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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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drüben.« »Danke.«
    »Okay.« Der Mann widmete sich wieder seinem SF-Roman.
    Boling überlegte hektisch. Was sollte er machen? Den Angestellten auffordern, die Spielhalle zu evakuieren? Nein, das würde Travis bemerken. Am besten wählte er den Notruf. Aber vorher wollte er nachschauen, ob der Junge allein war. Ob Travis wohl die Pistole dabeihatte?
    Er stellte sich vor, wie er ganz beiläufig vorbeischlenderte, dem Jungen die Waffe aus dem Gürtel riss und ihn in Schach hielt, bis die Polizei kam.
    Nein. Das machst du nicht. Auf gar keinen Fall.
    Mit schweißnassen Händen ging Boling langsam auf Station 43 zu und warf hastig einen Blick um die Ecke. Auf dem Bildschirm war die Landschaft von Aetheria zu sehen, aber der Sitzplatz war leer.
    Im Gang hielt sich niemand auf. Station 44 war nicht belegt, aber in der Nummer 42 saß ein Mädchen mit kurzen grünen Haaren und spielte ein Prügelspiel.
    Boling ging zu ihr. »Verzeihung.«
    Das Mädchen verarbeitete seinen Gegner soeben zu Kleinholz. Schließlich fiel das Geschöpf tot zu Boden. Ihr Avatar stieg auf den Leichnam und riss ihm den Kopf ab. »Ja?« Sie blickte nicht auf.
    »Der Junge, der hier nebenan gerade DQ gespielt hat. Wo ist er?«
    »Keine Ahnung. Jimmy kam vorbei und hat was gesagt, und da ist er gegangen. Vor einer Minute.« »Wer ist Jimmy?«
    »Na, der Kerl vorne am Tresen, Sie wissen schon.«
    Verdammt noch mal! Ich habe diesem Arschloch gerade vierzig Dollar dafür bezahlt, dass er Travis warnt. Ein toller Cop bin ich.
    Boling schaute wütend zu dem Mann hinüber, der auffällig angestrengt in seinen Roman vertieft blieb.
    Der Professor lief zum Hinterausgang hinaus. Seine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt, und so war er im ersten Moment geblendet. Er blieb in der Gasse stehen und schaute mit zusammengekniffenen Augen nach links und rechts. Dann entdeckte er in der Ferne einen jungen Mann, der sich mit gesenktem Kopf eilig entfernte.
    Mach keine Dummheiten, ermahnte er sich und zog sein BlackBerry aus dem Gürtelfutteral.
    Der Junge vor ihm fing an zu laufen.
    Jon Boling überlegte genau eine Sekunde lang, dann lief er hinterher.
     

Kapitel 29
    Hamilton Royce, der Ombudsmann von der Generalstaatsanwaltschaft in Sacramento, trennte die Mobilfunkverbindung, ließ die Hand mit dem Telefon sinken und dachte über das soeben geführte Gespräch nach - und über die dabei benutzten Euphemismen.
    Er blieb auf dem Flur des CBI und erwog Alternativen.
    Schließlich kehrte er in Charles Overbys Büro zurück.
    Der Dienststellenleiter saß zurückgelehnt vor seinem Computerbildschirm und verfolgte einen Fernsehbeitrag über den Fall. Wie es der Polizei beinahe gelungen wäre, den Killer beim Haus eines Freundes des Bloggers zu fangen, wie er aber trotzdem entkommen sei, um nun noch mehr Leute auf der Halbinsel Monterey zu terrorisieren.
    Royce dachte bei sich, dass die schlichte Meldung, die Polizei habe den Freund gerettet, wohl nicht ganz dem sensationslüsternen Prinzip entsprochen hätte, dem die Redaktion offenbar folgte.
    Mit einem Tastendruck schaltete Overby zu einem anderen Sender um. Der Moderator der Sondersendung zog es anscheinend vor, Travis als »Videospiel-Killer« zu bezeichnen und ihn nicht durch Masken oder Kreuze zu charakterisieren. Er beschrieb gerade, wie der Junge seine Opfer folterte, bevor er sie umbrachte.
    Es spielte keine Rolle, dass es bislang lediglich einen Toten gegeben hatte, der zudem mitten in einem Fluchtversuch durch einen Schuss in den Hinterkopf getötet worden war. Was bedeutete, dass er so gut wie keine Qualen erlitten hatte.
    Royce meldete sich zu Wort. »Tja, Charles, die Besorgnis nimmt zu. Das war der AG.« Er hob sein Telefon, als würde er bei einer Razzia seine Dienstmarke vorzeigen.
    »Wir sind alle ziemlich besorgt«, echote Overby. »Die ganze Halbinsel ist besorgt. Die Angelegenheit genießt bei uns absolute Priorität, wie ich schon sagte.« Seine Miene umwölkte sich. »Hat Sacramento denn ein Problem damit, wie wir den Fall bearbeiten?«
    »Nicht per se.« Royce ließ diese nichtssagende Antwort wie eine angriffslustige Hornisse um Overbys Kopf herumschwirren.
    »Wir tun alles, was in unserer Macht steht.«
    »Diese Ermittlerin, Dance, gefällt mir.«
    »Oh, sie ist absolute Spitze. Ihr entgeht nichts.«
    Ein bedächtiges Nicken, ein nachdenkliches Nicken. »Dem AG tun die Opfer sehr leid. Genau wie mir.« Royce tränkte seine Stimme mit Anteilnahme und versuchte sich zu erinnern, wann er

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