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Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition)

Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition)

Titel: Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karim El-Gawhary
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postkolonialen Spuk in den Rängen der Polizei Schluss sein. Laut seinem Erlass sollen die Paschas jetzt wieder zu ordinären Generälen werden, während die Beys zu Majoren und Hauptmännern degradiert werden.
    Das Außenministerium zeigte sich begeistert von der Idee, die alten Ideale der Republik Ägypten erneut hochzuhalten, und schloss sich prompt an. Aus offiziellen Schreiben des Ministeriums sind die Anreden Pascha und Bey nun verbannt. Und überhaupt, so der Minister, sollen seine Beamten im diplomatischen Dienst endlich aufhören, Attachés in den Anreden zu Botschaftern hochzureden, während die Botschafter als Unterstaatssekretäre betitelt werden.
    Die erste Reaktion der Bediensteten auf den Beschluss ihres vorgesetzten Ministers fiel positiv aus: „Keine Beys und Paschas mehr! Selbstverständlich – ganz wie Sie es wünschen, wird sofort erledigt – mein Pascha.“
    Volkszähler mit bösem Blick
    (Kairo, den 18. August 1996)
    Vater Staat zählt seine Schäfchen. Schon im hausnummerierten, computerregistrierten und amtshörigen Europa kein einfaches Unterfangen. Was aber tun in einem Land wie Ägypten, in dem die Postadresse mitunter lautet: „Zweite Tür hinter der Apotheke in der Straße gegenüber der Soundso-Moschee“?
    In den letzten Jahren haben sich zahllose ungeplante Viertel in die Wüste oder in das fruchtbare Ackerland rund um die Hauptstadt Kairo gefressen. Wer aller in diesem Wirrwarr aus illegalen Behausungen zu Dutzenden auf kleinstem Wohnraum lebt und arbeitet, weiß keiner so genau, am wenigsten der Staat. Mit diesem peinlichen behördlichen Unwissen soll nun Schluss sein. Der zwölfte ägyptische Zensus steht an. Alle zehn Jahre versucht der Staat erneut, seine Unwissenheit zu beheben.
    Gott sei mit dir – o du Volkszähler. Hunderttausende deiner Art haben sich bereits an ihre undankbare Arbeit gemacht. Im letzten Monat begann das Heer der Aufzeichner auszuschwärmen. In einer ersten Phase sollten sie zunächst das wild wuchernde Straßennetz erkunden. Nun streifen sie in einer zweiten Phase durchs Land. Vom einfachen Haus, Bürogebäude, Flüchtlingslager bis hin zu den inoffiziellen Behausungen oder gar den bewohnten Grabstätten der alten Friedhöfe, nichts soll ihren registrierenden Augen entgehen.
    Am 17. November wird dann die Klimax erreicht – Volkszähler werden vermeintlich an jede Tür klopfen … „Friede sei mit dir, ich bin der örtliche Volkszähler, darf ich Ihnen einige Fragen stellen …?“
    Selbstredend kamen das erste Mal die nördlichen Kolonialherren auf die Idee, das Volk am Nil in Zahlen zu fassen. „Moderne heißt genaueres Wissen über seine Untertanen“, dachten schon die Beamten, die Napoleon bei seiner Ägyptenexpedition Ende des 18. Jahrhunderts begleiteten. Der französische General Menou trug dem „Rat der Scheichs“ in Kairo den Befehl von General Bonaparte vor, laut dem fortan alle Geburten und Todesfälle genau aufgezeichnet werden mussten.
    Es sollte noch weitere hundert Jahre dauern, bis diesmal die Engländer zur ersten umfassenden Volkszählung ausholten. Dabei hatten sie es allerdings zumindest quantitativ einfacher als ihre heutigen Kollegen. Im Jahre 1897 kamen sie auf ganze 2,5 Millionen Ägypter. Heute leben allein in Kairo schätzungsweise 14 Millionen. Nur 5,5 Prozent des weitgehend unfruchtbaren Wüstenlandes sind bewohnbar. Das entspricht etwa 55 000 Quadratkilometern. Auf dieser Fläche, etwas größer als Niedersachsen, aber schon kleiner als Bayern, drängen sich heute schätzungsweise 60 Millionen Menschen.
    Die werden sich nicht ohne Widrigkeiten registrieren lassen. Sicherlich wird es am Nil keine Bewegung zum Volkszählungsboykott zwecks Datenschutz geben. Doch Schwierigkeiten mit der Korrektheit der Angaben schließt Mustafa Gaafar von der zuständigen „Zentralagentur für Mobilisierung der Öffentlichkeit und Statistik“ nicht aus. Da ist zum Beispiel die Angst vor dem bösen Blick. Viele gesunde Kinder bedeuten Wohlstand und könnten den Neid des Volkszählers und damit den bösen Blick auf eine Familie ziehen. Da ist es dann doch besser, etwas moderatere Familienzahlen anzugeben.
    Möglich ist auch das Gegenteil: dass sich eine Familie von einer überhöht angegebenen Kinderzahl mehr Subventionen erhofft. Wer kann das in diesem großen Durcheinander jemals überprüfen? Bleibt die Hoffnung, dass sich die Fehler am Ende doch noch ausgleichen werden. Auch die profane Angst vor Steuern mag für zusätzliche

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