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Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Titel: Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Gorbatschow
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lesen. Er brachte einige Korrekturen an und sagte, er unterstütze den Vorschlag. Ich schickte das Schreiben ab, aber damit hatte es sich. Bald erreichte mich das Gerücht, jemand habe in meinem Vorschlag erneut den Versuch gesehen, durch die Kommission die Macht an mich zu reißen.
    Ähnliche Unterstellungen und Verdächtigungen wurden immer häufiger. Keiner dachte über die Sache nach, hinter jeder Angelegenheit wurde sofort ein persönlicher Vorteil gewittert. Aber ich musste die Entscheidung durchkriegen, also formulierte ich mein persönliches Schreiben um und reichte es als Projekt des Generalsekretärs ein. Erst danach bekam Breschnew es zu sehen. Er rief mich von der Krim an: »Ich habe hier dein Schreiben. Du hast in allem recht, nur dein Lösungsvorschlag ist schlecht: schon wieder eine Kommission. Ich kann sie nicht ausstehen, das ist nur Gequatsche. Es gibt schon wer weiß wie viele davon, und da willst du noch eine. Mein Vorschlag sieht so aus: Lass uns eine Wirtschaftabteilung im ZK schaffen, und überleg mal, wen wir dafür nehmen. Sie müsste von einem vernünftigen Mann geleitet werden, der sich ausschließlich damit befasst.«
    Ein besseres Ergebnis hätte ich mir nicht träumen lassen können.
    Als Andropow und ich jetzt einen Kandidaten suchten, bestand ich darauf, es müsse ein ganz neuer Mann sein. Die Wahl fiel auf Ryschkow, den damaligen Ersten Stellvertreter des Vorsitzenden der Staatlichen Planungskommission. Ich hatte den Eindruck, dass er trotz seiner Neigung zu technokratischem Herangehen imstande war, in größeren Zusammenhängen zu denken, und aufgeschlossen für neue Ideen war. Auf der Plenartagung am 22 . November wurde er zum Sekretär des ZK gewählt.
    Zwischen Andropow und Ryschkow bildete sich ein gutes Verhältnis heraus. Ryschkow betete Andropow an und reagierte auf jede Unterhaltung mit ihm sehr emotional. Mit seinem Eintritt ins ZK wurde unsere Zusammenarbeit eng und stet. Andropow achtete übrigens sehr darauf, dass seine Mitarbeiter nicht nur Gleichgesinnte waren, sondern sich auch gut miteinander verstanden.
    Auch bei den ideologischen Strukturen des ZK nahm Andropow Änderungen vor. Sie beschäftigten sich mit nichts anderem als dem Lobpreis Breschnews, seiner Person, seines Stils, seiner Politik. ZK -Sekretär für Ideologie war seit 1976 Simjanin, für dessen Aufstieg auf diesen Posten sich Tschernenko ins Zeug gelegt hatte. Sie bliesen in dasselbe Horn.
    Anfangs dachte ich, Andropow strebe radikalere Veränderungen in diesem Bereich an. Er hatte schon früher oft gesagt, es müsse eine ernsthafte Unterhaltung über Probleme der Ideologie stattfinden und hatte an das Schreiben erinnert, das er selbst aus gegebenem Anlass an Breschnew geleitet hatte. Später schickte mir Andropow dieses Schreiben, und es enttäuschte mich, ehrlich gesagt: Es enthielt absolut nichts Neues. Nur Änderungen des allgemeinen Propagandastils und eine Abkehr von alten Stereotypen wurden als wünschenswert bezeichnet. Von der Notwendigkeit einer theoretischen Durchdringung der neuen Realität war keine Rede. Und nicht nur das. Im Innern des KGB verfasst, war dieses Schreiben auch durchaus vom Geiste dieses Apparates geprägt. Betont wurde vor allem, es gelte, »Ordnung zu schaffen« und eine »offensivere Haltung« in der Ideologie einzunehmen.
    Deshalb wunderte ich mich wohl auch nicht, dass die in diesem Bereich vorgenommenen Einschnitte unerheblich waren. Simjanin blieb auf seinem Posten, der Leiter der Propagandaabteilung Tjaschelnikow wurde im Dezember 1982 durch Stukalin abgelöst. Dieser war zwar solider, aber so vorsichtig, dass er nicht die geringste Eigeninitiative zeigte. Mit anderen Worten: Andropow wollte den ideologischen Apparat aufbessern, ohne den Mechanismus und das Wesen, wie er funktionierte, anzutasten.
    Trapesnikow, der Leiter der Abteilung Wissenschaft und Lehranstalten, einer anderen wichtigen Abteilung, die ebenfalls Simjanin unterstand, wurde im Sommer 1983 abgelöst. Er hatte diesen Posten 1965 nur dank Breschnew bekommen, mit dem er in Moldawien gearbeitet hatte. Die ganzen Jahre hatte er sich in diesem Amt nur dank der Unterstützung des Generalsekretärs und Tschernenkos halten können, obwohl er die Beziehungen zwischen dem ZK und der Akademie der Wissenschaften gründlich verdorben hatte. Für die meisten Wissenschaftler und für die Intelligenzija überhaupt war er eine anrüchige Gestalt.
    Die Akademie der Wissenschaften hatte seine Kandidatur zum

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