Allmen und die verschwundene María
in meiner Tasche, fünfzigtausend für die Reparatur!«, rief Allmen und deutete mit dem Finger der rechten erhobenen Hand auf seine Außentasche.
Die beiden tauschten ein paar Worte. Der Hässliche zog die Waffe aus dem Hosenbund und kam näher.
Allmen roch eine Mischung aus Nikotin und Alkohol. Der Mann griff in die Tasche und holte das Bündel Tausender heraus. Er wandte sich ab und brachte das Geld zu seinem Komplizen zurück, wie ein Hündchen sein Stöckchen.
[112] »Damit können Sie das Bild restaurieren lassen. Vielleicht bleibt noch etwas übrig.«
Die beiden verhandelten leise. Sie schienen zu einem Resultat gekommen zu sein, denn der Bullige hob seine Waffe und zielte in ihre Richtung. Der andere ließ seine Pistole sinken und rief: »Vieni qua!« in die Richtung des Findlings.
Langsam und mit gesenktem Kopf kam María hervor. Sie warf Carlos und Allmen einen kurzen Blick voller Angst und Tränen zu.
Dann ging sie an dem Mann vorbei in die Richtung, die er ihr mit der Waffe wies. Sie sah schwach und schmal aus. Ihr Kleid war zerknittert, die Hände waren auf den Rücken gefesselt und ihre Schritte unsicher.
»María!«, rief Carlos.
Sie rief etwas zurück, das sie nicht verstanden.
10
Die Sonne schien durch das Glasdach der Bibliothek, als wäre alles in bester Ordnung. Allmen und Carlos saßen vor dem kalten Schwedenofen und warteten auf ein Lebenszeichen der Entführer.
Der Bullige hatte sie in Schach gehalten, bis der andere Mann mit María im Wald verschwunden [113] war. Erst nach etwa fünf Minuten zog er sich langsam zurück und folgte ihnen.
Das Geld hatte er mitgenommen. Das Bild nicht.
Herr Arnold stellte keine Fragen. Aber Allmen sah ihm an, wie schwer es ihm diesmal fiel. Er fuhr im Rückwärtsgang die zweihundert Meter aus der Sackgasse hinaus und danach schweigend zur Villa Schwarzacker.
Auch Allmen und Carlos sprachen nicht. Alles, was sie zu sagen gehabt hätten, war nicht für Herrn Arnolds Ohren bestimmt.
Erst in der Bibliothek konnten sie sich beraten. Aber da verbarg Carlos erst einmal das Gesicht in den Händen und schluchzte.
Allmen wartete betreten. Endlich stand er von seinem Sessel auf, stellte sich neben ihn und tätschelte ihm unbeholfen die Schulter. »No llore usted«, sagte er, weinen Sie nicht. Dabei musste er selbst fast heulen. Nicht nur wegen des traurigen Carlos’ und seiner verschwundenen María, auch seinetwegen und wegen der Situation, in die er da geraten war.
Carlos fasste sich langsam.
»Ich glaube, jetzt sollten wir wirklich die Polizei einschalten«, schlug Allmen behutsam vor. Damit meinte er nichts anderes als: Ich glaube, jetzt sollten wir wirklich das Problem an die Fachleute [114] delegieren und ich mich in das sorglosere Leben zurückziehen.
Carlos sah ihn an. » No sé . Haben Sie gesehen, wie die mit María umgehen? Sie werden sie töten, wenn wir nicht tun, was sie verlangen.«
Allmen schwieg.
»Ich weiß, was Sie denken, Don John. Sie werden sie vielleicht auch umbringen, wenn wir tun, was sie verlangen.«
Allmen wehrte ab. »Nein, nein. Das habe ich nicht gedacht.«
»Ich schon. Aber ich möchte auch nicht wissen, wie viele Geiseln auf der Welt auf das Konto von Polizisten gehen.« Sie sahen beide das Bild an, das mit gewellter Leinwand an einem Bücherregal lehnte. Durch das Loch, das in dem Dahlienstrauß klaffte, konnte man zwei Buchrücken sehen.
Allmens Handy klingelte. Er meldete sich, lauschte, sagte zweimal: »Okay«, und dann: »Ungefähr zehn auf sieben Zentimeter.« Nach zwei weiteren Okays beendete er das Gespräch.
Carlos schien, dass Allmen etwas bleich geworden war. »¿Qué dicen?«
»Sie haben gesagt, dass wir das Bild restaurieren lassen müssen. Und zwar impeccabile . Dann machen sie den Austausch.«
»Wie viel Zeit geben sie uns, Don John?«
[115] »So lange, wie wir möchten, dass María bei ihnen bleibt, hat er gesagt.«
»¡Dios mío!« Carlos presste eine Hand gegen den Mund und starrte ausdruckslos vor sich hin.
»In zwei, drei Tagen ist María wieder bei uns«, behauptete Allmen.
»Ojalá«, seufzte Carlos.
Allmen erhob sich energisch von seinem Sessel, um sie beide aus ihrer Erstarrung zu befreien. »Kommen Sie, Carlos, vámonos .«
Carlos stand zögernd auf. »Don John?«
»Diga.«
»Haben Sie verstanden, was María gerufen hat?«
»Nein. Etwas mit › A ‹, glaube ich.«
»Am Telefon damals hatte sie auch etwas mit › A ‹ geschrien. Es klang wie alma , Seele. Oder
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