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Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Titel: Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Gorbatschow
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Breschnew absprichst und er dich nach meiner Meinung fragt, dann sag, ich unterstütze dich bei dieser Änderung des Ackerbausystems.«
    Ein wichtiges Argument meiner Überlegungen war die schwere Dürre in den Jahren 1975 und 1976 .
    Nach dem Treffen mit Kulakow sandte ich Breschnew einen Bericht auf die Krim, wo er Urlaub machte. Es verging ein Tag, ein zweiter … Am dritten Tag klingelte nachts das Telefon: ein Anruf aus dem Regionskomitee. Ein diensthabender Mitarbeiter: »Michail Sergejitsch, ein wichtiges verschlüsseltes Telegramm.«
    Das war nicht das, was ich erwartete, sondern das genaue Gegenteil. Allen Sekretären der Gebiets- und Regionskomitees wurde der Bericht einer Gruppe von Mitgliedern der Akademie für Agrarwissenschaften zugestellt, wonach im Moment günstige Voraussetzungen bestünden, um die Anbauflächen für Wintergetreide zu vergrößern. Der Sommerregen hatte tatsächlich solche Voraussetzungen geschaffen, aber ich hatte in meinem Bericht an Breschnew darauf gedrungen, die Wintersaat zu reduzieren, um die Brachflächen einzuführen. Natürlich war der Bericht der Akademiker nicht ohne Kulakow zustande gekommen. Aber so ist das Leben eben.
    Weitere ein, zwei Tage strichen ins Land. Endlich kam der Anruf des Generalsekretärs: »Michail Sergejewitsch, ich habe deinen Bericht gelesen, darüber nachgedacht und mich beraten. Weißt du, ich habe mich an Kasachstan erinnert, wo ich einmal gearbeitet habe. Terentij Malzew (ein hervorragender Agronom aus dem Gebiet Kurgan) hat mir damals gesagt, ohne Brachflächen sei nichts zu machen. Also tu, was du vorschlägst. Du hast meine Unterstützung.«
    In den zentralen Organen war das Vorurteil gegen die Brachflächen tief verwurzelt. Ich glaube, Breschnew ist es nicht leichtgefallen, die Stawropoler zu unterstützen.
    Wieder flog ich nach Moskau. Zusammen mit Karlow, Leiter der Landwirtschaftsabteilung des ZK , und dem Landwirtschaftsministerium erarbeitete ich eine Vorlage für einen Beschluss des Politbüros und der Regierung, in der Stawropoler Region das Verfahren des »trockenen Ackerbaus« einzuführen. Der Beschluss kam bald darauf zustande. Aber die Tinte war noch nicht getrocknet, da wurde versucht, diesen Beschluss zu boykottieren. Zuerst taten sich die Funktionäre des Russischen Ministerrats dabei hervor; wenig später folgte zu meiner großen Verwunderung ein Beschluss des Politbüros, die Getreideanbauflächen in allen Regionen des Landes zu vergrößern. Aber da ich den Generalsekretär des ZK auf meiner Seite wusste, ließ ich mich nicht einschüchtern.
    Im folgenden Jahr, 1977 , war die Ernte gut, nicht zuletzt dank der Brachflächen und der Einbringung der Ernte mit einer neuen Technik. Und 1978 hatten wir eine wunderbare Ernte, zwei Tonnen pro Stawropoler; die Methoden des trockenen Ackerbaus bewährten sich immer mehr. Dieses System wird bis heute angewandt: Kürzlich war ich in meiner Heimat und freute mich darüber, dass jetzt 7 , 8  Millionen Tonnen Getreide in der Region eingebracht werden und es 2009 eine Rekordernte von neun Millionen Tonnen gab. Nikolaj Tereschtschenko wurde »Held der Sozialistischen Arbeit« und auf dem Parteitag der KPDSU ins ZK gewählt.
    Diese Erfolge waren wichtig, stellten aber nur einen Teil unseres komplexen Programms dar. Alles lief auf die Futterbasis für die Viehzucht hinaus. Deshalb mussten neben dem Getreideanbau nach dem neuen Verfahren gleichzeitig der Bau des Kanals forciert und der Futteranbau auf die bewässerten Böden verlagert werden. Wieder half den Stawropolern der Generalsekretär. Er erkundigte sich dauernd, was der Kanal mache, und ich berichtete, alles laufe nach Plan. Aber einmal, als er wieder diese Antwort von mir bekommen hatte, sagte er: »Hör mal, Michail Sergejewitsch, ist der Stawropoler Kanal der größte der Welt?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Und was baut und baut ihr dann, und immer noch ist kein Ende in Sicht?«
    Ich geriet ins Schwitzen, beschloss aber, diese Bemerkung des Generalsekretärs auszunutzen. Zuerst erzählte ich Kulakow von diesem Gespräch. Seine Reaktion erstaunte mich: »Das kannst du dir kein zweites Mal sagen lassen!« Ich verstand den Sinn seiner Bemerkung und machte mich sofort zu einem Treffen mit Solomenzew, dem Vorsitzenden des Ministerrats der Russischen Föderation, und zum Russischen und Sowjetischen Ministerium für Bodenmelioration auf. Sie sagten uns ihre Unterstützung zu. Umso mehr als offenkundig war, dass der Bau gut war. Zwar

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