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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Guesken
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nichts aus Ihnen macht«, erklärte ich freundlich. »Geben Sie es auf, Bölling. Sie können nicht gewinnen, weil Sie gar nicht am Spiel teilnehmen. Laura schätzt Sie als Weggefährten, aber nicht als Bettgenossen.«

    »Irrtum«, widersprach mein Gegenüber so heftig, dass der Speichel nur so spritzte. Er fuchtelte mit dem erhobenen Zeigefinger. »Großer Irrtum! Diese Frau hat nicht das geringste Interesse an Bettgenossen. Sie schläft nur, wenn sie zu müde zum Pläneschmieden ist. Sex ist für sie ein Fremdwort und die einzige Liebe, die sie kennt, ist die Tierliebe.«

    »Wenn das so ist, wieso baggern Sie sie dann noch weiter an? Warum lassen Sie die Frau nicht in Frieden Manifeste lesen?«

    »Vielleicht würde ich das sogar.« Bölling schüttelte den Kopf. »Aber es ist zu spät. Zu viel habe ich investiert. Ich will mir am Ende nicht eingestehen müssen, dass alles umsonst gewesen ist.« Böllings Finger wurde richtig aufdringlich, wütend und enttäuscht wedelte er vor meinem Gesicht herum. »Eklige Spinnen und halb tote Insekten nicht zertreten zu dürfen und sie stattdessen in einem Trinkglas zurück in die Natur zu geleiten − all das zu tun, ohne etwas dafür zu bekommen, das kann keiner von mir verlangen! Auch Sie nicht, Voss!«

    »Das bedeutet?«

    Der Kollege hob eine der beiden Flaschen, die vor ihm standen, und stieß damit gegen meine, dass es ordentlich klirrte. »Es bedeutet, dass ich es zwar unendlich bedauere, aber diese Fotos nicht herausrücken kann. Sicher haben Sie dafür Verständnis, jetzt, wo wir uns etwas kennengelernt haben.«

    »In gewisser Weise«, gab ich zu. »Aber Sie werden verstehen, dass ich mich um Ihre kleinkarierten Warnungen einen Dreck schere.« Ich erhob mich. »In diesem Sinne: Good luck, Herr Kollege. Auch wenn Sie bei Laura nicht landen können, vielleicht wird’s ja eines Tages was mit der Pulitz-Medaille.«

    »Wenn Sie das tun«, nuschelte Bölling, »ich meine: Wenn Sie sich wirklich einen Dreck darum scheren, dann wissen Sie, was passiert. Laura wird diese Fotos zu sehen bekommen. Machen Sie mich also für die Folgen nicht verantwortlich.«

25

    Um etwa zwanzig nach neun verließ ich Böllings miefiges Gartenhäuschen mit dem flauen Gefühl, den Mund ein wenig zu voll genommen zu haben. Einmal abgesehen davon, dass der Kerl ein eitler Schwätzer war, lag er in seiner Einschätzung, was Laura anging, gar nicht so falsch. Und meine Schadenfreude über all die Mühen, die er vergeblich auf sich genommen hatte, um es in ihr Bett zu schaffen, konnte schnell auf mich zurückfallen.

    Auf der Promenade zwitscherten die Vögel und Radfahrer fuhren ihr Handy spazieren. Seht her, schienen sie zu sagen, wie beliebt ich bin. Wohin ich auch gehe, ständig rufen mich Leute an. Dann bemerkten sie mich und schienen mir zuzurufen: Kennst du arme Sau etwa niemanden, der dich anrufen könnte? Geh nach Hause, du Loser, pflege deine Depressionen!

    Gerade noch rechtzeitig, um aller Welt zu zeigen, dass ich kein Loser war, klingelte mein Handy. Ich hielt an und wollte schon absteigen, jedoch fiel mir im letzten Moment ein, dass Absteigen zum Telefonieren ja wohl das Uncoolste überhaupt war. Also strampelte ich weiter und stellte die Verbindung her.

    »Nebel hier«, meldete sich die Frau von Münster Marketing. »Herr Voss, wo sind Sie?«

    »Mit dem Fahrad unterwegs«, antwortete ich stolz. »Wo waren Sie heute Nachmittag? Ich habe auf Sie gewartet.«

    »Das Projekt läuft mehr und mehr aus dem Ruder. Ich mache mir große Sorgen, Herr Voss.«

    »Aus dem Ruder? Welches Projekt, Frau Nebel?«

    »Ich glaube, der Zeitpunkt ist gekommen, Ihnen etwas zu beichten.«

    »Für eine Beichte bin ich die falsche Adresse.«

    »Ich habe Ihnen doch von den Reformationsfestspielen erzählt.«

    »Allerdings.«

    »Sie sind Bestandteil eines völlig neuen und mutigen Konzeptes innovativer Stadtwerbung«, belehrte mich Frau Nebel. »Ich selbst habe es entwickelt.«

    »Gratuliere«, sagte ich und stoppte, denn die Länge des Telefonats hatte mich über mein Ziel hinaus an die Windthorststraße verschlagen. Ich stellte das Rad ab und ließ mich auf einer Bank nieder. »Wollen Sie damit sagen, der große Auftritt von Jens Defries ist nichts weiter als ein Reklamegag?«

    »Keineswegs. Herr Voss, diese Stadt befindet sich in Konkurrenz zu Dutzenden anderen Städten, die alle möglichst viele Touristen anziehen und möglichst viele Preise abräumen wollen. Münster Marketing arbeitet daran,

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