Allmen und die Dahlien (German Edition)
ließ. Sie schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln und kam sofort zur Sache:
»Man darf im Haus nicht wissen, wonach Sie suchen, das ist Ihnen wohl klar. Das, was verschwunden ist, hat es nie gegeben.«
»Davon bin ich ausgegangen.«
»Gut.« Frau Talfeld trank den letzten Schluck aus ihrem Glas und aß die Kirsche. »Wie wollen Sie also vorgehen?«
»Diskret.« Allmen lächelte.
Aber Cheryl Talfeld blieb sachlich. »Wir brauchen eine Sprachregelung.«
»Haben Sie einen Vorschlag?«
»Nein, und Sie?«
Allmen dachte nach. Der Kellner verschaffte ihm ein wenig Zeit. Er brachte die Drinks. Der von Frau Talfeld stellte sich als Manhattan heraus.
»Wir machen eine Sicherheitsstudie. Im Auftrag der Versicherung.«
»Und wenn jemand bei der Versicherung nachfragt?«
»Nicht im Auftrag der bestehenden. Das Hotel hat ein Konkurrenzunternehmen um eine Offerte gebeten, und diese macht jetzt eine Risikoabklärung.«
Sie dachte kurz nach und nickte dann. »Klingt gut. Wie heißt das Konkurrenzunternehmen?«
»Keine Ahnung, ich kenne mich nicht aus mit Versicherungen.«
»Nehmen wir Ihre.«
»Ich habe keine.«
»Ein Detektiv ohne Versicherung?«
»Ein Detektiv kennt keine Angst.«
Jetzt lachte Cheryl Talfeld zum ersten Mal.
»Um welche Versicherung es sich handelt, ist geheim«, schlug Allmen vor. »Allmen International Inquiries gibt die Namen ihrer Mandanten niemals preis.«
Damit gab sich Frau Talfeld zufrieden. Sie griff zu ihrem Manhattan und nahm einen undamenhaft großen Schluck davon.
»Und was ist mit dem Personal von Madame Gutbauer? Die wissen ja von dem Diebstahl.«
»Nur Monsieur Louis, der Butler, und Carmen, das für Madame Gutbauer zuständige Zimmermädchen. Auf beide ist absolut Verlass.«
»Und«, Allmen warf einen Blick auf seine Notizen, »Rosa Cotti, Carmens Vertretung?«
»Kam von einem Personalvermittler.«
»Aber sie weiß von dem verschwundenen Bild.«
»Monsieur Louis hat ihr gesagt, es sei wieder aufgetaucht.«
»Und das hat sie geglaubt?«
»Weshalb sollte sie nicht?«
»Zum Beispiel, weil sie es war.«
»Wie gesagt: zu dumm.«
Carlos hatte ihn gelehrt, die Intelligenz seiner Mitmenschen nie zu unterschätzen. »Vielleicht stellt sie sich nur dumm.«
»Auch dafür ist sie zu dumm.«
Er wechselte das Thema. »Gibt es sonst noch eine Spielregel?«
»Halten Sie sich an Herrn Klettmann, den Concierge. Er ist schon über dreißig Jahre hier.«
Allmen hatte den Mann bemerkt, er war nicht zu übersehen. Er war dünn und groß und haar-, wimpern- und brauenlos. Das Lid seines rechten Auges konnte er nicht ganz öffnen. Er war gezwungen, das Kinn hoch zu tragen, was seiner Uniform und seinem Amt noch mehr Würde verlieh. Herr Klettmann hatte Allmen ganz selbstverständlich mit Namen begrüßt.
»Können Sie mir eine Liste aller Leute geben, die zum kritischen Zeitpunkt Zugang zur vierten Etage hatten?«
»Etwa so?« Frau Talfeld zog ein Blatt aus der Handtasche und überreichte es ihm.
Unter dem Titel »Personal« standen neun Namen, einschließlich dem von Cheryl Talfeld, Personal Assistant. Darunter, in der Rubrik »Lieferanten«, drei weitere: Gorandi, Installateur; Salmeier, »Kinohow«; Dr. Aldo Kersthuber, Arzt. Allmen nahm zur Kenntnis, dass Madame Gutbauers Ärzte unter »Lieferanten« rangierten.
»Gorandi hat die Heizkörper entlüftet, Salmeier hat die Lampe des Beamers ausgewechselt, und Doktor Kersthuber kam zu einem Routinebesuch. Ich glaube kaum, dass Sie da fündig werden.«
»Irgendjemand muss das Bild aus der Etage geschmuggelt haben. Oder jemanden hereingelassen haben. Jemanden vom Hotelpersonal. Oder von den Lieferanten. Oder einen Restaurantbesucher. Oder einen Gast.«
»Gäste«, protestierte Cheryl Talfeld, »Gäste befragen Sie selbstverständlich nicht.«
»Es sei denn, sie waren am vierten April bereits hier.«
Sie zögerte.
Er schränkte es weiter ein: »Falls es sich als nötig erweisen sollte.«
»Die Gäste hier bleiben nur kurz. Das würde vor allem die paar Dauergäste betreffen. Weshalb sollten die plötzlich Bilder stehlen?«
Jetzt befanden sie sich auf einem Gebiet, auf dem Allmen sich auskannte. »Aus finanziellen Gründen?«
Frau Talfeld schüttelte entschieden den Kopf. »Bei allen drei handelt es sich um wohlsituierte Gäste. Die Suiten sind nicht billig.«
»Eben.«
Sie hob die Schultern. »Okay. Aber nur, wenn Sie sonst nicht weiterkommen.«
»Versprochen.« Sie tranken beide den zweiten Schluck. Cheryl Talfelds Glas war
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