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Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Titel: Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Gorbatschow
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so vor, es sei denn, Fragen, die eine dringende Lösung erforderten, brachten mich aus dem Konzept. Aber dazu später.
    Und zweitens: Ich schlug vor, einen Entwicklungsplan für die Landwirtschaft auszuarbeiten, der industrielle Techniken, Spezialisierung und Konzentration der Produktion und eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Landbevölkerung vorsah. Die Zeit für Veränderungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen war gekommen, neue Generationen waren herangewachsen.
    Zuerst gab es eine Diskussion, aber dann wurde der Vorschlag des Vorsitzenden des Exekutivkomitees des Regionssowjets, Nikolaj Bosenko, angenommen und die Diskussion vertagt. Damit begann ein Prozess der gemeinsamen Suche – zusammen mit Wissenschaftlern, Fachleuten und Praktikern. Der Entwicklungsplan für die Landwirtschaft wurde im Herbst 1970 vom Plenum des Regionskomitees gebilligt. Fast ein Jahrzehnt habe ich der Umsetzung dieses Plans gewidmet, aber auch als ich Stawropol verließ, sah ich, wie viel noch zu tun blieb. Die Hauptaufgabe war, Techniken zu finden, die unter den schwierigen klimatischen Bedingungen unserer Region eine stabile Landwirtschaft garantierten.
    Analysen des Stawropoler Forschungsinstituts belegten, dass es in dieser Zone im Verlauf eines Jahrhunderts 75 ertragsarme, darunter 52  Dürrejahre gegeben hatte. Das heißt, diese Zone war für den Ackerbau ungünstig.
    Ich erinnere mich an einen Vorfall. 1974 erwarteten wir eine gute Ernte. Während das Getreide reifte, kam Kulakow zu Besuch, um sich mit seinen Wählern zu treffen (er kandidierte hier für den Obersten Sowjet der UDSSR ). Wir führten ihn durch die Steppenregionen, wo das meiste Getreide wuchs. In dieser Zone lag auch sein Wahlkreis. Als er die Getreidemassen sah, sagte er fast ein wenig beleidigt: »Warum versteckt ihr das Getreide vor mir, meine Freunde?«
    »Wieso, wir zeigen es Ihnen doch, Fjodor Dawydowitsch?! Aber was aus diesem Getreide wird, bleibt erst noch abzuwarten. Sie wissen ja, zwei Tage können im Stawropoler Land alles verderben.«
    Aber Kulakow war davon überzeugt, das Getreide sei faktisch reif, man müsse zur Ernte mindestens zehntausend Fahrzeuge in die Region schicken. Nach Moskau zurückgekehrt, sagte er: »In Stawropol können wir uns in diesem Jahr auf eine reiche Getreideernte einrichten.«
    Leider sollten wir mit unseren Befürchtungen recht behalten. Vom 29 . Juni bis zum 2 . Juli, vier Tage lang, regnete es, dann trat die Hitze ein, und Trockenwinde kamen auf. Wir ernteten nur 15  Dezitonnen pro Hektar. Das war genau der Grund, weshalb das Problem stabiler Ernten von Getreide und Viehfutter gelöst werden musste.
    Es begann damit, dass ich Alexejewskij einlud, den Minister für Bodenmelioration und Wasserwirtschaft, und ihn mit unseren Plänen zum forcierten Bau von Bewässerungs- und Berieselungsanlagen bekannt machte. Es ging um den Bau eines 480  Kilometer langen Kanals vom Kubangebiet bis zu den kalmückischen Steppen, der es möglich machen sollte, eine Fläche von drei Millionen Hektar zu berieseln und 800 000  Hektar zu besprengen. »Gut«, sagte Alexejewskij zum Abschluss der Diskussion unserer Vorschläge, »jetzt kümmern Sie sich um einen Termin beim Generalsekretär. Ich unterstütze Sie.«
    Ein Zufall half. (Wieder der Zufall!) In Baku wurde das fünfzigjährige Jubiläum der Sowjetmacht begangen. Dazu waren Gäste aus den anderen Republiken geladen, und ich gehörte zur Delegation der Russischen Föderation. Auch Breschnew kam. In Aserbaidschan war er nicht nur beliebt, sondern wurde richtig vergöttert. Noch immer habe ich diese wogenden Massen vor Augen, die in den paar Stunden an der Tribüne vorbeidefilierten.
    Ich befand mich zusammen mit den anderen Gästen auf der Tribüne, die für den Generalsekretär und die Führung Aserbaidschans reserviert war. Als Breschnew sich ein wenig die Beine vertrat, sprach ich ihn an: »Darf ich Sie stören? Ich brauche fünf Minuten.«
    »Das ist aber wenig«, sagte er aus Spaß.
    »Es geht um einen Vorschlag, der an unser erstes Gespräch über die Dürrezeiten in Stawropol anknüpft. Wir haben Fragen und konkrete Vorschläge ausgearbeitet. Das Ministerium von Alexejewskij hat sie gebilligt.«
    Ich bekam die Zusage für einen Termin. Das Treffen fand im Dezember statt. Breschnew hörte mir aufmerksam zu. Er schaute sich alle Berechnungen und Schemata an, stellte viele Fragen und bat darum, ihm das Material dazulassen, darunter auch die Tabelle »Dürreperioden und

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