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Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)

Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)

Titel: Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Potente
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Gang.
    »Tim?«
    Ein absurder Gedanke durchfuhr ihn. War das Peter? Kam er vorbei, um mit ihm zu reden?
    »Hey, ist jemand zu Hause?« Die Schritte kamen näher.
    Larry Greenblatt.
    Tim stemmte sich hoch und griff ein Handtuch. »Moment!«
    Er drehte den Duschkopf auf und begann die Kotze wegzuspülen. Der Abfluss verstopfte. Tim griff in das Gemisch aus Scotch und Burger, warf den Brei in die Toilettenschüssel.
    Es klopfte heftig an der Badezimmertür. »Surprise!! Lass dir Zeit, Alter, ich bin’s, dein alter Kumpel Larry!«
    Als er mit Handtuch um die Hüften heraustrat, fand er Larry im Wohnzimmer. Er hatte eine kleine schwarze Reisetasche vor sich abgestellt. Teures Leder.
    »Alter Schlepper!«, rief Larry, und sie umarmten sich lange. Den lebendigen Freund zu spüren erfüllte Tim mit Energie und Freude.
    Sie sahen einander an. »Siehst blass aus, mein Fraynd!« Herzlich rieb Larry ihm die Schulter.
    Larry hatte abgenommen. Das Haar war schütter geworden. Die Falten zahlreicher, tiefer. Er trug Anzug mit rotem Einstecktuch und ein hellblaues Hemd, drei Knöpfe geöffnet. Das Brusthaar sichtbar. So kannte Tim ihn. Ready to party, so viel stand fest.
    Larry sah sich um, bemerkte das Chaos, lachte laut. »Hattest du ’ne Party hier? Ist die Lady noch da?«
    Befreit lachte Tim. Sein Schmerz war sofort gelindert. »Schön wär’s. Mach’s dir bequem. Ich zieh mir rasch was an.« Mit einer Handbewegung klaubte er im Flur seine Sachen zusammen.
    Den Umschlag warf er auf die Anrichte in der Küche.
    Larry hatte der Himmel geschickt.
    Sie bestellten beim Chinesen. Larry hatte mit seinem iPhone einen Bestellservice in der Nähe ausfindig gemacht.
    In der Tüte lagen Glückskekse. »Ihre Geduld wird auf die Probe gestellt. Jemand testet Sie«, stand auf seinem. Waren die Vorhersagen nicht immer positiv? Wieso bekam man ungefragt schlechte Nachrichten zum Essen geliefert?
    Sie lachten darüber, tranken eine Flasche Rotwein und einen halben Scotch dazu. Die leeren Schachteln mit den klebrigen Stäbchen türmten sich auf dem Couchtisch.
    Larrys Jackett lag auf dem Boden. Er hatte die Schuhe ausgezogen. Er war still geworden, wirkte erschöpft. Er erzählte Tim, dass Michele ihn vor zwei Monaten verlassen hatte. Sie hatte ihn rausgeschmissen. Larry nahm kein Blatt vor den Mund.
    Er gestand Tim, dass er sie betrogen hatte. Und dass es ihm egal war, als sie es herausfand.
    Michele war nie schwanger geworden. Sie hatten Tests gemacht. Larrys Spermien waren zu langsam. Ihm war das egal, er wollte nicht unbedingt Kinder. Michele war es nicht egal. Irgendwann hatten sie nur noch gestritten.
    Und auch Larry hatte in der Krise den JP -Morgan-Job verloren. Er fand einen neuen Job als Investmentberater, verdiente aber weniger als die Hälfte. Das hieß ein kleineres Apartment, längere Arbeitszeiten. Michele hatte sich das Leben als Mrs Greenblatt anders vorgestellt. Mit drei Kindern in feudaler Wohnung.
    Larry goss ihnen noch einen Scotch ein. »Ist das nicht, was ’ne gute Ehe ausmacht? Man bleibt auch, wenn’s scheiße läuft …? Ich dachte immer, das ist der Grund, warum man heiratet … Dass da einer ist, der dableibt, auch wenn’s anders kommt.«
    Sie tranken. Rauchten.
    Larry hatte recht.
    Seine Frau zu schlagen fiel allerdings nicht mehr in die Kategorie »wenn’s scheiße läuft«.
    »Und du? Was war los? Ich dachte immer, Liz und du, ihr seid glücklich?« Larry lehnte sich vor. Sein Gesicht sah müde aus.
    Tim fühlte sich augenblicklich erschöpft. »Lass uns morgen darüber reden.« Langsam stand Tim auf und öffnete die Schiebetür zum Garten.
    Das Wohnzimmer war verraucht, es begann selbst ihn zu stören.
    Der Garten lag im Dämmerlicht. Friedlich.
    Tim atmete die kühle Luft ein. Dachte darüber nach, was Larry gesagt hatte.
    Da hörte er in seinem Rücken ein leises Schnarchen. Larry war im Sessel eingeschlafen. Sein Kinn lag auf der Brust. Die Trennung musste ihn mitgenommen haben. Auch wenn er es nicht zugab.
    Tim setzte sich dem schlafenden Freund gegenüber, das leise Schnarchen entspannte ihn.
    Er musste mit Derek sprechen. Er konnte nicht das letzte bisschen Familie verlieren, das ihm noch geblieben war. Dieser Gedanke beunruhigte ihn, und er suchte nach seinem Handy. »Es tut mir leid. Verzeih. Können wir reden? Dad.«

13
    Der Duft von frischem Kaffee zog aus der Küche herüber. Entfernt hörte er die Maschine rattern. Schränke wurden geöffnet. Der Wasserhahn rauschte. Ein Teller wurde

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