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Alles zerfällt: Roman (German Edition)

Alles zerfällt: Roman (German Edition)

Titel: Alles zerfällt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chinua Achebe
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zweiten Frau und aß. Obiageli entfernte die erste Schale und kehrte in die Hütte ihrer Mutter zurück. Und dann kam Nkechi mit der dritten Schale. Nkechi war die Tochter der dritten Frau Okonkwos.
    In der Ferne hörte man die Trommeln.

Sechstes Kapitel
    Das ganze Dorf strömte auf den ilo , Männer, Frauen und Kinder. Sie bildeten einen großen Kreis, in dessen Mitte der Platz frei blieb. Älteste und Würdenträger des Dorfs saßen auf eigenen Schemeln, die sie von ihren jungen Söhnen oder Sklaven bringen ließen. Zu ihnen gehörte Okonkwo. Alle anderen standen – außer jenen, die früh genug gekommen waren, um sich Plätze auf den wenigen Rängen zu sichern, die aus glatten, auf Astgabeln gelegten Baumstämmen bestanden.
    Die Ringer waren noch nicht eingetroffen, vorerst beherrschten die Trommler das Geschehen. Auch sie saßen, und zwar am innersten Rand des großen Zuschauerkreises, den Ältesten gegenüber. Im Rücken hatten sie den gewaltigen, uralten Kapokbaum [66]   , der heilig war. In diesem Baum lebten die Geister guter Kinder, die auf ihre Geburt warteten. An gewöhnlichen Tagen saßen in seinem Schatten junge Frauen, die sich Nachkommen wünschten.
    Sieben Trommeln [67]   waren es, der Größe nach angeordnet in einem langen Holzkasten. Drei Männer bearbeiteten sie, fieberhaft zwischen den Fellen wechselnd, mit Stöcken. Sie waren vom Geist der Trommeln besessen.
    Die jungen Männer, deren Aufgabe es bei diesen Anlässen war, für Ordnung zu sorgen, hasteten umher und berieten sich untereinander wie auch mit den Anführern der beiden Ringkampfmannschaften, die sich noch außerhalb des Kreises, hinter der Menge, befanden. Dann und wann liefen zwei Jungen mit Palmwedeln einmal um den ganzen Kreis herum und drängten die Zuschauer zurück, indem sie ihre Wedel unmittelbar vor ihnen auf die Erde schlugen oder sie denen, die nicht weichen wollten, gegen die Beine peitschten.
    Dann endlich tanzten die beiden Mannschaften in den Kreis hinein, und die Menge brüllte und klatschte. Die Trommeln rasten. Die Zuschauerreihen wogten vor. Die jungen Ordnungshüter flogen umher und schlugen mit ihren Palmwedeln. Die alten Männer nickten im Takt der Trommeln und dachten an die Tage zurück, als sie selbst zu den berauschenden Rhythmen gerungen hatten.
    Der Wettkampf begann mit den Fünfzehn- bis Sechzehnjährigen. Von ihnen gab es nur drei in jeder Mannschaft. Es waren noch nicht die richtigen Ringer; sie bereiteten nur die Bühne. Die beiden ersten Runden waren schnell entschieden. Die dritte aber sorgte selbst unter den Ältesten, die ihre Erregung selten so offen zeigten, für Aufsehen. Die Begegnung war so kurz wie die anderen beiden, womöglich noch kürzer. Nur hatten die wenigsten je zuvor eine solche Ringtechnik gesehen. Kaum hatten sich die Jungen gefasst, tat der eine etwas, was hinterher niemand beschreiben konnte, so blitzschnell ging es. Und schon lag sein Gegner platt auf dem Rücken. Die Menge johlte und klatschte und übertönte vorübergehend sogar die Trommeln. Okonkwo sprang auf und setzte sich rasch wieder. Drei junge Männer aus der siegreichen Mannschaft stürmten vor, schwangen ihren Gewinner auf Schulterhöhe hoch und tanzten mit ihm durch die jubelnde Menge. Bald wusste jeder, wer dieser Junge war. Es war Maduka, Sohn des Obierika [68]   .
    Die Trommler gönnten sich nun vor den wahren Kämpfen eine kurze Pause. Ihre Körper glänzten vor Schweiß, sie ergriffen ihre Fächer und wedelten sich Kühlung zu. Sie tranken Wasser aus kleinen Krügen und kauten Kolanüsse. Sie wurden wieder Sterbliche, schwatzten und lachten miteinander und mit den Umstehenden. Die Luft, die vor Spannung zum Zerreißen gespannt gewesen war, erholte sich. Als hätte man Wasser auf das straffe Fell einer Trommel gegossen. Viele sahen sich, wohl zum ersten Mal, richtig um und nahmen nun überhaupt erst diejenigen wahr, die neben ihnen saßen oder standen.
    »Ich habe dich nicht gesehen«, sagte Ekwefi zu der Frau, die seit Beginn der Kämpfe Schulter an Schulter mit ihr gebannt das Geschehen verfolgt hatte.
    »Ich kann es dir nicht verdenken«, erwiderte die Frau. »Ich habe selten so ein Gedränge erlebt. Ist es wahr, dass Okonkwo dich mit seinem Gewehr fast getötet hätte?«
    »Es ist tatsächlich wahr, liebe Freundin. Noch jetzt habe ich keinen Mund gefunden, um die Geschichte zu erzählen.«
    »Dein chi ist hellwach, meine Freundin. Und wie geht es meiner Tochter Ezinma?«
    »Es geht ihr seit einiger

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