Allmen und die Dahlien (German Edition)
Tee.«
Die Vorstellung gefiel Allmen. Seiner Stimme fehlte es am nötigen Ernst, als er fragte: »Und wie kamen Sie auf die Idee, das Bild zu entwenden?«
»Wissen Sie, ich lese Zeitung. In meiner Situation gibt es nicht mehr viel zu tun außer Zeitung lesen, Patiencen legen und Cocktails trinken. Eines Tages las ich die Meldung über den Fantin-Latour, der bei Murphys’ einen so hohen Preis erzielt hatte, und erwähnte die Sache, weil ich von dem Bild desselben Malers wusste, das Hardy einst für Dalia gestohlen hatte. Der wiederum wusste, dass das Bild noch immer bei ihr hing, weil vor Jahren ein indiskretes Zimmermädchen es auf der Fotografie erkannt hatte, die über Hardys Bett hing. Und Claude war es schließlich, der wusste, wer der Mann war, der bei der Versteigerung überboten wurde.«
»Und Sie kamen auf die Idee, es zu klauen.«
»Nein, das war Hardy. Aber ich hatte die Idee, wie.«
»Cheryl Talfeld.«
Teresa Cutress trank den kleinen Schluck, der sich noch in ihrem Glas befand. »Claude hat sehr viel Charme.«
»Und den Gewinn haben Sie geteilt?
»Auf diese Weise verhilft Dalia uns zu ein bisschen Unabhängigkeit von Dalia.«
Allmens Handy leuchtete auf. »Tenz« stand auf dem Display. »Verzeihen Sie, das muss ich nehmen.«
Allmen nahm den Anruf an, sagte »Moment« und ging in die Empfangshalle. »So, jetzt kann ich reden.«
»Sie wollen mich sprechen?«
»Dringend. Wo kann ich Sie treffen?«
»Kennen Sie Biarritz?«
»Das Restaurant?«
»Die Stadt am Atlantik.«
»Kenne ich. Wo wohnen Sie?«
»Dort, wo auch Sie wohnen würden.«
»Wann?«
»Achtzehn Uhr? Aperitif?«
»In der Bar?«
»D’accord.«
Er legte auf, rief die Reiseabteilung von Allmen International Inquiries an und beauftragte sie mit der Organisation der Reise. » Muy bien, Don John«, sagte der Reisespezialist. » Muchas gracias, Carlos«, antwortete sein Auftraggeber.
5
Der Himmel hing tief über dem aufgewühlten Atlantik. Allmen hatte einen holprigen Flug in einer für seinen Geschmack viel zu kleinen Maschine hinter sich und fuhr nun in der nach kaltem Tabak stinkenden Limousine eines zum Glück wortkargen Basken auf der Küstenstraße Richtung Biarritz.
Carlos hatte ihm die Douglas-Fairbanks-Suite reserviert, seine Lieblingssuite im Hôtel du Palais. Obwohl er vorhatte, am nächsten Tag wieder zurückzufliegen, lagen im Kofferraum zwei Gepäckstücke: sein kleiner Reisekoffer und sein lederner Kleidersack auf Rollen.
Allmen trug noch immer die seidene Augenklappe. Sie hatte ihm eine bisher nicht gekannte Tatkraft verliehen. Und er glaubte, dass er diese für seine Verhandlungen mit Tenz würde gebrauchen können.
Sie passierten das schmiedeeiserne Tor und die Auffahrt zum du Palais. Der Anblick des Schlösschens auf seiner kleinen Landzunge weckte Erinnerungen an längst vergangene Augustwochen.
Der Wagenmeister, der das Entladen des Wagens dirigierte, war noch derselbe. »Monsieur de Allmen« nannte er ihn.
Er betrat die luftige Empfangshalle mit der breiten Freitreppe, die sich wie schwerelos zu den oberen Etagen emporschwang. Die junge Rezeptionistin hatte er noch nie gesehen, aber sie begrüßte ihn mit »Willkommen zurück im du Palais« und legte ihm den Meldeschein zur Unterschrift vor. Alles andere war bereits ausgefüllt. Die Adresse stimmte noch, Villa Schwarzacker. Dass Allmen inzwischen nicht mehr im Haupthaus, sondern im Gärtnerhäuschen lebte, ging auch hier niemanden etwas an.
Die Douglas-Fairbanks-Suite war unverändert: Schlafzimmer, Salon, Boudoir, alles mit ausgesuchten Empiremöbeln eingerichtet. Viel Marmor in Bad und Toilette und nach wie vor die runde Badewanne, die er schon damals als etwas deplaciert empfunden hatte.
Er ging an eines der hohen Fenster und öffnete es. Die Wellen überspülten den menschenleeren Strand. Die Sturmfahne knatterte am Mast neben dem unbemannten Lebensretterturm. Weit draußen ein unverdrossener Surfer.
Er schloss das Fenster und packte seine Koffer aus. Dann duschte er und zog den schiefergrauen Kaschmirdreiteiler an. Eine Weste konnte bei diesem Wetter nicht schaden.
Als er die Krawatte band, fiel sein Blick auf ein kleines gerahmtes Foto, und er musste lächeln. Es zeigte den jungen Douglas Fairbanks. Er trug eine Augenklappe.
Die Bar war leer bis auf ein altes Ehepaar, das aussah, als wäre es von der tea time übriggeblieben. Die Frau las Zeitung, der Mann löste ein Kreuzworträtsel. Es schien nicht besonders schwierig zu sein, denn jedes
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