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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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nicht mehr allzu beeindruckt von meiner Detektivarbeit sein, dachte Boling.
    Er wählte den Notruf, nannte seinen Standort und meldete, er habe Travis Brigham gesehen. Die Frau in der Funkzentrale sagte, ein Streifenwagen werde in fünf Minuten bei der Spielhalle eintreffen.
    Okay, genug gespielt, sagte er sich. Seine Stärken lagen auf akademischem Gebiet, in der Lehre und intellektuellen Analyse.
    Er war ein Mann der Gedanken, nicht der Tat.
    Dann wollte er zur Lighthouse Arcade zurückkehren, um den Streifenwagen abzuwarten. Doch plötzlich fiel ihm etwas ein: dass sein Vorhaben womöglich doch nicht ganz wesensfremd gewesen war. Es handelte sich unter Umständen nicht so sehr um dumme maskuline Eitelkeit als vielmehr um die Bestätigung eines legitimen Aspekts seiner Natur: der Suche nach Antworten, der Entdeckung von Geheimnissen, der Lösung von Rätseln. Genau das, was Jonathan Boling schon immer getan hatte: Er bemühte sich, die Gesellschaft zu verstehen und Herz und Verstand des Menschen zu ergründen.
    Nur noch einen Block. Was konnte es schaden? Die Polizei war unterwegs. Vielleicht traf er jemanden auf der Straße an, dem aufgefallen war, wie der Junge in einen Wagen stieg oder durch das Fenster eines nahen Hauses kletterte.
    Der Professor ging die graue, schmucklose Nebenstraße hinunter auf das Wasser zu und fragte sich, wann er Kathryn wiedersehen würde. Schon bald, hoffte er.
    Er stellte sich gerade ihre grünen Augen vor, als der Junge einen Meter hinter ihm aus dem Schutz eines Müllcontainers hervorsprang und Boling einen Arm um die Kehle legte. Der Professor schnappte nach Luft und roch ungewaschene Kleidung und Teenagerschweiß. Dann sah er, wie die silbrige Klinge eines Messers sich gemächlich seinem Hals näherte.
     

Kapitel 30
    Kathryn Dance näherte sich dem Haus von James Chilton in Carmel und beendete soeben ein Telefonat. »Nochmals vielen Dank«, sagte sie und trennte die Verbindung. Dann parkte sie und ging zu dem Streifenwagen des Monterey County Sheriff's Office, in dem ein Deputy Wache hielt. »He, Miguel.«
    »Agent Dance, wie geht's? Hier ist alles ruhig.« »Gut. Mr. Chilton ist wieder zurück, nicht wahr?« »Ja.«
    »Tun Sie mir einen Gefallen?« »Na klar.«
    »Steigen Sie aus dem Wagen, und bleiben Sie einfach hier stehen oder lehnen Sie sich vielleicht gegen die Tür, sodass man Sie gut sehen kann.«
    »Gibt's Ärger?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Bleiben Sie einfach eine Weile so stehen. Und was auch immer passiert, rühren Sie sich nicht von der Stelle.«
    Er wirkte verunsichert, stieg aber aus.
    Dance ging zur Haustür und drückte den Klingelknopf. Die Musikerin in ihr fand den letzten Akkord der Tonfolge ein wenig zu tief.
    Chilton öffnete und war sichtlich überrascht. »Ist alles in Ordnung?«, fragte er.
    Dance warf einen Blick über die Schulter und zückte ihre Handschellen.
    Chilton erschrak. »Was...?«, keuchte er. »Drehen Sie sich um, und halten Sie die Hände auf den Rücken.«
    »Was soll das?« »Sofort! Wird's bald?« »Das ist...«
    Sie packte ihn an der Schulter und drehte ihn um. Er wollte protestieren, aber sie brachte ihn mit einem »Psst« zum Schweigen. Und legte ihm die Handschellen an. »Ich verhafte Sie wegen des unbefugten Betretens eines Privatgeländes.«
    »Was? Welches Gelände?«
    »Das von Arnold Brubaker - der Standort der Entsalzungsanlage.«
    »Moment, Sie meinen wegen gestern?« »Genau.«
    »Aber Sie haben mich gehen lassen!«
    »Sie wurden lediglich nicht festgenommen. Jetzt schon.« Sie las ihm seine Rechte vor.
    Eine dunkle Limousine kam die Straße heraufgerast, bog in die Auffahrt ein und fuhr über den Kies bis zum Haus vor. Dance erkannte den Wagen als Dienstfahrzeug der Highway Patrol. Die beiden Beamten auf den Vordersitzen - stämmige Männer - warfen Dance einen neugierigen Blick zu und stiegen aus. Dann schauten sie zu dem Streifenwagen des Sheriff's Office und Deputy Miguel Herrera, der nach seinem Funkgerät griff, als wolle er in der Zentrale nachfragen, was das alles zu bedeuten hatte.
    Die beiden Neuankömmlinge gingen zu Dance und ihrem Gefangenen. Sie bemerkten die Handschellen.
    »Wer sind Sie?«, fragte Dance verblüfft.
    »Nun, wir sind von der CHP«, sagte der ältere der Trooper. »Und wer sind Sie, Ma'am?«
    Sie zog ihren Dienstausweis aus der Handtasche und zeigte ihn vor. »Ich bin Kathryn Dance vom CBI. Was wollen Sie hier?«
    »Wir sollen James Chilton in Gewahrsam nehmen.«
    »Meinen Gefangenen?«

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