lagern. Und sobald wir es gefunden haben, sollten wir mit Castrop sprechen. Kim meint, das −«

    »Kim? Was hat die denn damit zu tun?«

    »Sie gehört zum Team, schon vergessen? Und sie meint, dass wir von Castrop die richtigen Antworten bekommen. Vorausgesetzt natürlich, wir stellen die richtigen Fragen.«

    »Was versteht sie denn unter Fragen stellen?«, erkundigte ich mich höhnisch. »Dem Kerl einen Sack über den Kopf stülpen und ihn in einen Schrank sperren, bis er aufsagt, was sie hören will?«

    Kittel konnte darüber nicht lachen. »Weißt du was, Henk? Kim findet deinen Antiamerikanismus ziemlich zum Kotzen. Und mir geht es genauso.« Damit rauschte er aus meinem Büro und ließ die Tür offen stehen.

     
    Ich druckte meinen Erpresserbrief aus, fügte die Fotos bei und steckte alles in einen Umschlag. Antiamerikanismus – das war doch lachhaft. Ich hatte nichts gegen Amerikaner. Sie gingen die Dinge optimistisch an und jammerten nicht so viel wie wir Europäer, machten coole Musik und sprachen leidlich gutes

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